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Wirbel um Senatorin : Kein Jura-Studium: „Justiz schlägt Hände überm Kopf zusammen“

Eine Justizsenatorin, die nicht Jura studiert hat: Die Personalie Anna Gallina (36, Grüne) war der Überraschungscoup im neuen Senat – und sorgt in großen Teilen der Justiz für Unverständnis. Otmar Kury, langjähriger Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer, fürchtet, dass fachliche Diskussionen auf Augenhöhe nicht möglich sein werden.

Anna Gallina, Vorsitzende der Hamburger Grünen, hat Politologie, Philosophie und Öffentliches Recht studiert – zum ersten Mal seit sechs Jahrzehnten wird die Hamburger Justizbehörde damit von einer Nicht-Juristin geleitet. Die Grünen erfüllen mit der erfahrenen Sozialpolitikerin die selbst gesetzte Frauenquote bei ihren Senatsposten, schicken zwei Männer und zwei Frauen.

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Otmar Kury, langjähriger Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer, hält Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) für unqualifiziert.

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RUEGA/ Ruediger Gaertner

In vielen Fachbereichen sind Quereinsteiger an der Behördenspitze üblich, der Bundesgesundheitsminister muss kein Arzt sein, die Verteidigungsministerin muss nicht gedient haben – warum also ist das Entsetzen im Bereich der Justiz so groß?

„Die Justizbehörde ist das einzige Ressort, in dem eine berufliche Qualifikation unabdingbar für die Behördenführung ist“, erklärt Otmar Kury im Gespräch mit der MOPO. Der Grund: „Von einer Justizsenatorin wird erwartet, dass sie eigene Gesetzgebungsvorhaben auf den Weg bringt. Das sind komplexe juristische Anforderungen, dazu ist eigener Sachverstand von Nöten. Da reichen keine Allgemeinplätze zum Rechtsstaat.“

Hamburgs Justiz, so Kury, schlage über die Quoten getriebene Personalentscheidung der Grünen „die Hände über dem Kopf zusammen.“ Die Ernennung sei eine „Respektlosigkeit gegenüber dem Rechtsstaat.“

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Anna Gallina und Katharina Fegebank (Grüne)

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picture alliance/dpa

Anna Gallina kontert in der „Welt“, sie werde die Justizbehörde als „erfahrene und leidenschaftliche Politikerin“ führen, lobt die „vielen klugen Köpfe und juristischen Profis“ im Haus.

An Hamburgs Gerichten sorgt der Hinweis der designierten Senatorin auf den Sachverstand ihrer Mitarbeiter nicht gerade für Respekt. Kury: „Der konfrontative Diskurs unter Wissenden wird fehlen.“ Man könne als Justizsenatorin nicht „alles delegieren und nur den Stempel drunter setzen.“

Was ebenfalls mit Unverständnis aufgenommen wird: Gallina wird Justizsenatorin, während die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung gegen sie ermittelt. Hintergrund ist die Anzeige von zwei ehemaligen Mitgliedern der Grünen-Fraktion im Bezirk Mitte, die sich zu Unrecht in die Nähe islamistischer Extremisten gerückt fühlten.

Kury: „Die Unschuldsvermutung kämpft selbstverständlich auch für Frau Gallina, dennoch ist es ein schlechtes Vorbild, sich während eines anhängigen Ermittlungsverfahren in den Senat wählen zu lassen.“

Rückendeckung für den neuen Job bekommt die Grünen-Chefin von der grünen Wissenschaftssenatorin und zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank: „Sie hat uns erfolgreich durch einen Programmprozess und den Wahlkampf gebracht. Und ich finde, dass jeder und jede im politischen Raum eine faire Chance verdient hat – auch sie. Ich bin davon überzeugt, dass sie das sehr gut machen wird.“ (ste)

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