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  • In der Grundschule Lüne ist das Projekt „Draußenschule“ mit wöchentlichen Ausflügen in die Natur gestartet. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance / ZB | Patrick Pleul

Stadt im Norden Vorreiter bei ganz besonderer Schule

Das Klassenzimmer ist draußen vor der Tür! In der Lüneburger Grundschule Lüne ist das Projekt „Draußenschule“ mit wöchentlichen Ausflügen in die Natur gestartet. Damit sind die Lüneburger Kinder Vorreiter in Niedersachsen. In Hamburg und Schleswig-Holstein wird schon länger eifrig im Wald gelernt.

Mikko Mäusebussard, Emma Eichhörnchen und Ida Igel lachen und hüpfen über den Rasen des Klostergartens in Lüneburg. „Immer auf dem Stuhl sitzen ist doof, dies hier ist viel mehr Freizeit als Schule“, sagt Mats Maus aus der Klasse 2c der Grundschule Lüne beim wöchentlichen Ausflug in die nähere Umgebung. Im Wald und auf der Wiese bekamen die Schüler gleich zu Anfang des Schuljahres neue Nachnamen, die zur Natur passen. Wegen Corona fielen viele Stunden im Freien aus, nun geht es in voller Klassenstärke ins Grüne. Das ist besser als jedes Lüftungskonzept.

Niedersachsen: Erste „Draußenschule“ in Lüneburg

„Ich finde das eigentlich immer cool draußen“, meint Maja Maiglöckchen nach der lautstarken Begrüßung der Wiese mit einem Trommelwirbel und einem jubelnden Aufspringen der Gruppe. Besonders die Mädchen sind eifrig, wenn es darum geht, die unterschiedlichen Blätter auf dem Weg in den Klostergarten zu beschreiben. In der Mitte des gebildeten Kreises liegt ein Thermometer, die laut verkündete Temperatur von 24 Grad wird in das Naturtagebuch eingetragen, das jeder für sich führt.

Es geht gar nicht so sehr um Wissen, das abgefragt wird, sondern um das Bemerken der kleinen Dinge draußen. „Entdecken und Forschen in der Praxis steigert die Motivation und färbt ab auf den Unterricht im Klassenraum“, sagt Johannes Plotzki, Gründer der Bildungsinitiative Landschaftsabenteuer in der Metropolregion Hamburg. Teil des Konzepts, das er seit 2008 an mehr als 20 Schulen in Hamburg und Schleswig-Holstein verwirklichte, ist der kleine Fußmarsch auf eine Wiese, in einen Wald oder Garten. Als Anregung zum Nachmachen in der Freizeit.

Waldschule in Lüneburg: Es geht nicht um Wissen, sondern ums Entdecken

Viele Eltern hätten gerade wegen der Doppelbelastung von Arbeit und Familie wenig Zeit für Ausflüge mit ihrem Nachwuchs. Das Besondere an der Idee war es, ein Jahr lang jede Woche an einem bestimmten Tag mit den Kindern rauszugehen. „Ich habe es ‚Draußenschule‘ genannt, denn bisher gab es nur Projekt- oder Wandertage. Aber wirklich 36 Wochen während des Schuljahres rauszugehen, war Neuland in Deutschland“, erzählt der 45 Jahre alte Naturpädagoge. In Skandinavien sei so etwas schon länger in den Schulalltag integriert – auch in den kalten Wintern laufen die etwas anderen Unterrichtsstunden weiter.

Entlastung der Eltern: Familien haben wenig Zeit für Ausflüge

Werbung musste Plotzki, der selbst Geografie auf Lehramt studierte, zwei Kinder hat und mit einer Grundschullehrerin verheiratet ist, nicht machen. Angefangen hat er 2008 mit der ersten Schule an seinem damaligen Wohnort in Bargfeld-Stegen in Schleswig-Holstein, inzwischen sind etliche auch mitten in Hamburg wie die Grundschule Sternschanze hinzugekommen. „Es ist meine Mission, Kontakt zwischen Mensch und Natur herzustellen“, sagt Plotzki, der sich auch gern Johannes Johannesbeere von den Kleinen nennen lässt.

Draußenschule: Viele Hamburger Schulen sind bereits dabei

16 Freiberufler hat er unter Vertrag, sie betreuen die Klassen in der wöchentlichen Doppelstunde. Von staatlicher Seite gibt es derzeit noch keine Zuschüsse, das Geld kommt aus Schulvereinen und Stiftungen. Naturpädagogin Sandra C. Miehe – mit zweitem Namen Schlüsselblume – betreut das Projekt an der Lüne-Schule.

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„Es macht Spaß, dass wir uns bewegen und die Natur bewundern“, sagt der achtjährige Mikko. Er schnitzt und sammelt Vögel in seiner Freizeit, ihn stört nur, dass besonders viele Jungs oft ziemlich laut sind. Katrin Kiesewetter alias Kohlmeise, die Sachkundelehrerin, begleitet den Draußen-Unterricht und setzt im Klassenraum oft da an, wo es im Freien aufhört. „Kinder haben die Chance etwas zu erleben. Bisher hatten wir nur Fotos und Filme für die Natur“, sagt die 45-Jährige. Schüler mit Bewegungsdrang könnten sich ausleben. Und manchmal verändern sich auch Rollenmuster, wenn die feste Sitzordnung in der Klasse wegfällt. (mp/dpa)

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