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  • Wohnungen der SAGA in Lohbrügge.
  • Foto: dpa

Zwangsräumungen trotz Corona: So viele Hamburger mussten aus ihrer Wohnung raus

Seine Wohnung zu verlieren und dann erst einmal ohne dazustehen ist ein schwerer Schlag. Und noch viel mehr, wenn nebenher eine weltweite Pandemie wütet, die den Wohnungsmarkt in Hamburg noch angespannter gemacht hat, als er ohnehin schon war. Deshalb wurden in Hamburg die Zwangsräumungen – gerade auch bei der SAGA – zurückgefahren. Geräumt wurde 2020 aber trotzdem hundertfach, die Linke ist empört.

Wie aus einer schriftlichen kleinen Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Stephanie Rose (Linke) hervorgeht, wurden seit Pandemiebeginn in Hamburg 608 Zwangsräumungen durchgesetzt – 109 davon entfallen auf SAGA-Wohnungen. Zu Beginn der Pandemie wurde per Handlungsempfehlung der Außendienst der Gerichtsvollzieher massiv reduziert und Vollstreckungen ausgesetzt – seit Juni 2020 finden jedoch wieder Zwangsräumungen statt. Zum Vergleich: 2019 waren es insgesamt 1239 Zwangsräumungen hamburgweit, 2020 waren es 977.

Hamburg: 608 Zwangsräumungen während Corona

Ein Rückgang, der laut Rose aber kein Ausdruck von umfassender Vermieter-Milde ist. „Es macht mich fassungslos, dass nichts dagegen getan wird, dass Menschen mitten in der Pandemie ihre Wohnung verlieren“, so die Bürgerschaftsabgeordnete. Für viele Menschen sei die Zwangsräumung der Beginn von Obdach- oder Wohnungslosigkeit. „Wir erleben gerade einen Lockdown, viele Hamburger:innen haben Einkommenseinbußen, ihre Miete ist hingegen unverändert hoch. Der Senat muss jetzt seinen direkten Einfluss bei den städtischen Wohnungsunternehmen nutzen und jegliche Zwangsräumungen aussetzen“, fordert Rose gegenüber der MOPO. Tatsächlich wurden während des ersten Lockdowns nur zwei Zwangsräumungen bei SAGA-Wohnungen durchgeführt, im dritten und vierten Quartal 2020 waren es dann wieder 56 beziehungsweise 51.

Darum führt die SAGA noch Zwangsräumungen durch

Die städtische SAGA hatte zu Beginn der Pandemie angekündigt, keine Mieterinnen und Mieter wegen krisenbedingter finanzieller Schwierigkeiten oder sozialen Notlagen zu kündigen. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt begrüßte das damalige Versprechen und bezeichnete es als „richtigen Schritt“.

Wie kommt es dann dazu, dass am Ende des Jahres trotzdem 109 Saga-Wohnungen geräumt wurden? „Gründe für die Durchsetzung einer Räumung können wiederholte Verstöße gegen die Hausordnung sowie insbesondere massives und wiederholtes Fehlverhalten des Mieters und eine damit einhergehende unzumutbare Belastung der Nachbarschaft sein“, erklärt SAGA-Sprecher Gunnar Gläser gegenüber der MOPO.

Die Räumung sei immer das letzte mögliche Mittel, versichert er. „Der Einleitung eines Räumungsverfahrens voraus gehen in der Regel mehrere schriftliche Aufforderungen sowie Abmahnungen und gegebenenfalls persönliche Gespräche über einen längeren Zeitraum“, so Gläser. Er stellt ebenfalls klar: „Weiterhin gilt unsere Zusage, dass wir auf fristlose Kündigungen oder Räumungen in Fällen nachweislich durch die Corona-Krise bedingter Zahlungsausfälle oder Mietrückstände verzichten.“

Das sagt die Stadtentwicklungsbehörde zu Zwangsräumungen

Auch die Stadtentwicklungsbehörde sieht das Verhalten der SAGA während der Corona-Krise weiterhin als vorbildlich. „Die SAGA wird ihrer sozialen Verantwortung als städtische Wohnungsgesellschaft auch in der Corona-Pandemie vollständig gerecht“, so Sprecherin Susanne Enz. Die SAGA habe seit Ausbruch der Pandemie nur Zwangsräumungen veranlasst, die nicht im Zusammenhang mit Zahlungsengpässen von Mieterinnen und Mietern stünden.

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Die Linke will die Zwangsräumungen in Wohnungen städtischer Unternehmen allerdings während Corona nun komplett untersagen. In einem Antrag, der der MOPO exklusiv vorliegt und in die Bürgerschaft eingebracht werden soll, fordert die Fraktion den Senat auf, „auf jegliche Zwangsräumungen sowie Strom-, Wasser – und Gassperren im Jahr 2021 zu verzichten“. Auch (geplante) Mieterhöhungen in städtischen Wohnobjekten sollten zurückgenommen oder ausgesetzt werden. (fkm)

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