Im Szeneviertel: Eigentümer plant teure Mikro-Apartments – Anwohner auf Zinne
Am Grindelhof in Rotherbaum rumort es gewaltig: Der neue Eigentümer plant nicht nur, das Haus Nummer 87 zu sanieren und Wohnungen zusammenzulegen, sondern im angrenzenden Hinterhof 19 Townhouses zu errichten. Die Bewohner sind auf Zinne – sie fühlen sich übergangen und kämpfen erbittert um ihr Zuhause.
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Am Grindelhof in Rotherbaum rumort es gewaltig: Der neue Eigentümer plant nicht nur, das Haus Nummer 87 zu sanieren und Wohnungen zusammenzulegen, sondern im angrenzenden Hinterhof 19 Townhouses zu errichten. Die Bewohner sind auf Zinne – sie fühlen sich übergangen und kämpfen erbittert um ihr Zuhause.
Direkt hinter dem 50er-Jahre Bau der Nummer 87 befindet sich eine, wie es die Mieter des Grindelhofs beschreiben, „Hinterhofidylle.“ Rechts und links stehen die denkmalgeschützten Bauten Nummer 83 und Nummer 89. Dazwischen liegt eine fast 18 Meter breite und 3000 Quadratmeter große Rasenfläche, auf der ein Trampolin steht.
Rotherbaum: Hier sollen 19 Townhouses entstehen
„Das macht hier das soziale Flair aus“, sagt Malte Eiben, Anwohner und Mitglied der Bürgerinitiative „Wundervolles Grindel“ und deutet auf den Platz. Währenddessen springen die achtjährige Luisa und ihre Freundin Charly vergnügt auf dem Trampolin hin und her.
Geht es nach dem neuen Eigentümer, der Anima Projektentwicklungsgesellschaft mbH, ist damit bald Schluss: 19 Townhouses in neun Bauten sollen auf dem Rasen künftig errichtet werden. Es wirkt wie ein Déjà-Vu: Bereits 2015 wollte der damalige Eigentümer zehn Stadthäuser genau dort errichten, scheiterte allerdings. Jetzt geht das Ganze wieder von vorne los – bei Anima herrscht trotzdem optimistische Stimmung.
„Weil unser Konzept deutlich weniger Baumasse vorsieht als die früheren, sehen wir für eine Baugenehmigung rechtlich keinerlei Schwierigkeiten“, sagte Geschäftsführer Mark Maurin zur MOPO. „Hamburgs Ziel ist die Schaffung von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Ohne Nachverdichtung in Wohngebieten in Rotherbaum ist dieses Ziel nicht zu erreichen.“
Grindelhof: Wohnungen sollen zu Apartments werden
Empörung bei den Anwohnern: „Hier geht es nur um Profit und nicht um mehr bezahlbaren Wohnraum“, sagt Eiben wütend. „Wo kann man in Hamburg noch so citynah, aber im Grünen wohnen? Wir können angesichts des Klimaschutzes nicht alles zubetonieren.“
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Das zweite Projekt betrifft das Gebäude der Nummer 87. Vor ein paar Wochen fanden alle 70 Mietparteien die Bitte in ihrem Briefkasten, das „angekündigte Gespräch bezüglich Ihres Mietverhältnisses“ mit der Hausverwaltung zu führen.
Die aktuellen Wohnungen dort sind nicht größer als 15 Quadratmeter, ihr Zustand teilweise katastrophal. Eine Sanierung ist absolut notwendig, aber warum müssen die teilweise langjährigen Bewohner deswegen weichen? „Im Zuge des Projekts sollen die Wohneinheiten teilweise entmietet […] werden“, heißt es auf der dazugehörigen Projekt-Website. Dort entstehen sollen Mikroapartments „für Singles, Studenten und Alleinstehende.“
Apartments im Grindelhof: Mieter erhalten Brief
Währenddessen betont Maurin gegenüber der MOPO, dass niemandem gekündigt werde. Allerdings seien die Bauarbeiten langwierig und „werden mit sehr viel Lärm und Schmutz verbunden sein.“ Bereits ein Dutzend Mieter habe sich für einen Auszug entschieden.
Mikey Kleinert von den Eimsbütteler Linken zweifelt die Freiwilligkeit allerdings deutlich an, mehrere Mieter hatten sich nach den Gesprächen hilfesuchend an seine Partei gewandt. „Nach außen hin vertritt der Projektentwickler, dass alle bleiben können. Wir haben aber den Eindruck, dass sie entweder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollen oder es wird ihnen gekündigt.“
Apartments und Townhouses für 45 Millionen Euro
Ein Mieter, der lieber anonym bleiben möchte, erzählt der MOPO von seinen bisherigen Gesprächen, die er als nicht zielführend erachtet. „Mir wurden vage Angebote für neue Wohnungen gemacht, aber nichts Konkretes.“ Rolf Bosse vom Mieterverein zu Hamburg appelliert an alle Bewohner eindringlich, nicht unter Druck irgendwelche Aufhebungsvereinbarungen zu unterschreiben. „Die Mietverträge sind weiterhin gültig.“
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Finanziert werden die beiden 45 Millionen Euro schweren Projekte übrigens teilweise per Crowdfunding. Laut Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, bei privaten Bauprojekten oft eine Möglichkeit, in kurzer Zeit hohe Gewinne zu erzielen. Die erforderlichen 3,5 Millionen für die Townhouses und die 2,6 Millionen für die Apartments wurden bereits erfolgreich gesammelt.
„Wir wollen Menschen ohne großes Kapital die Chance geben, in ein Wohnprojekt zu investieren“, sagt Maurin. Dabei liegt für die Townhouses noch nicht einmal ein Bauantrag beim Eimsbütteler Bezirksamt vor. Die Initiative hat jedenfalls nicht vor, klein beizugeben – und für ihre „Hinterhofidylle“ zu kämpfen.