Streit um Video zu brutalem Mob: Jetzt rudert die Polizei kräftig zurück
Die Lübecker Innenstadt ist am Freitagnachmittag Schauplatz einer regelrechten Gewaltorgie geworden. Mehrere Männer schlugen mit Knüppeln, Stangen und anderen Gegenständen aufeinander ein. Am Boden liegenden Opfern wurde gegen den Kopf getreten. Für Aufregung sorgte aber nicht nur die Gewal-Eskalation, sondern auch eine Reaktion der Polizei: Die Beamten mahnten, ein Video, das im Internet kursierte und die gewaltsamen Szenen zeigte, unter Strafandrohung nicht zu teilen oder zu verbreiten. Wer das kritisierte, dem wurde „Sensationsgier“ unterstellt – und nebenbei wollte die Polizei noch entscheiden, was berechtigtes mediales Interesse sei und was nicht. Für dieses Vorgehensweise gibt es nun hausintern Ärger.
Die Lübecker Innenstadt ist am Freitagnachmittag Schauplatz einer regelrechten Gewaltorgie geworden. Mehrere Männer schlugen mit Knüppeln, Stangen und anderen Gegenständen aufeinander ein. Am Boden liegenden Opfern wurde gegen den Kopf getreten. Für Aufregung sorgte aber nicht nur die Gewalt-Eskalation, sondern auch eine Reaktion der Polizei: Die Beamten mahnten, ein Video, das im Internet kursierte und die gewaltsamen Szenen zeigte, unter Strafandrohung nicht zu teilen oder zu verbreiten. Wer das kritisierte, dem wurde „Sensationsgier“ unterstellt – und nebenbei wollte die Polizei noch entscheiden, was berechtigtes mediales Interesse sei und was nicht. Für dieses Vorgehensweise gibt es nun hausintern Ärger.
Es ist 15.30 Uhr, als auf der Sandstraße plötzlich laute Schreie zu hören sind. Eine große Gruppe Heranwachsender und Jugendlicher hat sich in der belebten Einkaufsmeile versammelt. Dann eskaliert die Situation. Alle gehen aufeinander los. Im Tumult wird ein unbeteiligter Senior niedergerannt. Um ihn herum brutale Gewalt.
Am Boden liegenden Mann mehrfach gegen den Kopf getreten
Die Gruppen prügeln mit Stangen, Knüppeln und anderen Gegenständen aufeinander ein. Zu sehen ist auch, wie mindestens zwei Männer auf den Kopf eines am Boden Liegenden eintreten. Dabei soll es sich um einen 19-Jährigen handeln, wird die Polizei später bekanntgeben. Ein Augenzeuge zückt sein Handy und filmt die Szenen. Später lädt er das Video ins Internet hoch – und sorgt damit für Unmut bei der Polizei.
Pressemeldung der Polizei Lübeck sorgt für Unverständnis
In einer Pressemitteilung der Polizei wird am Samstagabend in zwei Absätzen kurz der Sachverhalt wiedergegeben und am Ende hervorgehoben, dass aktuell keine weiteren Auskünfte erteilt werden können. Brisant klingt der dritte und letzte Absatz.

Darin mahnt die Polizei, das im Internet kursierende Video, dass die Gewaltorgie und Tatbeteiligte zeigt, nicht weiter zu verbreiten oder zu teilen – dazu solle man die Videos von den eigenen Geräten löschen. Denn: „Es könnten dadurch Straftatbestände erfüllt werden.“
Doch dabei blieb es nicht. Auf X/Twitter entbrannte eine Diskussion über die zweifelhafte Ansage der Polizei. Dort bügelte diese Kritiker dann mit dieser bemerkenswerten Aussage ab: „Das Video liegt den Ermittlern der Polizei vor. Das mediale öffentliche Interesse ist reine Sensationsgier und nicht notwendig.“
Auf die folgende Empörung dann der nächste Wumms aus dem Social-Media-Team der Polizei: „Es reicht, wenn die richtigen Stellen die Wahrheit sehen und dazu ermitteln. Das gehört nicht in die Öffentlichkeit!“
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Ein Pressesprecher der Polizei Lübeck war am Samstag und am Sonntag nicht zu erreichen, um zu konkretisieren, welche möglichen Straftatbestände gemeint sind. Auch der polizeiliche Lagedienst wollte hierzu keine Auskunft geben.
Erst am Sonntagabend veröffentlichte die Lübecker Polizei eine neuerliche Pressemitteilung mit konkreten Sachverhalten. Geprüft werde, ob eine Sportveranstaltung Hintergrund des Vorfall sein könnte. Am Freitag seien ein 14- und ein 17-Jähriger auf dieser Sportveranstaltung von zwei Jugendlichen (beide 19 Jahre) verprügelt und nicht unerheblich verletzt worden sein. Der Vater des 17-Jährigen erstattete Anzeige.
Zu dem Umgang mit dem Video hieß es zu diesem Zeitpunkt, ob die Verbreitung des Videos tatsächlich Straftatbestände erfüllen könne, bedürfe „einer rechtlichen Überprüfung durch die Staatsanwaltschaft“. Man habe diese Aussage getätigt, um „unbeteiligte Dritte vor dem ungewollten Erhalt des Videos zu schützen“.
Lübeck: Landespolizei gesteht Fehler in Kommunikation ein
Am Montag meldete sich die Landespolizei Schleswig-Holstein, die den Polizeidirektionen vorgesetzt ist, zum Fall zu Wort: „Es gab, in Teilen zu recht, Kritik an der gewählten Informationslinie und auch an konkreten Formulierungen“, sagt der stellvertretende Landespolizeidirektor Hartmut Kunz. „Das Kommunikationsziel einer unaufgeregten, sachlichen und neutralen Information der Bürgerinnen und Bürger ist mit den Veröffentlichungen am Wochenende offenkundig verfehlt worden.“
Auf bewertende Begriffe wie „Sensationsgier“ müsse die Polizei verzichten. Auch nehme die Polizei keine Einteilungen in „richtige“ oder „falsche“ Empfänger von Informationen in der Bevölkerung vor.
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Die Landespolizei werde die Kommunikation der Lübecker Beamten nun analysieren. Im Kern verteidigte Kunz das Vorgehen jedoch: „Unter keinen Umständen ist ein Szenario denkbar, in dem die Landespolizei die Verbreitung eines Videos, in dem Menschen verletzt und Straftaten begangen werden, stillschweigend duldet.“ Hinweise auf mögliche strafrechtliche Folgen würden als wichtige Information dazugehören.
Polizeigewerkschaft macht Gangsta-Rapper mitverantwortlich
Lars Osburg von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Entwicklung ausufernder Gewalt unter Heranwachsenden und Jugendlichen mit Sorge. Denn die haben häufig ein fatales Vorbild durch Gangsta-Rapper, die in ihren Songs Straftaten häufig heroisieren. Laut GdP sei in der Praxis erkennbar, dass die Strafverfolgung als zu lasch und inkonsequent wahrgenommen werde.