Julia Stein, Politikchefin des NDR-Landesfunkhauses Schleswig-Holstein
  • Die NDR Redaktion und unter anderem Julia Stein, Politikchefin des NDR-Landesfunkhauses Schleswig-Holstein muss sich derzeit heftiger Kritik stellen. (Archivbild)
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„Politischer Filter“? Heftige Vorwürfe gegen NDR – so reagiert der Sender

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht auf dem Prüfstand: Nach den Enthüllungen zu RBB-Intendantin Patricia Schlesinger hat „Business Insider“ nun über Vorwürfe gegen das NDR-Landesfunkhaus in Kiel berichtet. Dort gäbe es einen „politischen Filter“, Mitarbeitende sprächen von einem „Klima der Angst“. Der NDR bestreitet dies.  

Konkret geht es in den internen Untersuchungsberichten des NDR, die „Business Insider” vorliegen, um einen Konflikt aus dem Jahr 2020 im Zusammenhang mit dem früheren Innenminister Schleswig-Holsteins, Hans-Joachim Grote (CDU). Demnach soll die Politikchefin des NDR-Landesfunkhauses Schleswig-Holstein, Julia Stein, bei der Abnahme eines Fernsehberichts über den Rücktritt des Innenministers einige Texttafeln mit Zitaten von Grote entfernt haben, in denen er den Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) belastet hätte. Grote war auf Drängen von Günther als Innenminister zurückgetreten und beide Politiker stellten die Hintergründe unterschiedlich dar.

Stein begründete ihren Schritt, die kritischen Zitate aus dem Fernsehbeitrag zu streichen, damit, dass zunächst weitere Recherchen erforderlich seien. Ein Interview mit Grote, das der NDR-Journalist, der für den Beitrag verantwortlich war, daraufhin zur Klärung der Hintergründe vereinbarte, wurde von der Redaktionsleitung jedoch ebenfalls unterbunden, berichtet „Business Insider“.

Ist RBB-Skandal kein Einzelfall? Vorwürfe gegen den NDR

Der zuständige Journalist wandte sich daraufhin vertraulich an den Redaktionsausschuss – wie auch acht weitere NDR-Mitarbeitende. Nach Angaben des „Business Insider“ beschwerten sie sich über einen „politischen Filter“: Vorgesetzte verhinderten die Berichterstattung teilweise und spielten wichtige Informationen herunter. Es fehle außerdem an einer professionellen Distanz: Statt vom Ministerpräsidenten Daniel Günther oder seinem damaligen Stellvertreter Heiner Garg (FDP) werde einfach von „Daniel“ oder „Heiner“ gesprochen. In Gesprächen, die der Redaktionsausschuss daraufhin mit Redaktionsmitgliedern führte, sei nach Informationen des „Business Insider“ außerdem von „großem Druck” und einem „Klima der Angst“ die Rede gewesen. 

Der Redaktionsausschuss besteht aus 20 gewählten Journalist:innen, die in freier Mitarbeit oder festen Anstellungsverhältnissen für den NDR arbeiten. Das Gremium, das seit 1973 besteht, soll nach NDR-Angaben dazu dienen, Konflikte aus dem Redaktionsalltag gemeinschaftlich aufzuarbeiten.  

NDR-Stellungnahme: „Unvoreingenommen und unabhängig“

In einer ausführlichen Stellungnahme wies der NDR die Vorwürfe nun zurück. Die Untersuchungen zur „Causa Grote“ seien erfolgt und abgeschlossen, auch wenn nicht in allen Punkten eine Einigung erreicht werden konnte – dies gehöre zum redaktionellen Tagesgeschäft dazu. Laut Stellungnahme sei die Berichterstattung des NDR stets unvoreingenommen und unabhängig. Weder der Redaktionsausschuss, noch das Landesfunkhaus Schleswig-Holstein oder der NDR konnten eine politische Motivation der Redaktionsleitung erkennen. Dennoch nehme man die Vorwürfe sehr ernst, ein Austausch darüber finde bis heute statt.  

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Ende Juni war die RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger wegen Untreue und Vorteilsnahme in die Kritik geraten und schließlich fristlos entlassen worden. Der Skandal offenbarte zahlreiche Missstände im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.  

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