Zwangsversteigerung: Angst vor Spekulanten: Diese Mieter in Hamburg wollen kämpfen
Eimsbüttel –
„Spekulant, wir ekeln dich raus“, „Finger weg!“ oder „Wir sind unverkäuflich“ – die Balkone der Häuserzeile am Kleinen Schäferkamp 16 a-e sind gespickt mit Protest-Bannern. Hier leben rund 100 Menschen in 51 Wohnungen. Im Mai ist die Zwangsversteigerung anberaumt und die Bewohner befürchten, in die Hände von Spekulanten zu fallen. Doch kampflos wollen sie den bezahlbaren Wohnraum nicht aufgeben.
Das urige Kopfsteinpflaster des kleinen Abzweigs hinter dem Mini-Restaurant „Williamine“ dürfte noch aus der Bauzeit der charmanten fünf Häuser sein: 1880-89. Im Zweiten Weltkrieg schlug im Hof eine Bombe ein, zerstörte ein Wohngebäude. Nach dem Krieg kaufte ein Herr H. die Häuserzeile. Insgesamt verfügte der Immobilienbesitzer schließlich über mehr als 100 Wohnungen – vor allem im Bereich Sternschanze.
Er galt als sozialer Vermieter, erhöhte die Mieten kaum. Um die zehn Euro kalt den Quadratmeter zahlen die meisten Mieter der etwa 50 Quadratmeter großen Wohnungen. Diese sind laut Auskunft vieler Mieter allerdings auch nicht im allerbesten Zustand. Die Fenster sind teils mehr als 40 Jahre alt, auch Versorgungsleitungen müssten erneuert werden. Über die Jahrzehnte wurden die Instandhaltungskosten vom Eigentümer eher klein gehalten.
Eigentümer des Wohnhauses ist schon vor Jahren gestorben
Vor einigen Jahren nun starb der Mann. Seine Frau und zwei Söhne erbten den wertvollen Immobilienbestand in dem angesagten Viertel. Doch die drei wurden sich über einen Verkauf offenbar nicht einig. Deswegen ist vom Amtsgericht Hamburg für den 27. Mai eine Zwangsversteigerung anberaumt worden. Ein Gutachter legte den Verkehrswert auf 10,1 Millionen Euro fest.
Seitdem vergeht kaum ein Tag, ohne dass Interessenten aus ganz Deutschland vorbeischauen, sich umsehen und vom nahen Spielplatz aus die Häuserzeile fotografieren. Die Mieter beobachten diese Entwicklung mit Argwohn und Wut. Sie haben sich zusammengeschlossen und wollen kämpfen. Einer von ihnen ist Bernd Griesebock (47).
Mieter fordern Erhalt von bezahlbarem Wohnraum
Er sagte der MOPO: „Wir fordern den Erhalt bezahlbaren Wohnraums – und hier, am Kleinen Schäferkamp, im Herzen der Stadt, kann der Senat beweisen, dass auch er dafür tatkräftig eintritt.“
Zunächst hatten die Mieter gehofft, dass der Senat sein Vorkaufsrecht wahrnehmen würde. In sozialen Erhaltungsgebieten ist das möglich. Im Bezirk Altona und in Mitte wurde dieses staatliche Vorkaufsrecht auch schon angewandt, um so Mieter vor unsozialen Mieterhöhungen oder sogar vor der Vertreibungen zu schützen. Doch da in diesem Fall bereits eine Zwangsversteigerung anberaumt ist, greift das Vorkaufsrecht nicht.
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Zuständig für städtische Immobilien ist die Finanzbehörde. Auf MOPO-Anfrage sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD): „Wir prüfen behördenübergreifend die städtischen Handlungsoptionen.“ Aber dieser Fall stelle sich etwas anders dar, da das bekannte und bewährte Vorkaufsrecht der Stadt eben nicht greife. Mit dem Vorkaufsrecht habe Hamburg immer wieder gezeigt, „dass wir im Sinne des Mieterschutzes intervenieren“.
Auch Hamburg kleinstes Gourmet-Restaurant betroffen
Betroffen von der Zwangsversteigerung ist auch der Wirt der „Williamine“, Hamburgs kleinstem Gourmet-Restaurant. Das gibt es seit 28 Jahren – und Gastronom Arthur Richelmann flatterte gerade eine Mieterhöhung um etwa 50 Prozent ins Haus. Möglicherweise wollen die Noch-Eigentümer so den Versteigerungspreis im Mai noch in die Höhe treiben. Doch auch der Gastronom gibt nicht auf: „Da kommen die nicht mit durch. Ich hab’ einen gültigen Mietvertrag bis 2034.“