Überall in Hamburg wird Personal gesucht! Aber wo sind all die Fachkräfte hin?
In zig Schaufenstern Hamburger Läden hängen sie: Zettel mit der Aufschrift „Personal gesucht!“. Es ist ein Hilfeschrei der Gewerbetreibenden. Auffällig: Nach Lockdowns und Co. ist besonders das Gastgewerbe betroffen. Bars, Restaurants, Hotellerien und Co. sind in einer personellen Notlage. Aber wo sind die Leute hin? Die MOPO hörte sich um.
In zig Schaufenstern Hamburger Läden hängen sie: Zettel mit der Aufschrift „Personal gesucht!“. Es ist ein Hilfeschrei der Gewerbetreibenden. Auffällig: Nach Lockdowns und Co. ist besonders das Gastgewerbe betroffen. Bars, Restaurants, Hotellerien und Co. sind in einer personellen Notlage. Aber wo sind die Leute hin? Die MOPO hörte sich um.
„Arbeitnehmer aus dem Gastgewerbe, beispielsweise Gastronomie und Hotellerie, mussten sich in der Corona-Pandemie nach neuen Jobs umsehen, weil das Kurzarbeitergeld, was sich grob nach dem letzten Netto richtet, nicht zur Lebensführung ausreichte“, so Knut Böhrnsen, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Hamburg.
Hamburg: Personal aus dem Gastgewerbe ist qualifiziert für viele andere Branchen
„Gerade in den Dienstleistungsbereichen Gastronomie und Hotellerie arbeiten in der Regel gute, zuverlässige, dienstleistungsorientierte, kommunikative und auch fachlich versierte Kräfte, die durchaus in vielen anderen Branchen einen passenden Job bekommen haben“, erklärt Böhrnsen weiter.
Die Arbeitskräfte seien in folgenden Bereichen gelandet: Logistikbranche (Verkehr und Lager), unternehmensnahe Dienstleistungen (Vermietung, Beratung, Gesundheitsbereich), Einzelhandel mit Verkaufsberufen (zum Beispiel Bäckereien) oder im Erziehungsbereich. Und scheinen sich dort auch langfristig wohl zu fühlen – denn wenige kommen offenbar zurück ins Gastgewerbe.
Zwei junge Hamburgerinnen fanden ihre Passion in der Kosmetikbranche
Erschwerend kommt für die Gastronomie und Hotellerie hinzu, dass sich auch ohne die Belastungen der Pandemie Arbeitskräfte abgewendet haben. So wie Betül Darwich (28) aus Reinbek, die einen ganz anderen beruflichen Weg eingeschlagen hat. Die gelernte Köchin hat sich als Kosmetikerin selbstständig gemacht. Statt den Kochlöffel zu schwingen, leistet sie nun Präzisionsarbeit an der Pinzette. Unter anderen zupft sie Augenbrauen in ihrem Salon „Beluza“ im Eppendorfer Weg 281.
„Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass Kochen nicht das ist, was ich machen möchte“, so Darwich. Ihre Geschäftspartnerin schreibt eine ähnliche Geschichte. Lucie Santos Cardoso (30) aus Wilhelmsburg hat Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt auf Banken und Versicherungen und im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre in Lüneburg studiert, paukte Gesetze und Ökonomie und schrieb ihre Bachelor-Arbeit. Sie hätte als Wirtschaftsjuristin arbeiten können, wollte sie aber nicht.

In diesem Fall war jedoch nicht die Pandemie der Grund für eine Umschulung. „In der Wirtschaftsbranche gibt es so viele Männer und so wenig Frauen. Für Frauen ist es wahnsinnig schwer, sich dort durchzusetzen“, sagt Santos Cardoso. „Auch, wenn der Beruf wahrscheinlich sicherer wäre – ich hatte schon immer mehr Spaß am Schminken und Augenbrauen zupfen“, sagt sie.
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Gemeinsam wagten sie den Schritt in die Selbstständigkeit – in einer ganz anderen Branche, als zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn erwartet. Im Herbst vergangenen Jahres eröffneten sie ihren Laden. Auch wenn der Zeitpunkt riskant war, lief alles gut. Der Kundenstamm wächst, es kommt Geld rein – und bisher haben die beiden ihre Entscheidung nicht bereut. In ihre gelernten Jobs zurückzukehren, könnten sie sich aktuell nicht vorstellen.