• Kai Dolgner (SPD) kämpft gegen Schwurbler im Netz. 
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Corona-Aufklärung : Chemiker aus dem Landtag kämpft gegen Schwurbler im Netz

Infektionszahlen, Sieben-Tage-Inzidenz, R-Wert – die Ausbreitung der Corona-Pandemie ist oft für den Einzelnen nur schwer zu überblicken. Für ein bisschen Aufklärung versucht deshalb der schleswig-holsteinische SPD-Abgeordnete Kai Dolgner in den sozialen Netzwerken zu sorgen. Gleich mehrere Videos von seinen Redebeiträgen erhalten für landespolitische Verhältnisse extrem viele Klicks.

So erklärte der 51-Jährige AfD-Abgeordneten in Kiel leidenschaftlich das Infektionsgeschehen in der Corona-Pandemie, wie im Video unten zu sehen ist. „Das war einfach aus dem Bauch heraus“, sagt Dolgner.

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Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt in den sozialen Medien ein Beitrag von Ende Oktober. „Für das Video haben wir auf Facebook mittlerweile fast 1,5 Millionen Zugriffe registriert“, sagt Fraktionssprecher Heimo Zwischenberger. Zwei weitere Videos von Dolgner seien ebenfalls mehr als 500.000 Mal geklickt worden.

Dolgner hat sich im Landtag vor allem in der Affäre um mögliche Fehler der Polizei bei früheren Ermittlungen gegen Rocker einen Namen gemacht. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss wurde auch auf sein Betreiben eingesetzt. Ähnlich akribisch wie bei der Bearbeitung dicker Akten in dem Verfahren setzt er sich mit der Corona-Pandemie auseinander.

Facebook-Beiträge sollen Ordnung in Zahlen-Dschungel bringen

Bereits seit etwa einem Jahr postet der Landtagsabgeordnete – teilweise mehrmals täglich – Lageeinschätzungen. „Viele Menschen können mit wechselnden Infektionszahlen wenig anfangen“, sagt Dolgner. Dies gelte auch für den R-Wert, die sogenannte Reproduktionszahl. Ein prozentualer Trend der Infektionen sei für viele Menschen dagegen greifbarer. „Das Robert Koch-Institut und Teile der Medien denken zu wenig an den Empfänger-Horizont.“

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Dolgner bereitet die Infektionszahlen grafisch auf und wagt dabei auch Vorhersagen über die Wirksamkeit von Maßnahmen. Offenbar mit Erfolg. In der Spitze werden seine Beiträge mehr als 100 mal auf Facebook geteilt und kommentiert.

Corona: Kai Dolgner setzt auf Aufklärung in sozialen Medien

Dabei erhebt der promovierte Chemiker (Doktorarbeit über metallische Nanopartikel) keinen Anspruch, neue Informationen über das Coronavirus, seine Mutationen oder die Wirksamkeit von Impfstoffen zu liefern. „Ich bin sicherlich kein Gesundheitsexperte“, sagt Dolgner. Seine Arbeit sieht er als Wissenschaftsjournalismus.

Bundesweit werten mittlerweile verschiedene Zeitungen, Webseiten und auch Einzelne wie Dolgner das Infektionsgeschehen in der Pandemie aus. „Ob es wirklich etwas nützt, da bin ich ein bisschen skeptisch“, sagt der Leiter der Landesmeldestelle Schleswig-Holstein, Helmut Fickenscher.

Auf Facebook: Dolgner liefert tägliches Corona-Update 

In einem Punkt stimmt der Infektionsmediziner des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein dem Abgeordneten aber zu. „Auch ich bin kein Freund des R-Werts.“ Dieser gehe immer von einer homogenen Verteilung des Virus aus und brauche eine ganze Reihe statistischer Annahmen, die kaum jemand nachvollziehen könne. Das sei bei der Sieben-Tage-Inzidenz der Fall.

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Dolgner will sein tägliches „Corona-Update“ fortsetzen. Pausiert hat er damit nur im vergangenen Sommer, als die Zahlen niedrig waren. „Ende des Sommers bin ich von vielen gebeten worden, das wieder aufzunehmen.“ Er hat es getan – mit einigem Erfolg. (dpa/hb)

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