Immer mehr gewalttätige Männer: Frauenhäuser im Norden komplett überfüllt
Was tun, wenn zuhause die Hölle herrscht? Vielen Frauen und Kindern, die unter gewalttätigen Männern leiden, bleibt als einzige Zuflucht das Frauenhaus. Aber was, wenn dort schon alle Plätze belegt sind?
Corona hat die Situation deutlich verschlimmert: Die Zahl der Anfragen an das Frauenhaus Lüneburg hat sich in der Pandemie verdoppelt. „2019 mussten wir 150 Frauen und Kinder ablehnen, in den vergangenen beiden Jahren waren es jeweils 300“, berichtet Laura Bussieck, Vorstandsmitglied von Frauen helfen Frauen in der Hansestadt.
„Ich finde die Zahlen erschreckend. Die direkte Gewalt gegen Frauen und insbesondere gegen Kinder hat im Lockdown massiv zugenommen“, sagt die Sozialarbeiterin. Sie glaubt, dass es zudem noch ein „unfassbar großes Dunkelfeld“ gibt.
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Was tun, wenn zuhause die Hölle herrscht? Vielen Frauen und Kindern, die unter gewalttätigen Männern leiden, bleibt als einzige Zuflucht das Frauenhaus. Aber was, wenn dort schon alle Plätze belegt sind?
Corona hat die Situation deutlich verschlimmert: Die Zahl der Anfragen an das Frauenhaus Lüneburg hat sich in der Pandemie verdoppelt. „2019 mussten wir 150 Frauen und Kinder ablehnen, in den vergangenen beiden Jahren waren es jeweils 300“, berichtet Laura Bussieck, Vorstandsmitglied von Frauen helfen Frauen in der Hansestadt.
„Ich finde die Zahlen erschreckend. Die direkte Gewalt gegen Frauen und insbesondere gegen Kinder hat im Lockdown massiv zugenommen“, sagt die Sozialarbeiterin. Sie glaubt, dass es zudem noch ein „unfassbar großes Dunkelfeld“ gibt.
Im ersten Halbjahr 2022 fanden bereits 84 Frauen und 117 Kinder keine Unterkunft Frauenhaus Lüneburg – damit ist die Vor-Corona-Lage schon Mitte des Jahres mehr als erreicht.
Frauenhaus Lüneburg hat zu wenig Plätze
Das Schutzhaus in Lüneburg sucht bereits nach einer größeren Unterkunft. Das Land hat entsprechende Gelder bewilligt. Laut Sozialministerium stehen Schutzsuchenden in Niedersachsen 45 Frauenhäuser mit insgesamt 419 Plätzen für Frauen und 650 für Kinder zur Verfügung. Im Durchschnitt seien knapp 70 Prozent der Frauenhaus-Plätze belegt.
Vor allem in den Ballungsräumen herrsche Platzmangel, heißt es aus dem Ministerium. Insgesamt entstehen in Niedersachsen in den Gebieten mit hohen Bedarfen weitere neue Häuser oder bestehende werden umgebaut wie in den Landkreisen Leer und Oldenburg, in Holzminden, Emden, Lingen und Verden.
Das landesweite Ampelsystem, das anzeigt, wo Plätze frei sind, findet Bussieck gut. Es sei nur manchmal schwierig, damit umzugehen. Die meisten Klientinnen hätten kein Auto und könnten mit ihren Kindern nicht einfach in abgelegene Gegenden geschickt werden.
Koalitionsvertrag: Rechtsanspruch für gewaltbetroffene Frauen vorgesehen
Für einen verlässlichen Schutz von Betroffenen muss aus Sicht von Sozialministerin Daniela Behrens – neben einer auskömmlichen Finanzierung – vor allem der Rechtsanspruch der Frauen schnellstmöglich gesetzlich verankert werden: „Es ist gut, dass der Koalitionsvertrag der Ampelregierung vorsieht, einen bundesrechtlich geregelten Rechtsanspruch für gewaltbetroffene Frauen zu schaffen“, sagt die SPD-Politikerin.
Damit gäbe es endlich eine Rechtsgrundlage, mit der Frauen Schutz, Beratung und Unterstützung bei Gewalt geltend machen und notfalls auch einklagen könnten. Die Kosten hierfür müssten von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam übernommen werden. „Der Bund muss hierzu einen passenden Rechtsrahmen schaffen und dauerhaft eigene Haushaltsmittel zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen bereitstellen“, forderte Behrens.
Betroffene verschulden sich für Schutz im Frauenhaus
Bussieck fordert eine bundeseinheitliche Finanzierung. Frauenhäuser müssten zum Teil jedes Jahr mit den Kommunen nachverhandeln, wenn die Ausgaben den Rahmen überstiegen. In den Bundesländern seien die Kosten für eine Tagespauschale zudem ganz unterschiedlich. In Niedersachsen etwa müssten berufstätige Frauen und EU-Bürgerinnen für ihre Unterkunft selbst bezahlen. „Sie verschulden sich hochgradig“, erklärt Bussieck.
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Und das könnten Betroffene in Krisensituationen, in denen sie ihr ganzes bisheriges Leben aufgeben müssten, überhaupt nicht gebrauchen. Meist müssten die Frauen ihre Arbeit, die Kinder den Kindergartenplatz oder Schule verlassen, damit der Ex-Partner sie nicht finde.
Häusliche Gewalt: Dunkelfeld wächst seit Pandemie-Beginn
Dass die Pandemie und die ständige Anwesenheit der Männer im Homeoffice das Dunkelfeld vergrößere, glaubt auch die Lüneburger Polizeihauptkommissarin Kathrin Richter. „Das ist für die Täter super“, sagte die Präventionsbeauftragte und rechnet damit, dass erst im Normalzustand die Anzeigen anstiegen.
Sie moderiert alle sechs Wochen den Runden Tisch gegen Gewalt in der Familie in der Hansestadt. Polizei, Staatsanwaltschaft, Opferhilfe, Jugendamt und weitere Träger besprechen dort die schlimmsten Fälle. Und Bussiek weiß aus ihrer Arbeit im Frauenhaus Lüneburg: „Auch die sind in der Pandemie krasser geworden.“ (dpa/mp)