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  • Thorsten Lehr, Saarbrücker Pharmazie-Professor, steht vor einem Bildschirm mit einer von ihm entwickelten Simulation der Corona-Entwicklung.
  • Foto: picture alliance/dpa

Corona-Lockerungen: Experte mit bitteren Prophezeiungen für Hamburg und Bremen

Harter Lockdown bis Mitte März – für Menschen kurz vor der Pleite und Familien im Corona-Koller eine Horrorvorstellung. Genau das fordert aber der Saarbrücker Pharmazie-Professor Thorsten Lehr, der vor einer Lockerung ab einer Inzidenz von 50 warnt. Sinnvoll seien Lockerungen erst ab einer Inzidenz von 20 – auch wegen der Mutationen. Lehr hat einen interaktiven „Covid Simulator“ entwickelt.

Die von der Politik angepeilte Inzidenz von 50, nach der Lockerungen erfolgen könnten, sei noch „viel zu hoch“, um Infektionsketten nachzuverfolgen, kritisiert Thorsten Lehr. Ein Wert von 50 werde seinen Berechnungen nach voraussichtlich bundesweit um den 18. Februar erreicht, in Hamburg allerdings erst am 28. Februar, weil Hamburger Infizierte mehr Personen anstecken als der Bundesschnitt.

„Unsere magische Grenze liegt eher bei 20“, so Lehr, „auch wenn das keiner hören will.“ Grund sei auch die Unwägbarkeit über die Ausbreitung der hochansteckenden Mutanten.

Covid-Simulation: Lockdown bis Ende Januar reicht nicht aus

Diese „magische Grenze“ errechnet seine Covid-Simulation für Mitte März – bei null Lockerungen. Würde man auch dann noch alles geschlossen lassen, wäre man Mitte April bei einer Inzidenz von 10. Bisher ist der Lockdown bis zum 14. Februar beschlossen.

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Die Mö im Lockdown.

Foto:

picture alliance/dpa

Mit dem „Covid-Simulator“ der Universität des Saarlandes kann man für jedes Bundesland verschiedene Szenarien durchrechnen lassen. Auf den ersten Blick wird auch dem Laien klar: Je niedriger der R-Wert eingestellt wird (also die Zahl der Menschen, die jeder Infizierte ansteckt), desto steiler sinkt die Kurve der 7-Tages-Inzidenz.

Ansteckungen: So ist der R-Wert in Hamburg

Der Hamburger R-Wert liegt laut Lehr leicht über dem Bundesschnitt, den der Saarbrücker Professor aktuell bei 0,78 ansetzt. Heißt: Von zehn Infizierten stecken statistisch acht eine Person an, zwei stecken niemanden an. 

„Wir haben in Deutschland ein dreigeteiltes Infektionsgeschehen“, sagt Lehr in der „Welt“. Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hätten mit Werten zwischen 0,6 und 0,7 unterdurchschnittliche Reproduktionsraten. Stellt man in dem Simulationsprogramm einen R-Wert von 0,6 für Hamburg ein, dann hätten wir bereits am 13. Februar einen Inzidenwert von 49,23. 

Hamburg: Inzidenz von 50 erst Ende Februar

Mit dem tatsächlichen R-Wert geht das Simulationsprogramm davon aus, dass Hamburg erst am 28. Februar unter eine Inzidenz von 50 rutscht. Ausreißer: Bremen und das Saarland liegen mit R-Werten um 1 sogar auf einem Niveau, bei dem die Ausbreitung des Virus voranschreitet. 

Inzidenzen in den Bundesländern 

Die regional stark unterschiedlichen R-Werte sprechen gegen eine Öffnung bei 50, so Lehr: „Vor allem in den ostdeutschen Bundesländern sind die R-Werte deutlich niedriger als der Bundesdurchschnitt.“ 

Als Erstes könnte in Baden-Württemberg (12. Februar) die einen Inzidenzwert von 50 erreichen, gefolgt von Berlin (13. Februar) und Niedersachsen (14. Februar).

Sachsen-Anhalt (24. Februar), Thüringen (27. Februar) und Hamburg (28. Februar) müssten sich länger gedulden. In Bremen (10. April) und dem Saarland, das diese Inzidenz laut Lehr ohne zusätzliche Maßnahmen wie Pendlerkontrollen nicht erreichen könnte, müsste die Politik noch einmal nachsteuern.

Professor Lehr: Mutationen werden um sich greifen

Lehr betonte, dass im ersten Lockdown 2020 die Sieben-Tage-Inzidenz nie die Schwelle von 50 überschritten hatte. Im Simulator sehe man, dass das Infektionsgeschehen „richtig dynamisch“ geworden sei, nachdem Ende September die Grenze von 20 durchbrochen worden sei. Er ging davon aus, dass die Mutationen bald „mit einer deutlicheren Kraft um sich greifen als was wir bisher sehen“. (dpa/ste)

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