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  • Polizisten am Tatort an der Silbersackstraße auf St. Pauli
  • Foto: Panzau

Zwei Tote in Hamburger Café: Der Killer schoss wahllos um sich

St.Pauli –

Senad S. trug einen schwarzen Kaschmir-Mantel, als er am 9. Januar 1992 mit einer abgesägten Schrotflinte das Billard-Café an der Silbersackstraße betrat. Hatte der Mann zu viele Mafia-Filme geguckt? Auf alle Fälle ging der 22-Jährige nicht besonders professionell vor, als er zwei Mal abdrückte. Schließlich traf er den Falschen. Am Ende lagen sogar zwei Leichen in dem üblen Etablissement. Der Mann aber, dem die Schüsse eigentlich gegolten hatten, erlitt nur ein paar Kratzer.

Die „Jugo-Mafia“ war vor 30 Jahren auf dem Kiez das große Thema. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs strömten Gangster vom Balkan nach Deutschland – und sie waren ihren deutschen „Kollegen“ in Sachen Brutalität und Schieß-Freudigkeit deutlich überlegen.

Streit in der Disco: Rache mit einer Neun-Millimeter-Pistole

Milos P. (31) war einer von ihnen. In der Diskothek „Top Ten“ an der Reeperbahn geriet er einmal mit deutschen Zuhältern aneinander und wurde verprügelt. Einige Stunden später kehrte P. mit einer Neun-Millimeter-Pistole zurück und schoss wahllos ins Lokal, das damals von „Kalle“ Schwensen betrieben wurde. Zwei unbeteiligte Gäste wurden getroffen. Ein zufällig vorbeikommender Polizist entwaffnete den Gangster und nahm ihn fest.

Crime Silbersack Opfer

Eines der Opfer: Jürgen L. (21), genannt „Pinzner“

Foto:

Wenzlawski

Das milde Urteil: ein Jahr und neun Monate Knast. Gleich nach der Haftentlassung fiel Milos P. als Hehler und Einbrecher auf. Sein Name galt damals schon etwas im Hamburger Rotlichtmilieu. Ja, er wurde sogar gefürchtet. Und dieser Mann also sollte in der Januar-Nacht sterben. Warum? Angeblich hatte es kurz zuvor nur einen kleinen Streit zwischen Milos P. und Senad S. gegeben. 

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Kripoleute untersuchen die beiden Erschossenen im Lokal.

Foto:

Zand-Vakili

Es war 1.15 Uhr, als der Killer das Billard-Café  betrat. Das Lokal war auf St. Pauli als Halunken-Treff bekannt. Senad S. drückte ab. Doch Milos P. reagierte am Tresen blitzschnell und drehte sich weg. So viel Glück hatte Jürgen L. nicht: Der 21-Jährige, der  „Pinzner“ (wie der „St. Pauli-Killer“ Werner Pinzner) genannt wurde, versuchte damals, im Zuhältermilieu auf St. Pauli Fuß zu fassen. Die Schrotladung traf den Mann mitten ins Gesicht. Jürgen L. starb.

Crime Silbersack Schrotflinte

Mit dieser abgesägten doppelläufigen Schrotflinte feuerte der Killer.

Foto:

Panzau

Sofort drückte der Täter noch mal ab, doch der Schuss ging daneben. Milos P., der Mann, den er eigentlich töten wollte, wurde nur von ein paar Schrotkügelchen an der Wange getroffen.

Dann fiel plötzlich ein dritter Schuss. Von einer Revolverkugel in den Rücken getroffen, brach der Gast Zoran G. (25) zusammen. Auch für ihn kam jede Hilfe zu spät. Wer diesen Schuss abgegeben hat, wird nie geklärt. Der Schrotflinten-Schütze jedenfalls soll es nicht gewesen sein.

Er warf die leer geschossene, doppelläufige Flinte der Marke Aramberri und seinen schwarzen Mantel fort und rannte über den Hans-Albers-Platz davon. Der bei dem Mordanschlag nur leicht verletzte Milos P. flüchtete zunächst ebenfalls, meldete sich aber wenig später bei der Polizei. Er behauptete, überhaupt nicht zu wissen, wer da auf ihn geschossen habe.

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Doch die Kripo bekam Tipps aus dem Milieu und veröffentlichte ein Fahndungsfoto von Senad S. Der setzte sich zunächst ins ehemalige Jugoslawien ab, wurde aber schließlich gefasst und in Hamburg vor Gericht gestellt. Wegen zweifachen Totschlags bekam er acht Jahre Haft. Wegen guter Führung musste er aber nur etwas mehr als die Hälfte absitzen.

Nach der Entlassung aus Santa Fu schieben die Behörden den Killer ab. Doch er kehrte nach Deutschland zurück, beging im Saarland weitere Straftaten und landete wieder im Knast.

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