Der Superflop mit der staatlichen Autobahn-App
Vor der Fahrt in den Urlaub checken, wie es auf der Autobahn ausschaut? Eigentlich sollte die Autobahn-App des Bundes das ermöglichen – die Nutzerinnen und Nutzer sind aber enttäuscht. Nun wurde auch noch die Lieblingsfunktion vieler Autofahrer abgeschaltet. Warum ist die Anwendung, deren Entwicklung 1,2 Millionen Euro an Steuergeld gekostet hat, so ein Reinfall?
Das Konzept klang schlüssig: Die Autobahn GmbH des Bundes soll ihren Datenschatz über die aktuelle Verkehrslage auf den Bundesautobahnen über eine Smartphone-App mit den Fahrerinnen und Fahrern teilen.
Autobahn-App: keine Anpassung der Route an den aktuellen Verkehr
Bei einer grundlegenden Funktion musste die Autobahn-App allerdings seit ihrer Vorstellung vor einem Jahr passen: Sie ist nicht als Navi zu gebrauchen. Wer beispielsweise von Berlin nach Bremen fahren will, bekommt zwar die übliche Strecke über Magdeburg und Hannover angezeigt, inklusive aller Störungen entlang des Weges, die App ist aber nicht in der Lage, während der Fahrt Hinweise („Turn-by-turn“-Befehle) zu geben. Das hat sich auch nach 750.000 Downloads nicht geändert.
Die App kann auch keine Ersatzrouten in Echtzeit vorschlagen: Als kürzlich die A2 bei Magdeburg vollgesperrt war, lotsten Google, Apple und TomTom ihre Nutzer über die A24 via Hamburg – währen die Autobahn-App einfach nur eine Verzögerung von über drei Stunden anzeigte.
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Die App hat auch keine Sprachsteuerung und lässt sich nicht auf die Infotainment-Bildschirme moderner Autos übertragen. Wer keinen Beifahrer hat, muss auf einem Parkplatz anhalten, um die App unterwegs überhaupt nutzen zu können.
Die Bewertungen sind entsprechend mau: Im App-Store gibt es 2,4 von 5 Sternen, im Play-Store von Google immerhin 2,9 von 5 Sternen.
1,2 Millionen Euro Steuergeld: Autobahn-App ist „unnütz“
Bei den jüngsten Bewertungen wird aber oft nur noch ein Stern vergeben, weil die Autobahn GmbH eine populäre Funktion abgeschaltet hat. Nutzer konnten sich zu Beginn noch über Hunderte Webcams entlang der Autobahnen selbst ein Bild über die Verkehrslage machen. Nun erscheint nur noch eine Fehlermeldung: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Europa haben wir uns dazu entschlossen, die WebCam-Bilder bis auf weiteres zu deaktivieren.“ Damit sei die App „unnütz geworden“, heißt es in einer Rezension. Viele User beklagen, dass hier Steuergeld verschwendet worden sei. Die Entwicklung der App hat nach Angaben der Autobahn GmbH 1,2 Millionen Euro gekostet.
Die Kritik in den Stores an der Autobahn-Anwendung ist auch beim Digitalverband Bitkom angekommen. „Die Autobahn-App des Bundes hat die Erwartungen nicht erfüllt“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder der Deutschen Presse-Agentur. „Sie bietet gegenüber vorhandenen Angeboten etwa zur Vermeidung von Staus oder der Anzeige der nächsten Tankstelle keinen erkennbaren Mehrwert. Das zeigen auch die Bewertungen der Nutzerinnen und Nutzer in den App-Stores.“
Autobahn-App soll jetzt vor allem Lkw-Fahrern helfen
Dabei sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die öffentliche Hand Digitalangebote entwickle, sagte Rohleder. „Diese sollten aber vor allem dort ansetzen, wo es keine entsprechenden privaten Angebote gibt.“ Lieber sollte die Autobahn GmbH Daten wie Baustellen, Lademöglichkeiten für E-Autos oder den aktuellen Verkehrsfluss so für Dritte bereitzustellen, dass diese Informationen leicht in bestehende Angebote integriert werden könnten.
Die Autobahn GmbH hat sich nun eine neue Zielgruppe ausgesucht: „Für alle Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer bietet die App viele Möglichkeiten für eine schnelle und effiziente Navigation“, sagt Immo von Fallois, Leiter Kommunikation. „Brummis“ können nun sehen, welche Strecken von Ferienfahrverboten an Samstagen im Juli und August betroffen sind und welche Alternativrouten es gibt.
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Außerdem soll Ende August eine neue App-Funktion kommen, die Lkw-Fahrern freie Stellplätze anzeigen soll. Ob das kritisierte Konzept der App aber noch einmal grundsätzlich verändert wird, bleibt offen. (dpa/mp)