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Nach 113 Jahren!: Hamburger Konzern macht Traditions-Mühle dicht

Jarmen –

Ein Traditionsbetrieb steht vor dem Aus. 113 Jahre lang wurde in Jarmen an der Peene Korn gemahlen, jetzt schließt der Konzern GoodMills die Mühle. Das Getreide der Bauern geht künftig nach Berlin oder Hamburg. Die Zukunft des historischen Wahrzeichens Jarmens ist ungewiss.

Mit der Nordland Mühle in Jarmen (Vorpommern-Greifswald) schließt Ende September die letzte große Getreidemühle Mecklenburg-Vorpommerns. Sie war mit 28 Beschäftigten und 60.000 Tonnen Produktionskapazität der kleinste Standort des europaweit tätigen Hamburger Konzerns GoodMills. Im August wurde zum letzten Mal Getreide gemahlen, danach lief der Vertrieb der letzten Waren, so ein Sprecher von GoodMills. Der Ausbau der Maschinen in dem Backsteingebäude von 1907 läuft bereits. 

Mühle in Jarmen muss nach 113 Jahren schließen

Der größte Teil des Maschinenparks soll in den kommenden Monaten durch externe Dienstleister abgebaut werden. „Danach steht das Gebäude zum Verkauf“, sagte der Firmensprecher. Der Stadt wurden Jarmens Bürgermeister Arno Karp (CDU) zufolge noch keine Termine mitgeteilt. Er hofft, dass das historische Wahrzeichen erhalten bleibt und nicht künftig eine Ruine die Reisenden am Ortseingang begrüßt. Der Plan der Stadt sei es, den sanierten Industriehafen touristisch zu nutzen. „Der Hafenumschlag geht gegen null“, sagte Karp. Ob sich ein Käufer für die Mühle findet, wagte er nicht zu sagen. Die Stadt werde sie nicht kaufen können. 

Lkw der Mühle in Jarmen

Ein mit Mehl beladener Transporter der Mühle. 

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Stefan Sauer/dpa

Der Konzern habe kurze Zeit erwogen, das Gebäude als Öko-Mühle oder für Spezialitäten zu nutzen, sagte der Sprecher. Dagegen habe die geografische Lage im Nordosten Deutschlands gesprochen. An einen Wettbewerber sollte die Mühle jedoch auf keinen Fall gehen, erklärte er. Es hatten sich zwei Interessenten aus der Belegschaft gefunden, die den Mühlenbetrieb weiterführen wollten.

Mühle in Jarmen: Knapp 30 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs

Den knapp 30 Beschäftigten hatte GoodMills Jobs an anderen Konzernstandorten angeboten. Davon machten nur zwei junge Leute Gebrauch, davon eine Auszubildende. Wie der Geschäftsführers der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Jörg Dahms, sagte, wurde ein guter Sozialplan erarbeitet. Einige Beschäftigte hätten Arbeit in anderen Firmen der Lebensmittelwirtschaft in der Umgebung gefunden, andere seien in den Vorruhestand gegangen.

Die Mitteilung über die Schließung der Jarmener Mühle hatte die 3000 Einwohner zählende Kleinstadt vor einem Jahr wie aus heiterem Himmel getroffen. Eine Bürgerinitiative gründete sich und sammelte Unterschriften für den Erhalt des Mühlenstandorts. Landtag und Landesregierung beschäftigten sich mit dem Thema. Zuletzt forderte am Freitag der CDU-Abgeordnete Franz-Robert Liskow, die Bestrebungen der beiden Mitarbeiter zu unterstützen, in Jarmen eine neue Mühle zu errichten.

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Große Getreidemühle in Mecklenburg-Vorpommern macht dicht

Die notwendigen Planungsleistungen sollten die Koalitionsfraktionen mit bis zu 50.000 Euro aus dem Strategiefonds des Landes fördern, schlug er vor. Gewerkschafter Dahms hält das Vorhaben für gewagt. Für eine neue Mühle in Jarmen müssten die Landwirte erst aus den Altverträgen raus, die sie an GoodMills binden. „Da legt sich David mit Goliath an“, befürchtete er. Laut GoodMills wird weiter das Getreide der bisherigen Lieferanten verarbeitet, vor allem an den Standorten Berlin und Hamburg. Entfallen würde aber die bisherige Direktanlieferung. Jetzt sei der Landhandel dazwischengeschaltet.

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Grund für die Schließung der Jarmener Mühle war laut Konzern das schwierige Marktumfeld und das Bäckereisterben. „Die Insolvenz der Kette Lila Bäcker brachte das Fass zum Überlaufen“, so der Sprecher. 

Der „Lila Bäcker“ hatte Anfang 2019 Insolvenz angemeldet. Auch dank einer Landesbürgschaft aus Schwerin kam es im September 2019 zu einem Neustart. Mittlerweile gibt es bei der Bäckereikette steigende Umsätze. (dpa/mp)

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