Nach 120 Jahren: Beliebtes Ausflugslokal vor den Toren Hamburgs macht dicht
Traurige Nachricht aus Rosengarten (Landkreis Harburg): Das „Gasthaus zum Kiekeberg“ schließt demnächst – nach fast 120 Jahren in den Händen der Familie Schuster. Für Generationen von Hamburgern war das Gasthaus ein beliebtes Ausflugsziel. Warum macht es dicht?
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Traurige Nachricht aus Rosengarten (Landkreis Harburg): Das „Gasthaus zum Kiekeberg“ schließt demnächst – nach fast 120 Jahren in den Händen der Familie Schuster. Für Generationen von Hamburgern war das Gasthaus ein beliebtes Ausflugsziel. Warum macht es dicht?
„Leider ist es wahr. Auf Grund der personellen Situation sehen wir uns nicht mehr im Stande, das Angebot weiter zu bieten“, heißt es auf der Facebook-Seite des Gasthauses: „Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen, aber wir können und möchten nicht mehr.“
Eigentlich wollte Irma Schuster das Lokal übernehmen, wenn ihr Vater Johannes (66) sich im Herbst 2022 zur Ruhe setzt, aber die Pandemie stellte in der gesamten Gastro-Branche alles auf den Kopf und zwang die Familie schließlich zum Umdenken: Irma Schuster (37), Mutter dreier kleiner Kinder, wird – schweren Herzens – nicht in die Fußstapfen ihrer Vorfahren treten. Im Oktober ist Schluss.
„Gasthaus zum Kiekeberg“ muss schließen
Irma Schuster, diesen Namen trug schon ihre Großmutter, die nach dem Zweiten Weltkrieg als junge Flüchtlingsfrau aus Schlesien nach Hamburg kam, sich in den Wirt Heinrich Schuster verliebte – und mit ihrer beeindruckenden Persönlichkeit zum Herz des Kiekebergs wurde, jahrzehntelang. Sie war es, die Hamburger Schulkindern die uralte Kunst des Brotbackens beibrachte, im historischen Backhaus des benachbarten Freilichtmuseums. Sogar der Papst, erzählte die 2014 verstorbene Kiekeberg-Wirtin vor einigen Jahren im Gespräch mit der MOPO, habe sich einmal für eines ihrer köstlichen Brote bedankt.

1895 war der erste „Schuster“ in den Betrieb des Gasthauses eingestiegen, damals noch ein einstöckiger Bau mit Bühne und Tanzsaal. Wilhelm Schuster, so hieß der Gründervater der Wirtsdynastie, und seine Frau stockten den Bau auf, bauten Gästezimmer – und von da an konnte man auf dem idyllischen Kiekeberg auch übernachten. In den 1920er Jahren wurde das Gasthaus vor den Toren Hamburgs immer beliebter, auch dank gastronomischer Ideen wie „Butterkuchen satt im Garten“. „Viele Hamburger Familien, sowie Geschäftsleute wurden mit Pferdefuhrwerken aus Moorburg abgeholt“, heißt es in der Chronik des Hauses.
Und später? Das ursprüngliche Gasthaus war im Krieg in Flammen aufgegangen, auch der „Bismarckturm“, das einstige Wahrzeichen, stand nicht mehr. Trotzdem gelang es Irma und Heinrich Schuster, an die Glanzzeiten anzuknüpfen, den neuen „Kiekeberg“ wieder zu einem Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der ganzen Umgebung zu machen. Ob nun der niedersächsische Ministerpräsident privat vorbeischaute oder eine Hamburger Familie Konfirmation feierte, jeder wurde warm willkommen geheißen.

Aber 200 Plätze im Restaurant und 120 auf der großzügigen Terrasse – dafür braucht man jede Menge Personal, in der Küche und im Service, und das ist heute eben nicht mehr zu bekommen. Viele Kellner und Köchinnen haben während der Lockdowns die Branche gewechselt, junge Menschen bevorzugen Ausbildungen, die freie Wochenenden garantieren.
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Derzeit ist das Gasthaus in der Sommerpause, am 10. August wird noch einmal geöffnet, bevor am 4. Oktober die Ära der Schusters auf dem Kiekeberg endgültig endet.