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Kammern schlagen Alarm: So soll die Wirtschaft im Norden gerettet werden

Den Norden trifft es am härtesten! Nach Ansicht der Wirtschaft brauche Norddeutschland ein eigenes Konjunktur- und Aufbauprogramm, da man härter von der Corona-Krise getroffen sei als der Rest des Landes. Janina Marahrens-Hashagen, Vorsitzende der IHK Nord und Präses der Handelskammer Bremen, sagte am Montag bei einer Online-Konferenz, dass der Rückgang der Wirtschaftsleistung in den fünf Nord-Ländern um etwa 20 Prozent höher ausfallen werde als im übrigen Bundesgebiet.

Das liege vor allem an der Struktur der norddeutschen Wirtschaft, die besonders viele betroffene Branchen aufweise wie den Außenhandel, Häfen und Logistik, den Tourismus und den Schiffbau. Etliche der Branchen, zum Beispiel die Hotels, Gastronomie und Kreuzfahrtschifffahrt, sind seit Wochen geschlossen und generieren keine Einnahmen.

Zunächst gelte es, das Überleben der Unternehmen zu sichern. Dann müssten sie, auch mit Einsatz öffentlicher Mittel, über die Zeit gebracht werden, bis sie wieder einen eigenen Beitrag zur Wertschöpfung leisten könnten, so Marahrens-Hashagen.

Corona im Norden: 92 Prozent der Betriebe negativ betroffen

„Die Herausforderungen sind gewaltig, aber wir dürfen bei aller Problematik nicht die Zuversicht verlieren“, sagte Marahrens-Hashagen. 92 Prozent der Betriebe in Norddeutschland seien nach einer Umfrage negativ durch die Folgen der Virusbekämpfung betroffen.

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Norddeutschland sei mit seinen Seehäfen die Drehscheibe des Außenhandels für ganz Deutschland, doch könnte der Welthandel nach den Prognosen der Welthandelsorganisation WTO um bis zu 30 Prozent zurückgehen. „Die Häfen sind voll funktionsfähig, aber es fehlt an Ladung“, sagte die IHK-Nord-Chefin.

Corona-Krise: Tourismus-Branche besonders stark betroffen

Besonders betroffen sei der Norden auch von den Beschränkungen des Tourismus, der für mehr als 800.000 Arbeitsplätze steht. Sollte es bei den Hotels und Gaststätten an der Küste zu Insolvenzen kommen, wäre nicht mit schnellen Nachfolge-Lösungen zu rechnen, warnte Bernhard Brons, Präsident der IHK für Ostfriesland und Papenburg.

„Die Unternehmen, deren Betrieb untersagt ist, leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Allgemeinheit“, sagte Marahrens-Hashagen. „Sie verdienen Solidarität.“ Der Vorschlag: Der Staat sollte die Fixkosten der Betriebe wie Mieten übernehmen, bis die Unternehmen sie wieder selbst erwirtschaften können.

Corona: Norddeutschland braucht eigenes Konjunkturprogramm

Auch in Sachen Klimaschutz und Digitalisierung würde der Norden durch die Corona-Krise zurückgeworfen werden. Es sei den Industrie- und Handelskammern klar, dass dazu erhebliche öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden müssten. In der IHK Nord sind zwölf Industrie- und Handelskammern aus den fünf Küstenländern in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen.

Gewerkschaftsbund Nord kritisiert wirtschaftspolitisches Papier der IHK

Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord, kritisierte die IHK scharf für ihr wirtschaftspolitisches Papier. „Das ist alter Wein in neuen Schläuchen“, so Polkaehn. Nach Ansicht des DGB würde die IHK die Krise nutzen, um grundlegende Standards der Arbeitswelt, wie arbeitsfreie Sonn- und Feiertage und geltende Ladenöffnungszeiten, anzuzweifeln. Schon jetzt würde das Arbeitsgesetz dahingehend genug Spielräume lassen.

Die oberste Priorität in der Pandemie und auch danach läge beim Arbeitsschutz und der Gesundheit der Beschäftigten. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Gesundheitsschutz. Das zeigen in der aktuellen Situation besonders die fatalen Missstände in der Fleischindustrie. Fehlender Arbeitsschutz gefährdet Menschenleben“, sagte der 65-Jährige. (alu/dpa)

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