Neubau bricht ein: „Keine guten Zeiten für Hamburgs Mieter“
Die Stadt hat ihr Wohnungsbauziel im vergangenen Jahr massiv verfehlt. Das zeigen aktuelle Zahlen des Statistikamts Nord. Für Kenner der Baubranche ist dieser Einsturz wenig überraschend – ihre Prognose klingt düster, gerade was die Folgen für Mieter angeht. Die Stadtentwicklungssenatorin spricht trotzdem von einem „schönen Erfolg“.
Eigentlich hatte sich der Senat den Bau von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr als Zielmarke gesetzt. Aber: Gerade mal 7461 neue Wohnungen wurden 2021 laut des Statistikamts Nord fertiggestellt. Das sind exakt 3808 Wohnungen weniger als 2020. Was Opposition, Mieterverein und Bauunternehmen vom Einbruch der Zahlen halten, lesen Sie mit MOPO+ – jetzt vier Wochen lang für 0,99€ testen!
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Die Stadt hat ihr Wohnungsbauziel im vergangenen Jahr massiv verfehlt. Das zeigen aktuelle Zahlen des Statistikamts Nord. Für Kenner der Baubranche ist dieser Einsturz wenig überraschend – ihre Prognose klingt düster, gerade was die Folgen für Mieter angeht. Die Stadtentwicklungssenatorin spricht trotzdem von einem „schönen Erfolg“.
Eigentlich hatte sich der Senat den Bau von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr als Zielmarke gesetzt. Aber: Gerade mal 7461 neue Wohnungen wurden 2021 laut des Statistikamts Nord fertiggestellt. Das sind exakt 3808 Wohnungen weniger als 2020.
Deutlich weniger Neubauten in Hamburg
Auch der Anteil an fertiggestellten Sozialwohnungen sank im Vergleich zum Vorjahr. Lag er 2020 noch bei rund 31 Prozent, sank er 2021 auf rund 25 Prozent. Die Zahl der Baugenehmigungen ist um 2,8 Prozent gesunken.
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) fand trotzdem lobende Worte. Rund 7500 neue Wohnungen wären „ein stattliches Ergebnis und ein schöner Erfolg“. Viele Investoren und Bauherren seien aber auch von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Wohnungsbau „verunsichert“.
Explodierende Baupreise und Grundstückskosten
„Neben der schwierigen wirtschaftlichen Lage seit Beginn der Pandemie und den gleichzeitig stark gestiegenen Grundstückspreisen spielen dabei vor allem die Ressourcenknappheit in vielen Bereichen und infolge dessen die teils extrem gestiegenen Preise für Baumaterial eine Rolle“, so Stapelfeld.
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Zu intensivem Wohnungsbau sehe sie gerade angesichts der allgemeinen Lage auf dem Wohnungsmarkt keine Alternative. Konkrete Lösungsansätze nannte sie vorerst nicht.
Bauexperten: Entwicklung war absehbar
Vorschläge gab es am Montag hingegen aus der Baubranche. „Die Zahlen sind dramatisch, kommen aber nicht überraschend“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW).
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„Die Corona-Pandemie hat Lieferketten beeinträchtigt und auf den Baustellen für komplizierte Bedingungen gesorgt. Dass weniger Wohnungen fertiggestellt wurden, ist die logische Folge.“ Allerdings habe sich der Rückgang der Fertigstellungszahlen bereits vor der Corona-Pandemie angedeutet und die Baukosten seien seit Jahren erheblich gestiegen.
Wohnungsunternehmer: „Keine weiteren Umweltauflagen“
Zudem gebe es kaum noch bezahlbare Grundstücke und die energetische Sanierung der Bestandsgebäude stehe bei vielen Bauherren im Fokus. „Hamburg ist gefordert, rasch eine höhere Förderung für den sozialen Wohnungsbau zu beschließen und die energetische Sanierung umfangreicher als bislang zu unterstützen“, so Breitner. „Zudem sollten keine weiteren Umweltauflagen erlassen werden, weil diese das Bauen und das Wohnen noch teurer machen.“
Warnung vor Mondmieten
Schon in der vergangenen Woche hatte Breitner vor einem Einbruch des Wohnungsmarkts gewarnt. Das Bauen verteuere sich derzeit so stark, dass Neubauprojekte auf Eis gelegt oder später zu Mondmieten angeboten werden müssen.
„Das darf jetzt kein jahrelanger Abwärtstrend werden, sondern muss ein einmaliger Ausrutscher bleiben!“, kommentierte Rolf Bosse, Vorsitzender des „Mietervereins zu Hamburg“. Der Wohnungsmarkt sei trotz der bisherigen Wohnungspolitik des Senats sehr stark angespannt. „Die Durchschnittsmieten sind extrem gestiegen, die Neuvertragsmieten auf Rekordniveau und der Neubau stockt: keine guten Zeiten für Mieter.“
Heftige Kritik aus der Hamburger Opposition
Aus der Opposition gab es ebenfalls Kritik: „Der Senat muss selbst über die SAGA und andere öffentliche Unternehmen mehr günstige Wohnungen bauen. Die knappen städtischen Flächen in Hamburg dürfen nicht mehr für dauerhaft teuren Wohnungsbau verschwendet werden“, sagte Heike Sudmanm Wohnungsbauexpertin der Linksfraktion.
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„Das ist wahrlich kein Grund zum Jubeln, selbst wenn man die schwierigen Rahmenbedingungen als mildernde Umstände durchgehen lässt“, sagte die stellvertretende FDP-Landeschefin Katarina Blume.
Anke Frieling, Stadtentwicklungsexpertin der CDU-Fraktion, sagte: „Der Senat hat keine schlüssige Begründung für die Verfehlung der selbstgesteckten Ziele. Diese müsse man jetzt evaluieren. Corona kann nicht für alles herhalten und 2021 gab es auch noch keinen Ukraine-Krieg.“