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  • Foto: Florian Quandt

Zoff um gestartete Klausuren: „Ich mache wegen Corona ein schlechteres Abi“

Unter strengsten Regelungen sind Hamburgs angehende Abiturienten gestern in die schriftlichen Prüfungen gestartet: Rund 2300 Schüler werden ihre Klausuren auf den Hamburger Gymnasien und Stadtteilschulen schreiben. Dieses Jahr ist alles anders: Die Prüfungen wurden aufgrund der Coronakrise um fünf Tage nach hinten verschoben und der Ablauf erfolgt unter Abstands- und Hygieneregeln. Jetzt haben sich betroffene Abiturienten dazu geäußert, wie es ist in Corona-Zeiten Abschlussprüfungen zu schreiben. 

Es gibt klare Vorschriften: Während der Prüfungen dürfen höchstens zehn Schüler in einem  Klassenraum zusammensitzen. Schüler mit Vorerkrankungen schreiben die Klausuren auf Antrag in einem eigenen Raum. Mutmaßlich infizierte Schüler dürfen nicht an den Prüfungen teilnehmen – auch ohne Symptome. Lehrer, die zur Risikogruppe gehören sollen nach Möglichkeit nicht eingesetzt werden. Diese Maßnahmen sollen Lehrer und Schüler schützen – doch reichen sie aus?

Hamburg: So läuft das Abi in Corona-Zeiten

Viele kritisieren die Regelungen der diesjährigen Abiprüfungen. „Schülerinnen und Schüler stehen  unter einem enormen psychischen Druck und haben  unterschiedliche Lernbedingungen. Damit ist eine gerechte Form der Prüfungsabnahme nicht gegeben. Die Abiturprüfungen machen nur etwa ein Drittel der Abschlussnote aus. Es wäre unproblematisch, aus den bisherigen Leistungen eine Abschlussnote zu ermitteln“, sagt Frederik Dehnerdt, Sprecher der Bildungsgewerkschaft für Hamburg, der MOPO.

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Eltern und Lehrer plagt zudem die Sorge, dass die Prüfungen zu Ansteckungen mit dem Coronavirus führen könnten – viele hätten sich eine Maskenpflicht gewünscht. In der  „Welt“  bemängelt eine Lehrerin, dass die Schulbehörde keine Masken für Lehrkräfte und Prüflinge bereitstellt und dass es auch keine Pflicht gibt, solche zu tragen. „Da fällt mir  nichts mehr dazu ein, außer, dass ich Angst um die eigene Gesundheit habe.“

Rissen: Abiturientin will Prüfungen schreiben

Auch Schüler wehrten sich: Die Abiturienten der Stadtteilschule Rissen haben in einem offenen Brief mit dem Boykott der schriftlichen Abitur-Prüfungen gedroht. „Es ist in der momentanen Situation grob fahrlässig, Abiturprüfungen abzuhalten, da wir damit das Risiko eingehen, die Erfolge in der Pandemiebekämpfung zu revidieren und die Situation noch zu verschlimmern“, schreiben die Verfasser des Briefs, der an Bürgermeister Peter Tschentscher und Schulsenator Ties Rabe geschickt wurde.

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Gegenwind kommt aus den eigenen Reihen: Die Abiturientin Zeenat Sohaib schrieb der MOPO: „Ich will meine Prüfungen schreiben.“ Sie beschwert sich darüber, dass der Ursprungstext ohne Einwilligung aller Abiturienten abgeschickt wurde. „Mir ist bewusst, dass Covid-19 eine gefährliche Krankheit ist. Deshalb werden ja nötige Maßnahmen getroffen.“ Doch ob der geforderte Schutz an allen Schulen gleichermaßen gewährleistet werden kann, ist fraglich.

Abi in Corona-Zeiten: Das sagen die Schüler

Faris (17) hält es für unmöglich, dass bei den Prüfungen alle vollumfänglich geschützt werden können.

Faris (17) hält einen kompletten Schutz beim Abi-tur für nicht möglich.

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Marina Höfker

Schüler, die heute ihre erste Prüfung absolviert haben, zeigen sich geteilter Meinung zum Ablauf des diesjährigen Abiturs. Faris geht am Gymnasium Alstertal in Fuhlsbüttel zur Schule und fand die getroffenen Vorkehrungen zwar angemessen, sieht aber dennoch eine nicht vermeidbare Ansteckungsgefahr. „Es ist unmöglich, uns vollständig zu schützen – wir fassen beispielsweise alle dieselben Türklinken an. Man hat uns so gut geschützt, wie es eben möglich war“, so der 17-Jährige zur MOPO.  

Greta (17) hat sich durch die getroffenen Maßnahmen bei ihrer Abiprüfung gut geschützt gefühlt.

Greta (17) hat sich durch die getroffenen Maßnahmen bei ihrer Abiprüfung gut geschützt gefühlt. 

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Marina Höfker

Greta geht auf dieselbe Schule. Sie erzählt nach der Klausur davon, dass sie die Prüfungssituation als relativ normal empfunden hat und sich ausreichend geschützt fühlte. „Ich fand es vollkommen in Ordnung, wie das bei uns geregelt wurde und habe es mir ehrlich gesagt schlimmer vorgestellt“, sagt die 17-Jährige.

Melissa (19) würde eine Anhebung der Abi-Note begrüßen.

Melissa (19) würde eine Anhebung der Abi-Note begrüßen. 

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Florian Quandt

Für Melissa von der Max-Brauer-Schule in Altona war vor allem die Situation daheim eine Herausforderung: „Zu Hause ist einfach nicht das perfekte Umfeld zum Lernen. Außerdem hatten wir ja auf Grund von Corona die gleichen Sorgen und Nöte wie alle anderen, plus den Abitur-Stress. Die Situation ist einfach ungerecht im Vergleich zu den vorigen und kommenden Abi-Jahrgängen. Deswegen fände ich eine Anhebung der Abi-Note fair“, so die 19-Jährige.

Jon (19) denkt, dass er durch die Corona-Situation erschwerte Bedingungen für die Klausuren hatte.

Jon (19) denkt, dass er durch die Corona-Situation erschwerte Bedingungen für die Klausuren hatte. 

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Florian Quandt

Auch Jon hatte Schwierigkeiten, sich zu Hause zu konzentrieren. „Ich hatte definitiv Probleme. Zu Hause zu lernen ist so gar nichts für mich, weil ich mich schnell ablenke. Ich glaube schon, dass ich durch die Corona-Situation ein schlechteres Abitur machen werde. Sorge, mich bei der Prüfung anzustecken, hatte ich allerdings nicht – die Gefahr war nicht größer als beim Einkaufen“, erzählt der Abiturient der Max-Brauer-Schule.

Vincent (18) hat vor allem verunsichert, dass er nicht wusste, ob das Abitur in diesem Jahr überhaupt stattfinden würde.

Vincent (18) war unsicher, ob das Abi überhaupt stattfinden würde. 

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Florian Quandt

Für Vincent, der auf dieselbe Schule geht, war die Ungewissheit das größte Problem: „Die Vorbereitung von zu Hause ist mir nicht so schwer gefallen wie anderen, weil ich viel Ruhe hatte. Viel schlimmer fand ich die Ungewissheit, ob, wann und wie das Abi überhaupt stattfindet. Dazu kam die zwischenzeitliche Doppelbelastung durch den Abschluss des Halbjahres. Ich glaube aber nicht, dass sich die Krise auf meine berufliche Zukunft auswirkt.“ 

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