• Top-Gründer: Philipp Westermeyer über seine Anfänge und warum er der Stadt bei Start-ups mehr zutraut als Berlin.
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Philipp Westermeyer: „Hamburg braucht mehr Software-Entwickler“

Eigentlich startete 2011 alles als Hobby: Philipp Westermeyer wollte Freunden „ein bisschen was über Onlinemarketing“ erzählen. Daraus wurde erst die Messe „Online Marketing Rockstars“, dann ein Unternehmen mit 140 Mitarbeitern und diversen Sparten, vom Stellenmarkt übers Onlinefachmedium bis zum Podcast. Auch im Stadtgeschehen mischt OMR heute an vielen Stellen mit: Ob als Dienstleister beim Corona-Impfzentrum in den Messehallen oder – ab 2023 – als Mitbetreiber des Fernsehturms Telemichel, wo eine moderne Aussichts- und Besuchsfläche sowie Event-Räume entstehen sollen.

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Tarek Müller: Philipp, du bist 41, hast schon drei Unternehmen gegründet und zwei davon wieder verkauft. Wie fing alles an?

Philipp Westermeyer: Mit 25 wurde ich Assistent des Vorstands von Gruner + Jahr und war unter anderem mit dabei, als ein möglicher Kauf der Sozialen Netzwerks Studi VZ diskutiert wurde. Da ging es um eine Summe zwischen 50 bis 70 Millionen Euro, die Gründer waren in meinem Alter. Ich saß da mit meinem H&M-Anzug und sehr normalem Einstiegsgehalt und dachte: Ich bin auf der falschen Seite des Tisches.

Und dann?

Habe ich mit meinen Partnern Tobias Schlottke und Christian Müller, die ich im Verlag kennengelernt hatte, angefangen, Webseiten zu bauen und sie so zu optimieren, dass sie bei Google möglichst leicht gefunden werden. So bekamen wir über Werbung Geld, irgendwann war das monatlich mehr als unser Gehalt beim Verlag …

… wo du dann, zwei Jahre später, auf der richtigen Seite des Tisches saßt?

Genau, wir haben die Firma dann an Gruner + Jahr verkauft. Es gab etwas Hohn und Spott: Es sei ein relativ teures Re-Hiring-Programm gewesen…

Wie viel habt ihr denn bekommen?

Das ist nicht publik. Es war aber nicht so viel, dass ich für mein Leben ausgesorgt hätte – in heutigen Maßstäben eher wenig.

Also folgte ein weiteres Start-up, dass ihr an Zalando verkauft habt. Heute kümmerst du dich Vollzeit um das dritte: OMR. Auf die Messe, mit der alles anfing, kommen mittlerweile 60 000 Menschen aus der ganzen Welt, dabei gab es schon einige Messen dieser Art. Was habt ihr anders gemacht?

Auf der einen Seite hatten wir Glück: Google und Facebook waren noch nicht solche Giganten wie heute. Wir sind auf der Welle weitergesurft, die diese Unternehmen verursacht haben. Auf der anderen Seite haben wir erkannt, dass eine Messe nicht mehr in zwei Tagen gedacht werden kann: Man muss eine Marke kreieren, die jeden Tag abliefert, und sich eben an zwei Tagen im Jahr in einem Event manifestiert.

Hören Sie das ganze Interview hier im Podcast: 

Heute machst du unter anderem einen Podcast, in dem so ziemlich jeder interessante deutsche Gründer schon Gast war. Wie beurteilst du Hamburg als Start-up-Standort?

In den vergangenen zehn Jahren hat die Stadt schon Federn lassen müssen. Berlin war für viele interessanter: niedrigere Mieten, internationalere Leute. Aber mittlerweile kann man in Berlin auch nicht mehr viel günstiger mieten, gute Leute findet man genauso schwer wie hier. Ich denke, wenn zum Beispiel einige der Hamburger Start-ups demnächst an die Börse gehen, wird das noch mal einen Schub geben. Denn die machen nicht nur die Gründer vermögend, sondern auch viele Mitarbeiter. Und das wiederum hat positive Auswirkungen auf den Standort, denn es zieht oft weitere Gründungen und Investitionen nach sich.

Was kann die Hamburger Politik tun, um mehr solche Unternehmen anzulocken?

Sich auf bestimmte Industrien konzentrieren. Ob E-Commerce oder Medienfirmen, Logistik oder Gaming. Einfach zu sagen „Wir sind Start-up-Stadt“ ist zu wenig. Ein anderer wichtiger Faktor sind Software-Entwickler. Sie sind wie ein Rohstoff für Unternehmensgründungen. Egal, ob sie aus Osteuropa, Portugal oder Asien kommen, sie müssen denken: Ich will nach Hamburg, da ist es am geilsten!

Wie stellst du dir das vor?

Interessante Hochschulen und Stipendien sind ein Weg. Oder Steuererleichterungen. Da sollte es keine Denkverbote geben.

Bist du zuversichtlich?

Ja. In Berlin ist vieles, was bislang passiert ist, durch glückliche Zufälle entstanden. In Hamburg ziehen alle an einem Strang: Politik, Medien, Wirtschaft. Man kann mit einem Kreis von 200 Menschen viel bewegen. Die Chancen sind also da.

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