Mitten im Wohngebiet: Das wohl raffinierteste Versteck der Drogenbarone
Keller-Drogenküchen in beschaulichen Wohngegenden. Plantagen in leerstehenden Hochhäusern mitten in der Hamburger Innenstadt: Die Drogenmafia wird immer raffinierter, was die Tarnung ihrer Produktionsstätten betrifft. Nun ist es niedersächsischen Ermittlern gelungen, einen Ring von Grashändlern aus dem Landkreis Stade zu zerschlagen. Die Anbaumethode der Bande: spektakulär.
Ein Gewirr aus Kabeln, die zwei im Boden verbuddelte Container mit Strom versorgen, außerdem Lüftungseinrichtungen für eine bestmögliche Aufzucht, dazu fanden die Ermittler zahlreiche erntereife Pflanzen und bereits fertig abgepacktes Gras. Professioneller kann man eine Marihuana-Plantage kaum betreiben, und das auch noch unter der Erde.
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Keller-Drogenküchen in beschaulichen Wohngegenden. Plantagen in leerstehenden Hochhäusern mitten in der Hamburger Innenstadt: Die Drogenmafia wird immer raffinierter, was die Tarnung ihrer Produktionsstätten betrifft. Nun ist es niedersächsischen Ermittlern gelungen, einen Ring von Grashändlern aus dem Landkreis Stade zu zerschlagen. Die Anbaumethode der Bande: spektakulär. Die Fahnder rätseln jetzt, wieso niemand etwas bemerkt hat.
Ein Gewirr aus Kabeln, die zwei im Boden verbuddelte Container mit Strom versorgen, außerdem Lüftungseinrichtungen für eine bestmögliche Aufzucht, dazu fanden die Ermittler zahlreiche erntereife Pflanzen und bereits fertig abgepacktes Gras. Professioneller kann man eine Marihuana-Plantage kaum betreiben, und das auch noch unter der Erde.
Container versteckt: Nachbarn werden nun vernommen
Über eine Einstiegsluke waren die Täter in den unterirdischen Drogenbunker gelangt. Die mutmaßlichen Bandenmitglieder sollen alle aus dem Landkreis Stade stammen und ihre Drogen über die Grenzen Niedersachsens hinaus verkauft haben. Vornehmlich Marihuana, aber auch Kokain. „Woher sie das Kokain bezogen haben, ist auch noch unklar“, sagt Rainer Bohmbach, Polizeisprecher, der MOPO.
Die Container hatten die Verdächtigen – beschuldigt sind neun Männer im Alter zwischen 20 und 74 Jahren – vermutlich im vergangenen Jahr aus dem Hamburger Hafen entwendet, anschließend auf einem Grundstück mitten in einem Stader Wohngebiet vergraben. Wie sie das bewerkstelligen konnten, ist noch unklar. „Ermittlungen müssen nun klären, wie genau sie die Container überhaupt entwendeten und wieso keiner der Nachbarn etwas mitbekam“, so Polizeisprecher Bohmbach. Die Nachbarn würden in den nächsten Tagen intensiv befragt.
13 Objekte gefilzt, 16 Personen festgenommen
In einem bundesländerübergreifenden Einsatz schlugen am Freitag insgesamt 250 Ermittler gleichzeitig zu, filzten 13 Objekte und nahmen 16 Personen fest. Ein Mann wurde bei einem fingierten Scheingeschäft durch MEK-Kräfte in Mecklenburg-Vorpommern abgeführt, 15 auf dem Gelände eines Techno-Goa-Festivals, wo die Bande versucht haben soll, ihre Drogen an Besucher zu verkaufen. Beamte einer Spezialeinheit stürmten dafür eine „Wagenburg“ auf dem Campingplatz und filzten Wohnwagen der Verdächtigen. In Hessen wurde die Wohnung von Angehörigen eines der mutmaßlichen Täter durchsucht.
Ansonsten konzentrierten sich die Ermittler bei den Durchsuchungen auf den Landkreis Stade, insbesondere auf die Orte Kutenholz und Fredenbeck, wo zehn der 13 Razzien durchgeführt wurden. Dabei fand die Polizei Gras, Bargeld, Kokain, Kryptowährung, Computer, Handys und zwei Schreckschusswaffen. Wert der sichergestellten Gegenstände: mehr als 100.000 Euro.
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Vier der Festgenommenen wurden nach Stade gebracht, drei von ihnen im Alter zwischen 30 und 33 Jahren kamen in U-Haft. Bohmbach: „Die anderen mussten nach erkennungsdienstlichen Behandlungen und ersten Vernehmungen wegen fehlender Haftgründe wieder auf freien Fuß gesetzt werden.“
Die Ermittler sind der Gruppe bereits seit längerer Zeit auf den Fersen. Sie soll nicht über „EncroChat“ Geschäfte abgewickelt haben. Durchs Knacken des Messenger-Dienstes waren etliche Drogendealer aufgeflogen. Die Bande aus Stade soll teils aus Männern bestehen, die nach MOPO-Informationen vorher noch nie strafrechtlich aufgefallen waren. Bohmbach: „Die Ermittlungen, insbesondere zu den Hintergründen und einzelnen Beteiligungen, dauern an.“