Wussten Sie, dass in Planten un Blomen mal Elefanten, Löwen und Giraffen lebten?
Das wissen selbst viele alteingesessene Hamburger nicht: Dort, wo sich heute die Parkanlage „Planten un Blomen“ befindet, lebten einst Elefanten, Büffel, Antilopen und Strauße. Lange bevor „Hagenbecks Tierpark“ gegründet wurde, eröffnete am 17. Mai 1863, also vor 160 Jahren, mitten in Hamburg der fünfte Zoo Deutschlands – auf einem ehemaligen Pestfriedhof. Wie es dazu kam, wie lange dieser Zoo existierte – das lesen Sie hier. Und seltene Fotos davon präsentiert die MOPO außerdem.
Das wissen selbst viele alteingesessene Hamburger nicht: Dort, wo sich heute die Parkanlage Planten un Blomen befindet, lebten einst Elefanten, Büffel, Antilopen und Strauße. Lange bevor Hagenbecks Tierpark gegründet wurde, eröffnete am 17. Mai 1863, also vor 160 Jahren, mitten in Hamburg der fünfte Zoo Deutschlands – auf einem ehemaligen Pestfriedhof. Als Gründungsdirektor konnte die Stadt einen ziemlich namhaften Mann gewinnen: Alfred Brehm, dessen Buch „Brehms Tierleben“ in der Zoologie bis heute als Standardwerk gilt.
Mitte des 19. Jahrhunderts kennt der durchschnittliche Hamburger so gut wie nichts von der weiten Welt. Wer die Gelegenheit bekommt, mal bis nach Hannover oder Flensburg zu reisen, ist schon vergleichsweise weit herumgekommen. Deshalb muss es für die Menschen eine Sensation gewesen sein, als es mit einem Mal exotische Tiere zu bestaunen gibt: Solche Lebewesen haben die Leute damals bestenfalls in Büchern gesehen.
Hamburg ist die fünfte deutsche Stadt, die einen Zoo bekommt

Vier deutsche Städte verfügen 1860 bereits über einen eigenen Zoo: Berlin, Frankfurt, Köln und Dresden. Nun will auch Hamburg nicht länger zurückstehen. Senator Ernst Merck und der Biologielehrer Karl August Möbius, der damals am Johanneum lehrt und sich später einen Namen macht als Zoologe, geben den Anstoß zur Gründung einer Zoologischen Gesellschaft. In Heinrich Föhring, einem fortschrittlichen Bürgerschaftsabgeordneten, und dem Fabrikanten, Meereskundler und Politiker Heinrich Adolph Meyer finden sie engagierte Mitstreiter. Ziel der Zoo-Gründer ist es, eine Anlage zu schaffen, die sämtlichen Schichten der Bevölkerung offensteht und einen „heilsamen Einfluss auf den allgemeinen Bildungsstand“ hat.
- MOPO-Archiv Elefant „Anton“ hebt den Rüssel und stößt lautes Gebrüll aus. Eine Postkarte aus dem Jahr 1905.
Elefant „Anton“ hebt den Rüssel und stößt lautes Gebrüll aus. Eine Postkarte aus dem Jahr 1905. - MOPO-Archiv Das Nilpferd „Bahit“ war lange das Maskottchen des Zoologischen Gartens Hamburg.
Das Nilpferd „Bahit“ war lange das Maskottchen des Zoologischen Gartens Hamburg. - MOPO-Archiv Die Kinder bestaunen den Teil mit dem Wasserfall. Eine alte Ansichtskarte aus dem Jahr 1903
Die Kinder bestaunen den Teil mit dem Wasserfall. Eine alte Ansichtskarte aus dem Jahr 1903 - MOPO-Archiv Das Affenhaus im Hamburger Zoologischen Garten. Eine Postkarte aus dem Jahr 1903.
Das Affenhaus im Hamburger Zoologischen Garten. Eine Postkarte aus dem Jahr 1903. - Hamann/MKG Das „Neue Straußenhaus“ im Zoologischen Garten
Das „Neue Straußenhaus“ im Zoologischen Garten - Hamann/MKG Vor allem der Bildung sollte der Zoologische Garten dienen. Hier ist eine Schulklasse zu sehen, die sich vor dem Affenhaus versammelt.
Vor allem der Bildung sollte der Zoologische Garten dienen. Hier ist eine Schulklasse zu sehen, die sich vor dem Affenhaus versammelt. - Hamann/MKG Das Stelzvogelhaus. Im Teich stehen Flamingos und genießen die Sonne.
Das Stelzvogelhaus. Im Teich stehen Flamingos und genießen die Sonne. - MOPO-Archiv Die Kinder betrachten staunend den Wasserfall.
Die Kinder betrachten staunend den Wasserfall. - MOPO-Archiv Zwei Besucher betrachten ein Kamel. Eine kolorierte Aufnahme aus dem Jahr 1906
Zwei Besucher betrachten ein Kamel. Eine kolorierte Aufnahme aus dem Jahr 1906 - MOPO-Archiv Eine der Hauptattraktionen des Zoos: ein Löwe
Eine der Hauptattraktionen des Zoos: ein Löwe - MOPO-Archiv Postkarte vom Besuch im Zoologischen Garten: Ein Wärter zusammen mit Elefanten-Kuh und Elefanten-Kind. Aufnahme aus dem Jahr 1903
Postkarte vom Besuch im Zoologischen Garten: Ein Wärter zusammen mit Elefanten-Kuh und Elefanten-Kind. Aufnahme aus dem Jahr 1903
Ein geeignetes Gelände ist schnell gefunden: ein 14 Hektar großes Areal vor dem Dammtor, das bis 1830 Teil eines großen Pestfriedhofs war und nun brachliegt. Der Senat überlässt das Grundstück dem Zoologischen Garten zunächst für fünfzig Jahre kostenfrei. Den Pestberg, unter dem nach wie vor Seuchenopfer ruhen, funktionieren die Landschaftsarchitekten kurzerhand um – zum Kletterparadies für Gämsen. Ein Friedhof wird also in die Serengeti der Hansestadt verwandelt.

