„Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“: Linkes Bündnis zieht durch die City
„Hoch mit den Löhnen – runter mit den Preisen!“, der Sprechchor hallte am Samstagnachmittag durch die Hamburger City, begleitet von Trillerpfeifen und Musik aus den Lautsprechern. Der Tenor war eindeutig, die Teilnehmer des Protests dafür umso gemischter. Immerhin hatten rund 70 Gruppen und Gewerkschaften zu der Demonstration „Solidarisch aus der Krise – bezahlbares Leben für alle statt Profit für wenige“ aufgerufen. Sie sind sich einig: Die Reichen müssen zur Kasse gebeten werden.
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„Hoch mit den Löhnen – runter mit den Preisen!“, der Sprechchor hallte am Samstagnachmittag durch die Hamburger City, begleitet von Trillerpfeifen und Musik aus den Lautsprechern. Der Tenor war eindeutig, die Teilnehmer des Protests dafür umso gemischter. Immerhin hatten rund 70 Gruppen und Gewerkschaften zu der Demonstration „Solidarisch aus der Krise – bezahlbares Leben für alle statt Profit für wenige“ aufgerufen. Sie sind sich einig: Die Reichen müssen zur Kasse gebeten werden.
„Es kann doch nicht sein, dass die Reichen reicher werden und die Armen dafür immer mehr Probleme haben“, sagt der 19-jährige Matthias Meyer aus St. Pauli. Er hatte über Freunde im Vorfeld von der Kundgebung am Samstag erfahren. „Wir müssen uns als Gesellschaft gemeinsam überlegen, wie wir ein System aufbauen können, in dem nicht immer nur ein paar Millionäre bevorzugt werden, sondern alle profitieren.“
Demo in der Hamburger City will die Reichen zur Kasse bitten
Auffällig oft auf den Plakaten zu sehen: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). „Überreichtum gerecht besteuern“ stand daneben oder „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“. Ansonsten dominierten hauptsächlich Fahnen der einzelnen Gruppierungen das Demo-Bild, darunter das Bündnis gegen Rechts, die Gewerkschaft Verdi, der Sozialverband, der Hamburger Landesverband der Linken, Omas gegen Rechts, Mieter helfen Mietern und „Hamburg enteignet“.
Letztere versuchten nebenbei, unter den Teilnehmern Unterschriften zu sammeln. Seit 15. September strebt die Gruppe einen Volksentscheid über die Enteignung und Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen mit mehr als 500 Wohnungen an, wie es ihn auch in Berlin gab. „Die Mieten sind zu hoch, weil private Wohnungskonzerne die Not der Menschen ausnutzen“, sagte Marie Kleinert von der Initiative kürzlich.
Der Verfassungsschutz warnte allerdings, „Hamburg enteignet“ sei von Extremisten unterwandert. Die „größte und aktivste linksextremistische Gruppe ‚Interventionistische Linke Hamburg‘ sei ein bestimmender Faktor“. Dieser Gruppe gehe es gar nicht um Wohnraum, sondern um den „Ausbau eines nicht weiter ausgeführten kommunistischen Staates“, so die Verfassungsschützer.
Demo „Solidarisch aus der Krise“ mit 1600 Teilnehmern
Etwas verspätet ging es um kurz nach 13 Uhr mit den ersten Reden am Berliner Tor los. „Die Menschen können sich die Preise einfach nicht mehr leisten“, brachte Klaus Wicher, Vorsitzender des Hamburger Sozialverbandes, die Problematik auf den Punkt. „53 Euro auf die Grundsicherung reichen nicht aus. Eine Übergewinnsteuer ist mehr als überfällig.“ Zustimmendes Gejohle aus der Menge.
Die Menge, die sich anschließend über den Steindamm und Mönckebergstraße auf den Weg machte, bestand laut Polizei aus 1600 Teilnehmern. Die Veranstalter sprachen hingegen von 2500. Vorne, links und rechts vom Zug liefen die ganze Zeit über Beamte der Polizei mit, die Stimmung blieb bis zuletzt friedlich.
Bündnis „Solidarisch aus der Krise“ zieht durch Hamburg
„Wir kämpfen dafür, dass die Regeln für dieses Monopoly-Spiel radikal geändert werden“, sagt Sabine Ritter, Landessprecherin der Hamburger Linken. „Im Moment profitieren Konzerne und Superreiche von der Krise, während die Taschen der Normal-Verdiener und Armen immer leerer werden.“ So ähnlich sieht das auch Jonas (27) vom Hamburger Bündnis „Wer hat der gibt“. „Wie kann das sein, dass die einen verzichten müssen, während bei den anderen noch die Pools weiter beheizt werden und der Spitzensteuersatz unangetastet bleibt?“, sagt er zynisch.
Um kurz nach vier erreichten die Teilnehmer planmäßig ihr Ziel am Rathausmarkt, wo es noch eine Abschlusskundgebung gab. „Fakt ist: Die derzeitigen Programme und Einmalzahlungen der Bundesregierung reichen nicht aus“, sagt Lars Stubbe, Gewerkschaftssekretär bei Verdi und Sprecher des Aktionsbündnisses „Solidarisch aus der Krise“. Es brauche dauerhafte Lösungen.