Bau-Ärger bei Hamburg: Unser Wohngebiet verliert seinen Charme!
Reinbek –
Gärten voller bunter Blumen, Straßen gesäumt von ehrwürdigen Bäumen, rundherum Wiesen, Weiden, Wälder, kurz – Idylle: Das ist das grüne Reinbek im Kreis Stormarn. Aber nicht nur in der Hamburger Innenstadt, auch im Umland wird mittlerweile nachverdichtet. Auch Familie Nikolova-Kleine aus dem Stadtteil Prahlsdorf verliert jetzt ihre grüne Aussicht an eine Häuserwand.
Hamburg wird immer teurer und enger, bleibt also nur die Flucht in den Speckgürtel. Charmante Kleinstädte wie Reinbek sind da hoch im Kurs. Familie Nikolova-Kleine ist vor eineinhalb Jahren in ein Haus in der Schützenstraße in Prahlsdorf gezogen. „Die Schützenstraße hat uns gleich sehr gefallen, die alten Bäume, das hat Charme“, sagt Christina Nikolova-Kleine im MOPO-Gespräch.
Reinbek: Statt Gärten gibt es Mauern als Aussicht
Bis jetzt war der Ausblick von der Terrasse erholsam grün, doch bald soll dort eine Doppelhaushälfte entstehen – direkt an der Grundstücksgrenze. Zuvor lag zwischen dem Haus der Nikolova-Kleines und dem Nachbarn ein großes Gartengrundstück. Genau dieses wurde jetzt verkauft.
Dass jetzt so ein „Zwischen-Grundstück“ verkauft und bebaut werden kann, habe historische Gründe, erklärt Günther Herder-Alpen, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Reinbek, im MOPO-Gespräch. „Früher wurden die großen Elterngrundstücke geteilt“, sagt er. So konnten die Kinder direkt nebenan bauen. Wichtig war aber immer, eine große Gartenfläche zu erhalten.
Reinbek: Grünflächen werden durch Neubau versiegelt
„Jetzt werden die Grundstücke komplett bebaut, ohne Rasen“, sagt Herder-Alpen. „Eine komplette Versiegelung der Grünfläche.“ Meist geht es auch nicht um Ein- sondern Mehrfamilienhäuser – untypisch für eine Wohngegend wie Prahlsdorf.
Die Investoren der Neubauten machen sich den Generationenwechsel zu Nutze. Grundstücke werden vererbt, nicht selbst genutzt und in Teilen verkauft. „Nachverdichtung ist ja wichtig“, sagt Nikolova-Kleine, aber es sollte der Wohngegenden angemessen sein. „Man entscheidet sich ja auch für einen Lebensraum aufgrund der Wohnqualität“, sagt sie. Diese werde der kleinen Familie jetzt allerdings genommen.
Reinbek: Fehlende Behörden-Transparenz führt zu Spekulationen
Sorgen und Spekulationen machen sich in Reinbek breit. „Unsere Anwältin hat Mitte März Einsicht in die Baugenehmigung beantragt“, erzählt Nikolova-Kleine, denn nur dann könne ein Baustopp beantragt werden. Bis eine Antwort kam, vergingen fast vier Monate. Eine Hinhaltetaktik? Spekulieren möchte die Reinbekerin nicht, ein ungutes Gefühl aber bleibt, es fehle an Transparenz im Bauamt. „In diesen vier Monaten konnten die Bauarbeiten weiter vorangetrieben werden“, sagt Nikolova-Kleine. Wenn das Haus erst einmal steht werde es schwierig, das wieder einzureißen.
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Die Grundstücke mit ihren großen Gärten haben einen hohen ökologischen Wert für Reinbek, erklärt Herder-Alpen. „Es müssen Bebauungspläne erstellt werden“, sagt er. Das koste Geld, wäre aber notwendig, um die Nachverdichtung auch sinnvoll umzusetzen. Eine massive Bebauung, nur um die Attraktivität zu steigern sei der falsche Weg, so Herder-Alpen. Denn Familie Nikolova-Kleine ist nicht allein mit ihrem Beschattungsproblem. Anwohner und Politik sind sich einig: Das grüne Reinbek muss geschützt werden.