Bereits 1862, ein Jahr vor der Eröffnung, wird Alfred Brehm aus Leipzig nach Hamburg geholt, um die Leitung des Zoos zu übernehmen. Brehm – schon damals ein berühmter Mann – hat eine Bedingung gestellt für seinen Wechsel in die Hansestadt: dass er weiter Zeit findet, seiner publizistischen Tätigkeit nachzugehen. Brehm schafft den Spagat: Einerseits wächst der Artenreichtum des Zoos unter seiner Führung rasch an. Andererseits vollendet er sein Werk „Illustrirtes Thierleben“, das später als „Brehms Tierleben“ für Furore sorgt.
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Das Interesse an dem neuen Zoo ist groß: In den ersten sechs Monaten werden bereits 225.000 Besucher gezählt – das sind mehr, als Hamburg damals Einwohner hat. Erwachsene zahlen zwölf Schillinge Eintritt, Kinder sechs, Fabrikarbeiter zwei. Publikumsrenner sind der Raubvogelkäfig, der Bärenzwinger und natürlich das Meerwasseraquarium – es ist das erste überhaupt auf deutschem Boden.
Als Hagenbeck seinen Tierpark eröffnet, bekommt der Zoo mächtig Konkurrenz

Unter Brehms Leitung wächst die artenreiche Tiersammlung rasch an. Als Zwischenstation im aufblühenden Tierhandel bietet der Hamburger Zoo in den Anfangsjahren einen häufig wechselnden Tierbestand. Zwischen dem Verwaltungsrat und Brehm kommt es immer wieder zu Reibereien, was dazu führt, dass die Kompetenzen des Zoodirektors beschnitten werden. Daraufhin kündigt Brehm zum Mai 1867. Weil aber der Konflikt in die Öffentlichkeit getragen wird, muss Brehm schon am 23. November 1866 seinen Posten mit sofortiger Wirkung räumen.
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Einige Jahrzehnte erfreut der Zoologische Garten die Hamburger. Aber als 1907 Carl Hagenbeck seinen neuen und deutlich fortschrittlicheren Tierpark in Stellingen eröffnet, macht das dem chronisch unterfinanzierten Zoo das Leben zusätzlich schwer. Die Zahl der Besucher nimmt von da an stetig ab.
Des Amtes müde lässt sich Heinrich Bolau, der seit 1875 die Leitung hat, in den Ruhestand versetzen. Der afrikaerfahrene Zoologe Julius Vosseler tritt 1909 kein leichtes Erbe an, aber es geling ihm, einen erlesenen Tierbestand aufzubauen und den Tieren in schwierigen Zeiten eine tadellose Pflege angedeihen zu lassen.
1930 muss der Zoo schließen – später entsteht dort Planten un Blomen
Als die Zoologische Gesellschaft Hamburg darüber nachdenkt, den Zoo aufzugeben, lässt sich der verdiente Direktor 1927 in den Ruhestand versetzen. Der Zoologische Garten schließt daraufhin 1930 seine Pforten endgültig. Ein Teil des Geländes wird in einen Rummelplatz mit Jahrmarktsbetrieb umgewandelt, der „Volkspark“ genannt wird. Daneben entsteht ein Vogelpark, der allerdings schon nach eineinhalb Jahren wieder liquidiert wird.

