Demütigungen und Gewalt: Zahl der Taten gegen Frauen in Beziehungen nimmt zu
Schon im jungen Alter erleben Frauen häufig Demütigungen und Erniedrigungen – Täter ist meist der Freund oder Ex-Freund. Das Landeskriminalamt Niedersachsen will auch im Internet aufklären und helfen. Eine besondere Kampagne soll helfen. Die Zahlen sind erschütternd, die Dunkelziffer hoch.
Mit einer Kampagne im Internet und einer neuen Wanderausstellung will das LKA Gewalt in Partnerschaften und gegen Ex-Partnerinnen eindämmen. Trotz großer Anstrengungen und zunehmender Vernetzung von Hilfsangeboten seien die Straftaten im Bereich „Häusliche Gewalt“ in den vergangenen Jahren nicht zurückgegangen, sagte LKA-Präsident Friedo de Vries. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2023 stiegen die Straftaten in diesem Bereich sogar innerhalb eines Jahres landesweit um elf Prozent auf 29.857 Taten.
Hannover: Polizei startet Kampagne gegen Partnerschaftsgewalt
Hinzu komme ein großes Dunkelfeld, berichtete de Vries. 2022 veröffentlichte das LKA Ergebnisse einer Befragung zu diesem Thema aus dem Jahr 2020. Laut dieser Befragung werden nur 0,5 Prozent der Straftaten in Partnerschaften beziehungsweise ehemaligen Partnerschaften bei der Polizei angezeigt.
„Herzschlag. Wenn aus Liebe Gewalt wird“ heißt die Ausstellung, die an diesem Donnerstag (6. Juni) bei einer Tagung mit dem Titel „Gewalt gegen Frauen. Schutz durch Prävention in Niedersachsen“ erstmals präsentiert wird. Anschließend sollen die zehn Stellwände durchs Land touren und zum Beispiel in Schulen oder Jugendeinrichtungen gezeigt werden. Auf den Tafeln finden sich zahlreiche QR-Codes mit Links zu Filmen oder Audiodateien. Unter anderem werden hier persönliche Geschichten von Betroffenen erzählt.
Vor allem junge Frauen sind betroffen
Victoria Rufledt aus der Abteilung Prävention des LKA hat anderthalb Jahre an der Ausstellung und Kampagne gearbeitet. Wichtig war es der 31-jährigen Polizeikommissarin, den Gedanken von Betroffenen Raum zu geben, die Folgen für Kinder aufzuzeigen und auch das Umfeld für Anzeichen von Gewalt zu sensibilisieren. Wenn zum Beispiel eine Cousine ständig unsicher, nervös, ängstlich oder erschöpft sei, seitdem sie einen neuen Freund habe, könne das ein Warnsignal sein, erläuterte Rufledt. In der Ausstellung finden sich auch Kontakte zu Hilfsangeboten. „Ich habe vorher im Streifendienst und Ermittlungsdienst gearbeitet und bei der Tatortgruppe. Ich kannte mich schon gut aus, was den Erstkontakt angeht mit Betroffenen, also mit Opfern und Tätern vor Ort“, berichtete die Polizistin. Das Netzwerk an Hilfsangeboten sei aber selbst ihr nicht komplett bekannt gewesen.
Für Behördenleiter Friedo de Vries ist von Bedeutung, dass die Kampagne auch junge Menschen erreicht und den Blick öffnet für die verschiedenen Formen von Gewalt – also auch psychische und digitale Gewalt. Der 2022 veröffentlichten Auswertung zufolge erleben junge Frauen weit häufiger Gewalt in (Ex-)Partnerschaften als ältere. Bei Personen zwischen 16 und 20 Jahren waren es 9,3 Prozent, im Alter von 21 und 34 Jahren 9,5 Prozent, bei den 35- bis 49-Jährigen 7,4 Prozent und bei den 50- bis 64-Jährigen 4,2 Prozent. Der Gewaltbegriff umfasste dabei psychische, körperliche und sexuelle Gewalt sowie Stalking. Die Betroffenen erlebten eine oder mehrere Formen.
LKA Präsident: „Gewalt ist zu ächten“
„Unser früheres Bild von häuslicher Gewalt war, dass sich eine Spirale über viele Jahre der Beziehung zugespitzt hat“, sagte de Vries. Jedoch seien auch schon sehr viele junge Menschen in toxischen Beziehungen gefangen. 84,3 Prozent der Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen im Alter von 16 bis 20 Jahren berichteten von erniedrigendem und kontrollierendem Verhalten.
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„Mit unserer Kampagne ,Herzschlag‘ wenden wir uns konkret an diese Altersgruppe“, sagte de Vries. „Die zum Teil traumatisierenden Erfahrungen, die Gewaltopfer schon in jungen Jahren erleben, werden zum Ballast und Hypothek für das ganze Leben.“ Es gelte, speziell auch junge Menschen zu erreichen und sie stark zu machen, betonte der LKA Präsident. „Klar ist: Gewalt ist zu ächten und hat in keiner Beziehung etwas zu suchen!“ (dpa/mp)