Operation „Big Bang“: Als Helgoland in die Luft gejagt wurde
Vor 75 Jahren zerstörten die Briten bei der Operation „Big Bang“ die militärischen Anlagen auf Helgoland. Bis zum heutigen Tag finden sich Spuren davon auf der Hochseeinsel.
Am 18. April 1947 drücken die Briten um 13 Uhr den Knopf: Mit 6700 Tonnen Munition sollen auf Helgoland alle militärischen Anlagen zerstört werden. Ein riesiger Rauchpilz steigt hoch in den Himmel. „Es war die bis dahin weltweit größte nicht-nukleare Sprengung. Wahrscheinlich ist sie das bis heute“, sagt der Historiker Martin Krieger von der Universität Kiel. 75 Jahre ist das nun her. Dieses Ereignis hat die Insel stark geprägt.
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Vor 75 Jahren zerstörten die Briten bei der Operation „Big Bang“ die militärischen Anlagen auf Helgoland. Bis zum heutigen Tag finden sich Spuren davon auf der Hochseeinsel.
Am 18. April 1947 drücken die Briten um 13 Uhr den Knopf: Mit 6700 Tonnen Munition sollen auf Helgoland alle militärischen Anlagen zerstört werden. Ein riesiger Rauchpilz steigt hoch in den Himmel. „Es war die bis dahin weltweit größte nicht-nukleare Sprengung. Wahrscheinlich ist sie das bis heute“, sagt der Historiker Martin Krieger von der Universität Kiel. 75 Jahre ist das nun her. Dieses Ereignis hat die Insel stark geprägt.
Ziel war die Zerstörung der militärischen Anlagen
Lange vorher hatten die Briten die Operation angekündigt. „Die Bevölkerung im Norden Deutschlands wurde aufgefordert, Fenster und Türen zu öffnen, weil man nicht ermessen konnte, wie gewaltig die Druckwelle ist“, sagt der Leiter des Helgoländer Museums, Jörg Andres. Krieger berichtet von zahlreichen Gerüchten, die Briten hätten die Insel komplett zerstören wollen. „Aber das war nicht das Ziel, es ging um die militärischen Anlagen.“
Die Helgoländer waren zu dieser Zeit auf dem Festland untergebracht, meist im Norden. Der heute 86-jährige Olaf Ohlsen war beim „Big Bang“ elf Jahre alt. Seine Familie erfuhr aus der Zeitung und dem Radio von dem Vorhaben der Briten. „Alle Helgoländer waren natürlich in Aufregung.“ Mit vielen anderen Jungen lag Ohlsen in Cuxhaven am Deich. Sie waren überrascht: „Wir haben auf einen großen Knall gewartet.“ Aber dort sei nur ein Grollen zu hören gewesen. Dann hätten sie den Rauchpilz gesehen.
Die Angst der Briten vor dem Projekt Hummerschere
Wie kam es überhaupt zum „Big Bang“? Im Zweiten Weltkrieg wollten die Nationalsozialisten mit dem Projekt „Hummerschere“ durch Aufspülungen und Betonbauten einen riesigen Marinehafen als Flottenstützpunkt errichten. Ein kilometerlanges Tunnelnetz zog sich nach Angaben von Historiker Krieger durch den Fels. Luftangriffe kurz vor Kriegsende machten die Insel unbewohnbar. Kurz nach Kriegsende übernahmen die Briten die Kontrolle, die Nordseeinsel wurde jahrelang Übungsziel für die britischen Luftstreitkräfte. Bombenkrater im Oberland zeugen bis zum heutigen Tag von dieser Zeit.
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„Genau zwei Jahre nach dem verheerenden Bombenangriff am 18. April 1945 wurde dann die Operation „Big Bang“ angesetzt“, berichtet Professor Krieger. Ziel der Sprengung sei es gewesen, dem Gefahrenpotenzial Helgolands für Großbritannien ein für alle Mal ein Ende zu bereiten, sagt Historiker Jan Rüger vom Birkbeck College der Universität London. Die Operation hatte nach Angaben Jan Rügers für die Briten eine große Symbolwirkung und das Ergebnis sei dort als Erfolg gefeiert worden.
Die Sprengung vernichtete die markante Südspitze
„Die Sprengung hat die ganze Topographie der Insel verändert“, sagt Museumsleiter Andres. „Die ehemalige, ganz markante Südspitze, die ein Ansteuerungspunkt für alle Schiffe war, die ist komplett verschwunden.“ Dabei sei das Mittelland entstanden. Die für die Sprengung zuständigen militärischen Schiffe lagen ebenso in einiger Entfernung vor Helgoland wie Beobachtungsschiffe.
„Abends kamen die Schiffe mit den Reportern zurück“, erinnert sich Zeitzeuge Ohlsen. Der Vater sei hingefahren, um Näheres zu erfahren. „Er war der festen Überzeugung, von Helgoland ist nichts mehr übrig.“ Doch er habe seiner Familie voller Freude berichten können: „Helgoland steht, Helgoland steht. Nur die Südspitze ist kaputt.“ Sie hätten nun Hoffnung gehabt, irgendwann zurückkehren zu können.
Doch bis zum Tag der Wiederfreigabe und dem Wiederaufbau der zerstörten Insel mussten die Helgoländer noch bis zum 1. März 1952 warten. Erst dann war eine Wiederbesiedelung möglich.
70 Jahre nach der Rückgabe durch die britische Regierung düst der „Halunder Jet“ regelmäßig ab Hamburg über die Elbe gen Helgoland. Damit die Geschichte Helgolands nicht in Vergessenheit gerät, werden gegenwärtig die Bunkerstollen aus der Zeit des Projekt Hummerschere für Touristen freigelegt. Ende des Sommers sollen dort erste Ausstellungen das Leben im Bunker greifbar werden. (dpa/jb)