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  • Foto: Stefan Tretropp

Eifersuchts-Prozess in Rostock: Angeklagter sieht Mordversuch als Unfall

Rostock –

Emotionale Fortsetzung des Eifersuchtsprozesses am Landgericht Rostock gegen den 41-jährigen Christian B.: Am Montag sagten sowohl das mutmaßliche Opfer des schweren Messerangriffs vom 1. März, die 39-jährige Stefanie K., als auch der Angeklagte aus. Beide Aussagen könnten widersprüchlicher nicht sein. Christian B., dem versuchter Mord vorgeworfen wird, stellte die Tat als einen Unfall dar. Er habe seine Ex-Freundin nie töten wollen.

Der 41-Jährige will sie aufgesucht haben, um mit ihr zu reden. In der Küche kam es dann zum Streit – so der Angeklagte. Er schildert den weiteren Ablauf: Stefanie K. sitzt am offenen Fenster, während sie ihn beleidigt. Um sie zu beeindrucken und einzuschüchtern, greift B. ein in der Spüle liegendes Messer. Mit einer Hand greift er an ihre Kleidung. „Sie hat dann das Gleichgewicht verloren und ist heruntergefallen“, gibt der 41-Jährige zu Protokoll – ein Unfall also.

Eifersuchts-Prozess in Rostock

Bestürzt vom Unglück läuft er in den Innenhof, um der 39-Jährigen zu helfen. Bei einem kurzen Gerangel während des Aufhelfens der Schwerverletzten kommt es – so die Schilderung des Angeklagten – zum fatalen und vor allem versehentlichen Messerschnitt am Hals. Er will dann Nachbarn zur Hilfe gerufen haben.

Erst am Nachmittag findet die Vernehmung von Stefanie K. statt – sie betritt angespannt den bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal – zusammen mit ihrer psychosozialen Prozessbegleiterin. Kaum eines Blickes würdigt sie den Angeklagten. Die gelernte Verkäuferin stellt den Tatablauf ganz anders dar. „Er hatte die Macht über mich“, schildert die 39-Jährige mit zittriger Stimme. So musste sie sich rechtfertigen, warum sie den Abend zuvor bei einer Faschingsparty gewesen sei. Und überhaupt: B. habe sie ständig gestalkt und überwacht beziehungsweise überwachen lassen.

Schwerer Messerangriff: Opfer schildert Mordversuch vor Gericht in Rostock

So heuerte der 41-Jährige eigene Freunde an, um „seine“ Freundin auf der Feier zu kontrollieren – auf Schritt und Tritt. Am Abend der Tat steht Christian B. plötzlich vor ihrer Wohnungstür und drängt hinein. „Er war angetrunken und höchst aggressiv, trotzdem ließ ich ihn herein“, beschreibt K. den Ablauf und ergänzt: „Er forderte eine Rechtfertigung. Dann eskalierte alles, ich forderte ihn zum Gehen auf.“ 

Emotionaler Prozess in Rostock: Opfer von Ex-Verlobten mit Messer attackiert

Detailliert kann sich die 39-Jährige erinnern, wie es weitergeht: Er entreißt ihr das Handy, sie schreit um Hilfe und läuft zum Nachbarn, B. zieht sie zurück und setzt sie auf das Fensterbrett. Das Messer in der einen Hand, mit der anderen drückt er sie am Kragen des Bademantels. „Er drückte mich raus, ließ los und ich fiel in die Tiefe“, setzt K. fort – drei Meter. An den Haaren zieht er die bewegungsunfähige Frau hoch und schneidet ihren Hals auf. K. dachte: „Oh nein, jetzt ist es vorbei!“ Sie merkt, wie sie „ausblutet“.

Prozess um Mordversuch in Rostock: Aussagen von Opfer und Täter könnten nicht unterschiedlicher sein

Doch damit nicht genug: Er gibt keine Ruhe, fordert sie auf, aufzustehen, sticht weiter auf sie ein, sie kann die Stiche mit der Hand abwehren. „Lieber Gott, lass es nicht passieren. Ich hatte Angst, dass ich meine Kinder nicht mehr sehe“, beschreibt die tapfere Frau in aller Emotionalität die grauenhafte Tat. Der Angeklagte nimmt die Aussagen ohne große Regung auf. Grund für die Tat könnte in der Trennung liegen.

Eifersuchts-Prozess in Rostock: Opfer und Angeklagter waren verlobt

Im Februar 2019 kennengelernt und zusammen gekommen, gibt die 39-Jährige ein knappes Jahr später das Ende der Beziehung bekannt. Am Nikolaustag 2019 habe sie auf dem Weihnachtsmarkt nur aus Angst Ja zur von ihm verlangten Verlobung gesagt. „Ich wollte das eigentlich nicht“, so K.. Die Nachstellungen seien immer schlimmer geworden. Von „Kontrollzwang“ spricht die zierliche Frau.

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Auflauern im Waschraum, Auftauchen am Fenster, Bloßstellung auf der Straße. K. dazu: „Ich hatte das Gefühl, dass er mein Handy ortet.“ In ihrer mehrstündigen Vernehmung fordert Stefanie K. den Richter zu einer „gerechten Strafe“ auf, um dann noch einmal ihrem Ex in die Augen zu schauen und zu sagen: „Du wirst Dich jeden Tag an mich erinnern – damit musst Du leben!“ Der Prozess geht am Mittwoch weiter.

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