Extremer Einbruch: Warum in Hamburg kaum noch Sozialwohnungen gebaut werden
Es ist eine erschreckende Zahl: Gerade einmal 19 Sozialwohnungen wurden im ersten Halbjahr 2022 in Hamburg genehmigt. Dabei liegt das selbstgesteckte Jahresziel des Senats bei 3000. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Behörde von Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) diese Vorgabe krachend verfehlt. Dazu kommt, dass der dringende Bedarf an bezahlbarem Wohnraum so hoch ist wie nie zuvor. Wie soll das noch zu schaffen sein? Die Senatorin bleibt jedenfalls entspannt.
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Es ist eine erschreckende Zahl: Gerade einmal 19 Sozialwohnungen wurden im ersten Halbjahr 2022 in Hamburg genehmigt. Dabei liegt das selbstgesteckte Jahresziel des Senats bei 3000. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Behörde von Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) diese Vorgabe krachend verfehlt. Dazu kommt, dass der dringende Bedarf an bezahlbarem Wohnraum so hoch ist wie nie zuvor. Wie soll das noch zu schaffen sein? Die Senatorin bleibt jedenfalls entspannt.
19 geförderte Wohnungen, oder umgerechnet 0,63 Prozent des eigentlichen Ziels: Das verkündete die SPD-Politikerin am Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft. Doch das habe, wie sie auf MOPO-Nachfrage erklärte, keinerlei Signifikanz für das tatsächliche Jahresendergebnis. Zunächst hatte der NDR berichtet.
Hamburg: Bisher nur 19 geförderte Wohnungen in 2022
„Aufgrund des notwendigen Prozesses der Projektplanung, Antragstellung bei der Investitions- und Förderbank, Prüfung und Abstimmung zwischen der IFB und Bauherren, findet die weit überwiegende Zahl aller Bewilligungen immer erst im vierten Quartal statt“, sagt sie. „An dieser Zahl kann unsere Arbeit gemessen werden, nicht an dem Halbjahresbericht zum Haushalt.“
Trotzdem: So bitter sah es im vergangenen Jahr noch nicht aus – damals waren immerhin 171 Sozialwohnungen genehmigt. Das hochgesteckte Ziel von 3000 hatte die Behörde aber auch damals am Jahresende mit 1895 Stück weit verfehlt.
Für Stapelfeldt liegen die Gründe dafür auf der Hand: „Gestörte Lieferketten, mangelnde Rohstoffe, verdreifachte Zinsen, das Hin und Her bei der Energie-Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums und die gestiegenen Baukosten“, zählt sie auf.
Wohnen in Hamburg: Immer weniger Sozialwohnungen
Dabei wird günstiger Wohnraum in Hamburg dringender benötigt, als je zuvor. Um die 425.000 Haushalte sind derzeit berechtigt eine Sozialwohnung des 1. Förderwegs für 6,80 Euro pro Quadratmeter nettokalt oder des 2. Förderwegs für 8,90 Euro pro Quadratmeter zu bekommen. Der aktuelle Bestand beträgt allerdings gerade einmal 80.000. Dazu kommt: Jährlich fallen rund 3000 Sozialwohnungen aus der Preisbindung. Das bedeutet, die Eigentümer können die Mieten dann wieder erhöhen.
„Das ist eine weitere Bankrotterklärung dieser Senatorin“, kritisiert Heike Sudmann, Wohnungsexpertin der Hamburger Linken scharf. „Dieser dramatische Einbruch bei den geförderten Wohnungen ist der Behörde seit mindestens zwei Monaten bekannt. Wieso schrillen da nicht sämtliche Alarmglocken und werden mit Hochdruck Pläne erarbeitet, wie die dringend benötigten Wohnungen realisiert werden können?“ Stapelfeldt müsse das gesamte Fachwissen in ihrer Behörde, der Investitions- und Förderbank und der Finanzbehörde zur Ausweitung der Fördermöglichkeiten nutzen.
Die SPD-Politikerin betont wiederum, dass kein anderes Bundesland so viele geförderte Wohnungen pro 100.000 Einwohner vergebe, wie Hamburg. Zuletzt besserte der Senat zudem die oben genannte Preisbindung nach. Anstatt 20 Jahre müssen Vermieter ihre Sozialwohnungen jetzt 30 Jahre lang zu den günstigen Preisen vermieten.
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An dem Bündnis für das Wohnen, das 10.000 neu genehmigte Wohnungen pro Jahr – darunter 3000 sozial gefördert – vorsieht, will Hamburg jedenfalls weiter festhalten. „Wir stellen weder die Planungen noch die Anstrengungen ein“, versichert Stapelfeldt. „Auch im Wissen darum, dass die Realisierung unter den genannten Rahmenbedingungen enorm erschwert ist.“ Etwas besser sieht es immerhin für die „normalen“ Wohnungen aus: 5600 sind für 2022 bereits genehmigt.