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Karl May
  • Old Shatterhand (Bastian Semm) befreit Winnetou (Alexander Klaws) vom Marterpfahl. Rechts Joshy Peters als Winnetous Vater Intschu tschuna bei der Premiere von „Blutsbrüder – Winnetou I“.
  • Foto: Imago

Gefeierte Premiere: Rasender Applaus für die berühmtesten Blutsbrüder der Literatur

70 Jahre alt werden die Bad Segeberger Karl-May-Spiele in diesem Jahr. Am Samstag war Premiere, und das Publikum in der Freilichtbühne am Kalkberg war restlos begeistert. Das Ensemble wurde mit Standing Ovations gefeiert.

Eröffnet wurde die Freilichtsaison durch keinen Geringeren als dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther, der selbst wie ein Westmann gekleidet war, den Colt im Halfter trug und den Startschuss stilecht mit einer Schrotflinte gab. Aufgeführt wird in diesem Jahr das Stück „Winnetou I – Blutsbrüder“.

Old Shatterhand: Weil nichts mehr wächst, wo seine Faust hinlangt

Der Premierenabend beginnt mit einer großen Überraschung. Denn der Autor Karl May (dargestellt von Ensemble-Urgestein Harald P. Wieczorek) taucht in seiner eigenen Geschichte als alter Mann auf, wendet sich ans Publikum, blickt auf sein Leben zurück – und mit einem Mal verwandelt er sich hinter einer Rauchwolke in den jungen Charly (gespielt von Bastian Semm, „Alles was zählt“), der als Landvermesser und Greenhorn vor einem großen Abenteuer steht, an dessen Ende er Blutsbruder des jungen Apachen-Häuptlings Winnetou wird. Charly hat übrigens einen Spitznamen: Weil nichts mehr wächst, wo seine Faust hinlangt, wird er „Old Shatterhand“ genannt.

Wolfgang Bahro als Santer (r.) und Bastian Semm als Old Shatterhand bei der Premiere von „Blutsbrüder - Winnetou I“ am Samstag. dpa
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Wolfgang Bahro als Santer (r.) und Bastian Semm als Old Shatterhand bei der Premiere von „Blutsbrüder – Winnetou I“ am Samstag.

Unter der Regie von Nicolas König, der dem Publikum seit vielen Jahren aus verschiedenen Rollen bei den Karl-May–Spielen bekannt ist, entwickelt sich eine rasche Abfolge von Szenen mit Action, Kampfgetümmel und rasanten Ritten – aber ganz viel Gefühl ist auch mit dabei. Mehr als 7500 Premierengäste verfolgen gebannt die Geschichte, in der es um Gut und Böse geht, um Verrat und Vertrauen. Und das alles findet vor einem völlig neu gestalteten Bühnenbild statt.

Alexander Klaws reitet als Winnetou durch das Publikum. dpa
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Alexander Klaws reitet als Winnetou durch das Publikum.

Autor Michael Stamp, von dem die Bühnenfassung zu Karl Mays berühmtestem Roman stammt, versteht es, der Geschichte aus dem 19. Jahrhundert aktuelle Bezüge zu geben, denn wie im privaten Leben geht es auch in der großen Politik immer wieder um Fragen von Toleranz und Aufrichtigkeit, um Machtstreben und Gewalt, um den Frieden in der Welt.

Befreiung von Sam Hawkens: „Mission Impossible“ für Dick Stone und Will Parker

Habgier, Durchtriebenheit, Zynismus und kalte Brutalität verkörpert Fernsehfiesling Wolfgang Bahro (Jo Gerner aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“), der in die Rolle des Schurken „Santer“ geschlüpft ist. Immer an seiner Seite: sein Komplize und Handlanger Rattler, den Dustin Semmelrogge mit opportunistischer Gemeinheit spielt. Für Humor sorgt das Westmann-Kleeblatt Dick Stone (Stephan A. Tölle), Will Parker (Livio Cecini) und Sam Hawkens (Volker Zack).

Er eröffnete die 70. Saison der Karl-May-Spiele: Ministerpräsident Daniel Günther. Agency People Image (c) Andre Mischke
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Er eröffnete die 70. Saison der Karl-May-Spiele: Ministerpräsident Daniel Günther.

Und so geht die Geschichte los: Um Sam Hawkens aus der Gefangenschaft Santers zu befreien, sinnieren Dick Stone und Will Parker zur Musik von „Mission Impossible“ darüber, wie sie die Wachen überwältigen könnten. Im Hintergrund agieren derweil zwei Stuntmen-Doppelgänger des Duos und führen die haarsträubenden Fantasien halsbrecherisch und wortgenau aus.

Wie romantisch: Nscho-tschi gesteht Old Shatterland ihre Liebe

Das Publikum ist begeistert von solchen innovativen Ideen, aber auch von Gesangs- und Tanzeinlagen, von fliegenden Greifvögeln, von wilden Kampfszenen und von lauten Explosionen. Wunderschön auch die ruhigen Szenen mit den romantischen Dialogen, etwa, als Häuptlingstochter Nscho-tschi Shatterhand ihre Liebe gesteht.

Premiere der 70. Karl-May-Spiele am Samstag: Blick auf das völlig neu gestaltete Bühnenbild. BREUEL-BILD
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Premiere der 70. Karl-May-Spiele am Samstag: Blick auf das völlig neu gestaltete Bühnenbild.

Die Geschäftsführerin der Kalkberg GmbH, Ute Thienel, geht zu Beginn der Premiere auf die Diskussionen um kulturelle Aneignung ein. „Wer die Karl-May-Spiele wirklich kennt, der darf eigentlich nicht auf die Idee kommen, uns kulturelle Aneignung, Rassismus oder mangelnden Respekt vorzuwerfen. Wie sagt Winnetou bei uns auf der Bühne: ,Schaut auf die Farbe der Herzen und nicht auf die Farbe der Haut.‘ Ich finde, dem ist nichts hinzuzufügen.“

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Als kulturelle Aneignung wird die Übernahme von Ausdrucksformen aus einer anderen Kultur bezeichnet, wenn dies in stereotyper Weise, gegen deren Willen und nicht auf Augenhöhe geschieht. Hintergrund von Thienels Bemerkung war die Tatsache, dass im vergangenen Sommer zwei Begleitbücher eines Winnetou-Films zurückgezogen wurden.

Erschütternde Szene: Nscho Tschi und Intschu Tschuna liegen tot am Boden. BREUEL-BILD
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Erschütternde Szene: Nscho Tschi und Intschu Tschuna liegen tot am Boden.

Am Ende der Geschichte, als alle Schlachten geschlagen sind, gibt es Opfer zu beklagen: Winnetou hat seinen Lehrer Klekih-petra (Harald P. Wieczorek) und seinen Vater Intschu-tschuna (Joshy Peters) verloren. Auch Old Shatterhands Geliebte Nscho-tschi (Nadine Menz) ist durch die Hand der Schurken ums Leben gekommen. Und doch: Die Hoffnung stirbt wie immer zuletzt. Es sei leichter, einen Krieg zu beginnen als ihn wieder zu beenden, sagt Winnetou zu seinem Blutsbruder. „Wir leben in düsteren Zeiten, Charly. Aber was hindert uns daran, von einer besseren Welt zu träumen?“

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Noch bis zum 3. September werden in der Kalkberg-Arena insgesamt 72 Vorstellungen gespielt. Einzelticket für Erwachsene ab 22,50 Euro. 2022 sahen fast 407.000 Zuschauer das Stück „Der Ölprinz“ – ein Rekord.

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