In den Jahren 1934 und 1935 gestaltet der Gartenarchitekt Karl Plomin das Areal für die Niederdeutsche Gartenschau um. An dieser Stelle befindet sich seitdem Planten un Blomen, eine etwa 47 Hektar große Parkanlage. Daran, dass hier einmal ein Zoo war, erinnert bis heute die Tiergartenstraße. Auf dem Parksee, auf dem früher exotische Wasservögel lebten, gibt es heute im Sommer Wasserlichtkonzerte.
Übrigens: Schon 20 Jahre, bevor der Zoologische Garten in den Wallanlagen gegründet wurde, gab es einen Tierpark in Hamburg, wenn auch nur für kurze Zeit. Dort, wo er sich befand, stehen heute Wohnhäuser und ein Supermarkt, außerdem wird das einst zwei Hektar große Areal an der Horner Landstraße, Ecke Horner Brückenstraße von der Bundesstraße 5 geteilt.
Hamburgs allererster Zoo wurde 1841 eröffnet und befand sich in Horn
Gründer dieses ersten Hamburger Tierparks war ein gewisser Schadel Heinrich Berg, angeblich ein Russe. Es handelte sich um einen sogenannten Menageristen, wie es sie damals zahlreich gab: Als Schausteller zog er übers Land, blieb mal hier ein paar Tage, mal dort und kassierte Geld dafür, dass sich die Bürger die wilden Tiere ansahen, die er in mobilen Käfigen mit sich führte.

Vermutet wird, dass Berg auf seiner Wanderschaft auch durch Wien kam, wo es bereits seit dem 18. Jahrhundert einen Zoologischen Garten gab. Möglicherweise träumte er seither davon, etwas Ähnliches zu schaffen. 1841 kam er nach Hamburg, ließ sich in Horn nieder, damals ein Dorf am Stadtrand, in dem sich reiche Kaufleute Landhäuser mit ausgedehnten Gartenanlagen bauen ließen. Ein beliebtes Ausflugslokal lockte die Menschen von nah und fern an: Es hieß „Zum letzten Heller“.
Berg übernahm dieses Lokal und verwirklichte im großen Garten hinter dem Haus seinen Traum vom Tierpark: Am Pfingstsonntag 1841, dem Eröffnungstag, strömten die Menschen in Kutschen und per Pferdeomnibus in Scharen herbei, um Panther, Hyänen, Wölfe, Bären, Affen, Lamas, Kängurus, Kasuare und Murmeltiere zu sehen. Insgesamt 65 Tierarten gab es. Die Besucher zahlten acht Schilling Eintritt. Dafür bekamen sie einen 16-seitigen gedruckten Führer in die Hand, der ihnen half, sich zurechtzufinden.
Lange existierte Bergs Tiergarten nicht. 1842 kam es in Hamburg zum „Großen Brand“, der weite Teile der Stadt vernichtete. Immer weniger Bürger hatten jetzt noch Lust, einen Tierpark zu besuchen. Und manchem wird auch das Geld gefehlt haben. So ging Bergs Unternehmung pleite. 1845 musste er den Tierpark schließen. Noch ein paar Jahre betrieb er die Gaststätte weiter, bevor er enttäuscht in seine russische Heimat zurückkehrte.