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  • Einige Bewohner der Asylunterkunft beobachteten die Demonstration.
  • Foto: Hami Roshan

„Wir fühlen uns wie im Gefängnis“: Corona-Ausbrüche in Hamburger Flüchtlingsunterkunft

Rahlstedt –

In verschiedenen Hamburger Flüchtlingsunterkünften hat es in diesem Jahr bereits Corona-Ausbrüche gegeben. Für mehrere Wochen stehen die Geflüchteten dann unter Quarantäne und dürfen ihre Unterkunft nicht verlassen. Alte Menschen und Mütter mit Babys leben auf engstem Raum zusammen – die Gefahr eines erneuten Ausbruchs steigt. Politiker und Hamburger Aktivisten fordern deshalb eine Entzerrung.

Ende Oktober infizierten sich 70 Menschen in einer Unterkunft in Rahlstedt mit Corona, am Montag ist es in einer betreuten Wohnunterkunft in Harburg zu einem Corona-Ausbruch gekommen. In Rahlstedt wurden die infizierten Bewohner in eine Unterkunft am Neuen Höltigbaum verlegt. Weitere Bewohner kamen in eine Quarantäneunterkunft, die sich ebenfalls in Rahlstedt einige Straßen weiter befindet. Am Freitag gab es in dieser Unterkunft erneut einen Massentest, bei dem sechs der Geflüchteten positiv auf Corona getestet und daraufhin verlegt wurden.

Quarantäne wegen Corona: Bewohner fühlen sich „wie im Gefängnis“

Ein Kreislauf aus unbemerkten Infektionen und Quarantänemaßnahmen scheint zu entstehen – die Bewohner werden zunehmend unruhig. Am Montag musste die Polizei anrücken. Es habe „leicht tumultartige Szenen“ gegeben, bestätigte eine Sprecherin der Polizei der MOPO. Diese hätten sich aber schnell wieder gelegt. Die Polizei habe vor Ort nochmals die Corona-Regeln erklären müssen.

Die MOPO hat mit einer Bewohnerin der Zentralen Erstaufnahmestelle in Rahlstedt telefoniert. Die Frau aus Ghana ist mit ihrem Baby vor einem Jahr alleine nach Hamburg gekommen. „Wir wurden negativ getestet,  aber sind immer noch hier“, sagt sie. „Die Polizei war hier und hat gesagt, wir dürfen nicht raus. Aber viele Menschen hier sind gestresst, wir fühlen uns wie in einem Gefängnis.“ 

Linke und Aktivisten demonstrieren für Geflüchtete

Gemeinsam mit sechs weiteren Frauen und deren Babys müsse sie in einem Raum schlafen. Die Babys mit ihnen im Bett, so dass sie Angst habe, sich nachts aus Versehen auf ihr Kind zu legen. „Wir haben keine Waschmaschine und müssen mit den Händen waschen. Das Essen ist nicht gut, jeden Tag gibt es nur Brot.“

Die Demonstranten forderten unter anderem die Unterbringung der Menschen in den derzeit leerstehenden Hotels.

Die Demonstranten forderten unter anderem die Unterbringung der Menschen in den derzeit leerstehenden Hotels.

Foto:

Hami Roshan

Die Situation in den Flüchtlingsunterkünften beschäftigt auch den Hamburger Flüchtlingsrat und die Linke. Gemeinsam demonstrierten sie am Samstag in Rahlstedt für eine andere Unterbringung der Geflüchteten. Manche Aktivisten warfen Lebensmittel über den Zaun, die von den Bewohnern sofort angenommen wurden, schildert Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken, das Geschehen. 

Carola Ensslen: „Der Senat handelt grob fahrlässig“

„Das Ankunftszentrum in Rahlstedt mit seinen großen Hallen, die nur in Kompartments unterteilt sind, bietet gute Bedingungen für die Ausbreitung des Virus“, so Ensslen. „Der Senat handelt daher grob fahrlässig, wenn er sämtliche Forderungen nach einer entzerrten Belegung in den Unterkünften ignoriert. Der Corona-Ausbruch in Rahlstedt ist das Resultat dieser Ignoranz.“

Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken, fordert die Geflüchteten dezentral unterzubringen.

Carola Ensslen, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken, fordert, die Geflüchteten dezentral unterzubringen.

Foto:

imago images/Andre Lenthe

Ensslen fordert, dass die Erkenntnisse von Studien und des Robert-Koch-Instituts (RKI) endlich ernst genommen werden und Geflüchtete entweder einzeln oder nur in Familien untergebracht werden. Der MOPO liegt ein Bürgerschaftsantrag der Linken vor, in dem sie die Räumung der Unterkunft in Rahlstedt fordert, um die Geflüchteten dezentral unterzubringen.

Corona in Flüchtlingsunterkunft: Das empfiehlt das RKI

Das RKI empfiehlt Geflüchtete in die Umsetzung der Maßnahmen einzubinden, da Zwangsmaßnahmen zu einer (Re-)Traumatisierung führen könnten. Für besonders Schutzbedürftige wie ältere Menschen, Schwangere oder Alleinerziehende werden eine zusätzliche Aufklärung und Unterbringung in getrennten Räumen empfohlen. 

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„Positiv getestete Bewohner ohne oder mit leichten Symptomen, die für mindestens 48 Stunden symptomfrei sind und nach zehn Tagen aus der Isolierung entlassen werden, gelten nach RKI-Richtlinie als geheilt und nicht mehr infektiös.“ Doch solange in den Unterkünften viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben müssen, wird der Kreislauf schwer zu durchbrechen sein. 

Die MOPO hat beim zuständigen Einwohner-Zentralamt Nachfragen zum Umgang mit dem Ausbruch in Rahlstedt gestellt. Darauf gab es bislang jedoch noch keine Antwort.

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