Bulli
  • Antje Soetebier fährt mit „Karl“, einem 48 PS starken VW T2, durch das Naturschutzgebiet der Lüneburger Heide.
  • Foto: picture alliance/dpa/Philipp Schulze

Von 100 auf 0: Die Bulli-Parade aus der Heide

Während der Heideblütezeit bis Mitte September besuchen viele Touristen die Region rund um Lüneburg. Anbieter und Touristen werden immer jünger und mit ihnen kommen neue Konzepte in die Region.

Frieda, Hilde, Karl und Oskar hießen die Großeltern von Antje und Arne Soetebier. Liebevoll wie Familienmitglieder behandelt das Ehepaar seine vier nach den Vorfahren benannten Nostalgie-Bullis. Mit 48 PS fährt das Heidebulli-Team Touristen zur Entschleunigung um das Naturschutzgebiet der Nordheide.

Die Heidschnuckentour von Undeloh dauert 2,5 Stunden, an vielen markanten Punkten wird gehalten, die Oldtimer dürfen die geschützten Waldwege nicht befahren. Vom Start der Heideblüte Anfang August bis in den September sind sie voll gebucht. Die Heide hat ein neues Publikum, manche bleiben sogar zehn bis 14 Tage in der Region, erzählt Antje Soetebier über die rege Nachfrage.

Bulli-Beförderungsunternehmen: Gründung mitten in der Corona-Pandemie

Auf die Idee kam das Paar, weil Oskar, Baujahr 1969, immer öfter als Hochzeitsfahrzeug angefragt wurde. Mitten in der Corona-Zeit im Mai 2020 gründeten sie ihr kleines Beförderungsunternehmen, im vergangenen September wollten sie durchstarten. Doch dann wurden die Touristenrouten von November bis Juni verboten.

Es war ein sehr schwerer Start. Die Hilfe vom Staat war nett, aber bringt dich nicht richtig nach vorn“, sagt die 41 Jahre alte Hotelfachfrau. Deshalb behielt ihr Mann trotz des Wohnortes Eyendorf an der A7 im Landkreis Harburg die Festanstellung als Produktionsingenieur im Flugzeugbau in Hamburg.

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Inzwischen haben sie sechs Honorarkräfte, die die Touren auch fahren können. Das Durchschnittsalter der Gäste liege bei 45 bis 55 Jahren, Kinder werden erst ab zwölf mitgenommen, weil die alten VW-Transporter hinten keine Gurte haben.

Die frischen Ideen und Köpfe sind toll, sie entwickeln kreative Sachen“, sagt Anja Siemer, stellvertretende Geschäftsführerin der Lüneburg Heide GmbH. Man muss auch mal alte Wege verlassen und Innovatives ausprobieren.

Die Heide ist ein beliebtes Urlaubsziel – vor allem bei jungen Menschen

Zur Heideblüte sei es ganz schwierig, noch freie Betten zu finden, im September vereinzelt. Es ist ein schönes Signal, wir sind super gebucht“, sagt sie. Wir bieten genau die Luft zum Atmen und haben genügend Platz. Nach einer jüngsten Erhebung gibt es eine neue Zielgruppe im Alter von 18 bis 35 Jahren in der Heide. Das sind junge Urlauber, die viel in der Natur unterwegs sind. Nun müsse man schauen, ob der Trend anhaltend sei oder Corona geschuldet aus Vorsicht vor Auslandsreisen.

Auch für Björn Bohlen ist die Region nicht mehr verstaubt, sondern jung und sportlich. Zusammen mit Freundin Sabrina Walterscheidt (31) und Jovitha James (30) – alle drei ehemalige Hotelfachleute aus Hamburg – ging er vor einem Jahr das Wagnis ein, den Stimbekhof in Oberhaverbeck bei Bispingen zu kaufen. Für drei Millionen Euro. Es ist kein leichtes Business, aber wir kämpfen hier für unseren Traum, sagt der 33-Jährige. Das Land gab einen Zuschuss von mehr als 700.000 Euro, dafür mussten 8,5 Stellen geschaffen werden. Nach einem Jahr gibt es 15 Arbeitskräfte. Die Hierarchie ist flach: Jeder kann hier ein Bett machen“, behauptet Bohlen, der wegen des Ausfalls einer Servicekraft die Hotelgäste im Laufschritt mit Apfelwaffeln verwöhnt.

Heimatgefühl in der Heide

Gleichzeitig übernimmt der Geschäftsführer eine unangenehme Aufgabe: Das fast minütliche Abweisen von Kaffeebesuchern. In der Woche ist der Garten auf dem 30.000 Quadratmeter großen Gelände des unter Denkmalschutz stehenden Hofes nur den Übernachtungsgästen vorbehalten. Das Reetdach-Ensemble soll ein Ort der Ruhe bleiben und keine Durchgangsstation für Radfahrer und Wanderer werden.

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Die Urlauber wissen es zu schätzen: Mit Gästeführer oder Buch sitzen sie durchweg länger beim Kuchen und kommen manches Mal miteinander ins Gespräch. Das ist unser Konzept. Wir wollen ein heimeliges Gefühl vermitteln“, erklärt Bohlen. So gibt es auch keine große Dinnerbewirtung Kleinigkeiten wie Heidschnuckenburger unterstreichen das regionale Konzept. (dpa/jw)

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