Wer wohnt freiwillig an der Steinstraße? So lebt es sich mitten in Hamburgs City
Mehr als 1,8 Millionen Menschen wohnen in Hamburg, doch nur wenige Tausend von ihnen in der City. Kein Wunder, schließlich reihen sich hier vor allem Läden und Büros aneinander. Um das Zentrum zu beleben, wird deshalb seit Jahren auch mehr Wohnen diskutiert. Doch was sagen die Wohn-Veteranen aus der City dazu? Sie verraten der MOPO, was sie nervt, was sie lieben – und was es für gutes Wohnen hier wirklich braucht.
Mitten in der City leben – samt Hund und Kleinkind? Was für einige unvorstellbar wäre, ist für Caroline P. Alltag. Vor zehn Jahren zogen sie und ihr Mann in eine 80-Quadratmeter-Wohnung am Valentinskamp in der Neustadt, mittendrin in der Betonwüste zwischen Scandic-Hotel, Emporio-Haus und Bezirksamt Mitte.
Mehr als 1,8 Millionen Menschen wohnen in Hamburg, doch nur wenige Tausend von ihnen in der City. Kein Wunder, schließlich reihen sich hier vor allem Läden und Büros aneinander. Um das Zentrum zu beleben, wird deshalb seit Jahren auch mehr Wohnen diskutiert. Doch was sagen die Wohn-Veteranen aus der City dazu? Sie verraten der MOPO, was sie nervt, was sie lieben – und was es für gutes Wohnen hier wirklich braucht.
Mitten in der City leben – samt Hund und Kleinkind? Was für einige unvorstellbar wäre, ist für Caroline P. Alltag. Vor zehn Jahren zogen sie und ihr Mann in eine 80-Quadratmeter-Wohnung am Valentinskamp in der Neustadt, mittendrin in der Betonwüste zwischen Scandic-Hotel, Emporio-Haus und Bezirksamt Mitte.
Und sind hier rundum zufrieden. „Wir leben hier sehr gern“, sagt sie. „Es ist einfach praktisch, alles um die Ecke zu haben.“
Wohnen in der City: Nur Nahversorger sind weiter weg
Zur Arbeit ist es nur ein Fußweg, Kinder- und Hundetagesstätte sind in der Nähe. Zum Spielen geht’s zu Planten un Blomen. Das einzig Lästige: Einkäufe samt Wasserkisten per Lastenrad vom Großneumarkt oder der Rindermarkthalle ranschaffen, denn Supermärkte gibt es kaum.
Ihr Auto nutzt die Familie selten, aber selbst damit hieße es schleppen: „Unsere Miete ist völlig in Ordnung, aber ein Tiefgaragenplatz kostete hier schon vor zehn Jahren 200 Euro im Monat“, sagt Caroline P. Deshalb wird weiter weg geparkt. „Wir würden uns eine Anwohnerparkzone wünschen.“

Auch Stefan Wirth (58) lebt nahe des Valentinskamp, schon seit 20 Jahren. Er sitzt auf einem Gartenstuhl auf dem St. Anscharplatz – nur wenige Menschen haben sich her verirrt. Was es braucht, um die Gegend auch abends zu beleben? Mehr Gastro etwa? „Gastro gibt es ja“, sagt Wirth. „Aber es gibt viele Büros und Touristen und zu wenig normales Wohnen in der Stadt.“ Damit meint er vor allem günstigeren Wohnraum.
Das könnte Sie auch interessieren: Turbojugend auf dem Hamburger Kiez: Kutten, nackte Popos und Dosenbier
Auch Hans-Jürgen Haverkamp hofft, dass die Interessen der Anwohner gestärkt und Wohnen mehr gefördert wird – bei der angekündigten Umgestaltung des Gertrudenviertels zum Beispiel. Nur rund 2300 Menschen leben in der Altstadt, nur 183 Haushalte mit Kindern. Der 73-jährige Rentner Haverkamp ist 1985 in eins der beiden einzigen Wohnhäuser am Gertrudenkirchhof gezogen – und damit nur einen Steinwurf entfernt vom Shoppinghotspot um die Spitalerstraße.
Doch es war vor allem die Nähe zum Hauptbahnhof, die den Wirtschaftsprüfer damals überzeugte, weil er beruflich viel reiste. Die Nähe brachte aber auch Probleme mit sich: Es gab mehrere Einbrüche und ungewollte Hausgäste. Heute sind die Sicherheitsvorkehrungen im Haus deutlich besser.
Anwohner in Hamburgs Zentrum: Mehr Wohnen würde zu besserem Leben miteinander führen
Woran es Anwohnern hier am meisten fehlt? „Einkaufsmöglichkeiten für frische Lebensmittel“, sagt Haverkamp. Die umliegenden Supermärkte bieten fast nur abgepackte Ware an, frisches Gemüse oder Wurst- und Käsetheken gibt es kaum. „Der nächste, echte Fleischer ist oben im Alsterhaus. Aber das ist natürlich eine Preisfrage.“ Mehr Wohnen würde auch zu attraktiveren Angeboten führen, meint Haverkamp. „Und zu einem besseren allgemeinen Leben miteinander.”

Denn derzeit ist es abends teils menschenleer. „Natürlich ist dann weniger los, aber im Vergleich zu früher ist es besser geworden“, sagt Haverkamp. Als er das Haus bezog, hatte die Wohnung sogar einige Zeit leer gestanden. Heute genießt der Rentner noch immer die Zentralität – und den Blick zur Binnenalster, wenn er über den Platz schlendert. Nur ein Gemeinschaftsgefühl mit den Nachbarn, das könnte stärker sein.
Kontorhausviertel: Hier ist auch abends noch was los
Nachbarschaftsfeeling statt Anonymität – mitten in der City? Das geht, und zwar im Kontorhausviertel, wo es noch mehr Wohnungen gibt, sagt Sabine Scheefe. Die ehemalige Krankenschwester ist vor 16 Jahren aus Othmarschen hergezogen. Heute freut sich die 68-Jährige an den kleinen Lokalen, ihrem Weinhändler oder Schuster.
Das könnte Sie auch interessieren: Reste des Party-Tempels sollen abgerissen werden – doch es gibt ein Problem
Dass es durch After-Work-Treffen abends auch mal lauter wird, stört sie nur selten. „Ich bin alleinstehend“, sagt sie. „Da finde ich es schön, wenn ich Leben um mich habe.“ Nur joggen ging sie früher stets um 6 Uhr morgens – sonst war es ihr zu voll.

Fehlende Ruhe gilt als eins der größten Probleme fürs Wohnen in der City. Lidia Güstel, die nur ein wenig weiter nördlich an der Steinstraße lebt, weiß warum. Der übliche Verkehr und Anlieferungen haben die 43-Jährige in den vergangenen acht Jahren nie gestört, sagt sie. Doch dann wurde die Bushaltestelle aus der Mönckebergstraße vor ihr Fenster verlegt.
„Die Busse sind beim Anfahren extrem laut. Wir können kaum noch schlafen“, klagt sie. Jetzt sucht sie eine neue Wohnung. „Die City bräuchte weniger Verkehr und mehr Grünflächen. Eine autofreie Innenstadt würde bestimmt mehr Anwohner anziehen.“

Die junge Mutter Caroline P. würde dagegen schon jetzt am liebsten für immer so zentral wohnen bleiben. „Wenn man weiter rauszieht, verliert man doch auch Lebensqualität. Nein, man müsste uns hier schon raustragen“, sagt sie und lacht.