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  • Für Kamile (28) bedeutet der Ramadan Disziplin und Stabilität.
  • Foto: Marius Roeer

Zuckerfest trotz Corona: Hamburger Muslime erzählen vom Fasten in der Pandemie

130.000 Menschen in Hamburg bekennen sich zum Islam. Viele von ihnen haben jetzt einen Monat des Fastens hinter sich: Eine Zeit, die dem Glauben nach für Barmherzigkeit stehen soll, für Empathie gegenüber Bedürftigen. Von morgens bis abends haben Muslime und Musliminnen auf Essen, Trinken, Rauchen und Sex verzichtet, sich dafür den fünf täglichen Gebeten gewidmet. Zentraler Punkt während des Ramadans: das Beisammensein. Zusammenkünfte, bei denen Nächstenliebe und Mitgefühl zelebriert werden – eigentlich. In Corona-Zeiten aber schwer möglich. Vier Hamburger:innen erzählen ihre Geschichte von einem entbehrungsreichen Monat, der jetzt endet – mit Bayram, dem dreitägigen Zuckerfest.    

Samir, 18, Schüler aus Billstedt: „Licht im Dunkeln“

1. Warum fastest du? „Das Fasten ist mir vorgeschrieben. Ich halte mich sowohl an die Gebote wie Verbote. Ramadan ist ein heiliger Monat im Islam.“

2. Was bedeutet dir dein Glaube? „Der Glaube ist der Sinn im Leben, etwas, woran man festhalten kann. Licht im Dunkeln. Man weiß, was nach dem Tod passiert. Anfangs war ich nicht so religiös, dann habe ich mich mehr und mehr damit beschäftigt, mein Umfeld hat sich verändert. Jetzt ist es mein Leben.“

3. Wie war Ramadan mit den strikten Corona-Regeln? „Ich bin gut mit dem Corona-Ramadan klargekommen. Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass ich trostlos alleine zu Hause sitzen werde. Es gab hier und da aber ein paar Möglichkeiten. Ich bin im Fastenmonat 18 geworden, konnte mit einem Freund zum Schnellrestaurant fahren und dann im Auto essen. Es war nicht so schlimm. Man hat sich damit arrangiert.“

Der 18-jährige Samir aus Billstedt sagt über seinen Glauben: „Es ist Licht im Dunkeln.“

Der 18-jährige Samir aus Billstedt sagt über seinen Glauben: „Es ist Licht im Dunkeln.“

Foto:

Privat/Hfr

Yousra, 25, Medizinstudentin aus Harburg: „Besondere Zeit“

1. „Ich bin vor sieben Jahren konvertiert, am ersten Tag des Fastens. Es ist eine wirklich besondere Zeit, in der man sich nur auf die Gebete und die Religion konzentriert. Man entwickelt ein Mitgefühl für die Menschen, die nicht so viel haben. Für mich ist es eine Zeit der Barmherzigkeit.“

2. „Mein Glaube gibt mir eine unheimlich große Kraft. Es gibt immer mal wieder Höhen und Tiefen, gerade als Medizinstudentin kenne ich die nur zu gut. Ich kann sagen, dass mir mit Abstand keine Person so helfen konnte, wie es mein Glaube tut. Er hilft mir zu reflektieren und stets weiter an mir selbst zu arbeiten.“

3. „Man hat sich gut an die Umstände gewöhnt. Weil es Corona ja schon letztes Jahr gab, konnte man sich entsprechend auch mental darauf vorbereiten. Die Regeln hatten auch was Gutes: Es war familiärer, man hat das Fasten gezielt mit den Personen verbracht, die einem auch sehr wichtig sind.“

Yousra studiert Medizin. Für die 25-Jährige ist Ramadan „eine ganz besondere Zeit“.

Yousra studiert Medizin. Für die 25-Jährige ist Ramadan „eine ganz besondere Zeit“.

Foto:

Privat/Hfr

Elif, 18, Psychologie-Studentin aus Harburg: „Glaube am wichtigsten“

1. „Es geht nicht darum, nur auf Essen und Trinken zu verzichten, sondern auch seinen inneren Schweinehund zu besiegen und nicht verschwenderisch zu sein. Viele Menschen haben keine geregelten Mahlzeiten. Es geht darum, das zu schätzen, was man hat, Gutes zu tun und stets dankbar zu sein.“

2. „Mein Glaube ist ein Zufluchtsort. Aber auch ein Ort, an dem ich glücklich sein kann. Gerade in Corona-Zeiten fühlt man sich oft einsam. Durch meinen Glauben fühle ich mich geborgen, beschützt. Der Glaube ist mir das Wichtigste im Leben.“

3. „Das hat uns alle sehr getroffen. Es war sehr schade. Ramadan ist auch eine Zeit, in der man viel teilen und spenden sollte. Dass man nicht zusammen an einem Tisch sitzen konnte, war sehr bedauerlich. Aber die Gesundheit der Menschheit geht vor. Ich hoffe, nächstes Jahr ist es wieder anders.“

Elif ist 18, studiert Psychologie und kommt aus Harburg: „Der Glaube ist für mich das Wichtigste im Leben.“

Elif ist 18, studiert Psychologie und kommt aus Harburg: „Der Glaube ist für mich das Wichtigste im Leben.“

Foto:

Marius Röer

Kamile, 28, Lehramts-Studentin und gelernte Schifffahrtskauffrau aus Winterhude: „Ramadan verschafft mir innere Ruhe“

1. „Ich sehe Fasten als Pflicht. Wenn ich an Tagen mal nicht fasten konnte, hatte ich das Gefühl: Da fehlt mir was. An Ramadan wurde der Koran auf die Erde gesandt. Ein heiliger Monat. Das Fasten ist eine Erziehung für meinen Körper. Es gibt mir ein Gemeinschaftsgefühl und stärkt meinen Glauben.“

2. „Der Glaube bedeutet für mich Disziplin und Stabilität. Er verschafft mir innere Ruhe.“

3. „In meinem Bekanntenkreis haben wir viel über die Einschränkungen für diesen Ramadan gesprochen und uns virtuell getroffen. Das hat mich aber nicht erfüllt. Vor der Kamera gemeinsam zu essen – das hat für mich keine Wirkung. Wir haben dann manchmal zusammen vor dem Fastenbrechen zusammen gekocht, jeder hat sich dann was mit nach Hause genommen. Es ist nicht der gleiche Effekt. Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Für Kamile (28) bedeutet der Ramadan Disziplin und Stabilität.

Für Kamile (28) bedeutet der Ramadan Disziplin und Stabilität.

Foto:

Marius Röer

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