Wir heiraten in einer Kneipe! Zu Besuch bei einer Kiez-Hochzeit
An einem Freitagabend ist die Davidstraße gut besucht: Partygänger ziehen entlang, Touristen blicken neugierig auf den Eingang der angrenzenden Herbertstraße. Mitten in diesem Schauspiel trifft sich vor einer Kneipe eine Gruppe Menschen, die man eigentlich woanders erwartet – eine Hochzeitsgesellschaft: Zu Besuch bei einer Kneipen-Trauung.
An einem Freitagabend ist die Davidstraße immer gut besucht: Partygänger ziehen entlang, Touristen blicken neugierig auf den Eingang der angrenzenden Herbertstraße. Mitten in diesem Schauspiel trifft sich vor einer Kneipe eine Gruppe Menschen, die man eigentlich woanders erwartet – eine Hochzeitsgesellschaft: Zu Besuch bei einer Kneipen-Trauung.
Die erste Träne fließt schon beim Vorgespräch. Das Brautpaar, Inessa (57) und Jan (37), hat sich mit der Pastorin Angelika Gogolin in den hinteren Teil der Kneipe „Zum Windjammer“ zurückgezogen, um letzte Fragen vor der feierlichen Zeremonie zu klären.
St. Pauli: Zu Besuch bei einer Kiez-Hochzeit
Die Gäste – es sind nur eine Handvoll – warten derweil mit einer Knolle Astra im urigen Schankraum: Segelschiffsmodelle stehen auf einer Ablage, die Wände sind mit zahllosen Polaroid-Bildern beklebt, Discokugeln hängen von der Decke. Da sind Jans Arbeitskollege Matthias und sein Partner Mario. Die beiden sind aus Berlin angereist. „Ich war neugierig auf diesen besonderen Ort“, sagt Matthias. Er und Mario wollen nächstes Jahr auch heiraten, allerdings nicht in einer Kneipe. Die Idee finden sie trotzdem nicht schlecht.

Angefangen habe alles mit der Gründung der Agentur St. Moments im Jahr 2021, erzählt Pressesprecherin Maia Nicklaus. St. Moments gehört zur evangelischen Kirche in Hamburg. „Wir wollen als Kirche für die Menschen da sein“, sagt Nicklaus. Die Agentur bietet Begleitung bei Taufen, Trauungen und Bestattungen an, und das ausdrücklich auch an ungewöhnlichen Orten wie dem „Windjammer“. Dort führt Pastorin Gogolin die Trauungen schon seit Mai durch, laut Wirtin Izi waren es „bestimmt schon zwölf Paare“, die sich hier das Ja-Wort gaben.

Nach dem Traugespräch beginnt die eigentliche Zeremonie: Inessa und Jan nehmen auf Barhockern Platz, halten Händchen. Die Aufregung ist ihnen anzusehen. Vor ihnen steht Pastorin Gogolin: „Ihr feiert heute eure Kiez-Hochzeit“, beginnt sie ihre Rede. Danach erzählt sie vom gemeinsamen Kennenlernen in der Bahn (beide arbeiten als Zugbegleiter), vom ersten Date, dem ersten Kuss. Was Inessa an Jan besonders gefalle? „Dass er sie so annimmt, wie sie ist“. Und umgekehrt? „Ihre Treue, sie würde für dich durchs Feuer gehen“, sagt Gogolin.

Dann folgt der feierliche Tausch der Ringe – und der Hochzeitskuss. Währenddessen spielt die Jukebox „Das Beste“ von Silbermond. „Es war so schön!“, wird Inessa hinterher schwärmen. Und der Bräutigam? „Die Trauung war super“, ergänzt Jan. Nach der Zeremonie stößt das frisch vermählte Paar erstmal mit der Pastorin an – natürlich mit einer Knolle. Dann kommt Wirtin Izi noch mit einem Schnapstablett, und die Gesellschaft trinkt auf das Wohl des Brautpaars.

Wieso sollte es ausgerechnet eine Kneipen-Hochzeit auf St. Pauli sein? „Wir haben keine besondere Beziehung zum Kiez“, berichtet Inessa. Tatsächlich sind die zwei nicht mal aus Hamburg. Doch jemand hatte es ihnen angetan: Pastorin Gogolin. Von ihr wollten sie sich unbedingt vermählen lassen. Wer Gogolin zusieht, weiß warum: Es gelingt ihr, im „Windjammer“ eine ernsthafte Zeremonie abzuhalten, ohne dröge zu werden. Sie begegnet dem Paar und dessen Gästen herzlich und nahbar. Die Arbeit bereitet ihr sichtlich Freude.
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Die Hochzeitsgesellschaft wird den Rest des Abends noch bei Schnittchen und Drinks im „Windjammer“ feiern, das frisch vermählte Paar übernachtet anschließend im Hotel – natürlich auf dem Kiez.