Herzlos? Vermieter kündigt Café-Betreiber wegen Corona-Schwierigkeiten
Eine große Terrasse, Holzmöbel und ein traumhafter Blick auf die Elbe. Das Café Elbchic an der Promenade ist der perfekte Ort zum Rasten für Spaziergänger. Doch schon bald könnte es vorbei sein mit der beliebten Einkehr am Wasser. Denn Inhaber Jörn Zimpel hat von seinem Vermieter eine Kündigung bekommen – wegen coronabedingter Mietausfälle.
Ein eigenes Café – das war Jörn Zimpels großer Traum. Er mietete ein Objekt mit noch unverputzten Räume an und verwandelte sie in monatelanger liebevoller Handarbeit und unter Einsatz hoher Investitionen in ein gemütliches Lokal. Im April 2020 sollte Eröffnung sein. Doch dann kam Corona. Der Lockdown. Für Zimpel hieß das: Keine Einnahmen und trotzdem 3415 Euro monatlich Miete zahlen.
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Eine große Terrasse, Holzmöbel und ein traumhafter Blick auf die Elbe. Das Café Elbchic an der Promenade in Geesthacht ist der perfekte Ort zum Rasten für Spaziergänger. Doch schon bald könnte es vorbei sein mit der beliebten Einkehr am Wasser. Denn Inhaber Jörn Zimpel hat von seinem Vermieter eine Kündigung bekommen – wegen coronabedingter Mietausfälle.
Ein eigenes Café – das war Jörn Zimpels großer Traum. Als vor drei Jahren in Geesthacht eine moderne HafenCity mit Promenade errichtet wurde, witterte er seine Chance. Er mietete ein Objekt mit noch unverputzten Räume an und verwandelte sie in monatelanger liebevoller Handarbeit und unter Einsatz hoher Investitionen in ein gemütliches Lokal.
Im April 2020 sollte Eröffnung sein. Doch dann kam Corona. Der Lockdown. Für Zimpel hieß das: Keine Einnahmen und trotzdem 3415 Euro monatlich Miete zahlen.
Während des Lockdowns fraßen die Mietforderungen Zimpels gesamte Ersparnisse auf
Nach einer kurzen Phase der Normalität folgte ab November 2020 der zweite Lockdown. Zimpel bezahlte die Miete monatelang von seinen Ersparnissen, bis die aufgebraucht waren, und beantragte Überbrückungshilfe. Sein Vermieter, die Elbe-Geest-Immobilien, zeigte zunächst Verständnis für die Verzögerungen angesichts des Genehmigungsprozesses für die Hilfen.
Doch dann das: Eine Woche vor Auszahlung der Überbrückungshilfe bekam Jörn Zimpel am 10. Juni 2021 eine fristlose Kündigung. Begründung: Mietrückstände von drei Monaten. Und obwohl der Gastronom alle Verbindlichkeiten gleich nach Empfang der Hilfen beglich, hielt der Vermieter an der Kündigung fest.
Im Dezember landete die Sache vor dem Landgericht Lübeck. Die Richterin vertagte die Entscheidung jedoch auf Mitte März 2022 und forderte die beiden Parteien dazu auf, sich bis dahin möglichst zu einigen. Doch danach sieht es nicht aus. Im Gegenteil.
Fehler im Mietvertrag: Café-Inhaber zahlte monatelang zu viel Miete
Laut Jörn Zimpel ist ein Kleinkrieg ausgebrochen, der dem finanziell angeschlagenen Café-Inhaber noch einmal stark zusetzt. Hintergrund ist möglicherweise die Tatsache, dass Zimpel vor Gericht einen Fehler im Mietvertrag geltend machen konnte, der ihm selbst erst spät aufgefallen ist. Bei der Berechnung von Quadratmeterfläche, Nebenkosten und Mietpreis wurde eine falsche Summe im Vertrag notiert. „Ich habe von Anfang an jeden Monat 400 Euro zu viel Miete bezahlt!“, berichtet Zimpel.
Durch die monatelangen Überzahlungen sind die Mietrückstände massiv zusammengeschmolzen, so dass die fristlose Kündigung möglicherweise gar nicht mehr wirksam ist. Dennoch ist der Konflikt eskaliert – wie ein endloser Email-Austausch zwischen den beiden Parteien bezeugt, der der MOPO vorliegt. Darin geht es um eine angebliche Lärmbelästigung, um das Verbot der Anbringung einer Leuchtreklame, um Rohrkanäle, Mülltonnen und doppelt vermietete Parkplätze. Schließlich sogar um die Qualität von Eissorten und Zimpels Speisekarte.
Vermieter mischt sich ins Speiseangebot des Cafés ein
„Der Vermieter hat offenbar ein persönliches Problem mit mir. Ihm gefällt nicht, was ich da aufgebaut habe“, meint Jörn Zimpel. Vermutlich hat er damit recht. Denn in einer Email teilt der Vermieter Zimpel sehr deutlich seine Meinung mit: „Leider ist die Schlichtheit beim Café Elb-Chic für jedermann sichtbar und das entspricht weder dem gehobenen Quartier noch Ihrem selbst gewählten Namen.“
Die Elbe-Geest-Immobilien wollte gegenüber der MOPO keine Stellung dazu nehmen. „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir über laufende Prozesse keine Auskünfte geben“, erklärte Peer Nowakowitsch, Sohn des Geschäftsführers Jens Nowakowitsch.
Letzter Schachzug des Vermieters war Ende Januar die schriftliche Aufforderung an Zimpel, einen Tresen auf der Terrasse umgehend wieder abzubauen. Zimpel hatte diesen von der Behörde genehmigten Tresen für 60.000 Euro aufgebaut, um sich mit einem Glühweinverkauf über die Wintermonate zu retten. Zimpel ist traurig: „Ich habe so gute Bewertungen bei Facebook und Google, aber mir werden nur Steine in den Weg gelegt.“
Bundesgerichtshof: Neues Urteil stützt Gewerbetreibende, die in der Pandemie in Not geraten sind
In gut vier Wochen wird nun das Gericht entscheiden. Zugute kommen könnte Jörn Zimpel dabei ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes vom 12. Januar 2022. Danach können Gewerbetreibende, deren Umsätze durch die Corona-Pandemie erheblich zurück gegangen sind, unter bestimmten Voraussetzungen ihre Miete reduzieren.
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Zimpel will angesichts seiner massiven Einbußen im Lockdown eine Mietminderung von 50 Prozent geltend machen. Der für eine fristlose Kündigung erforderliche Mietrückstand von zwei Monaten würde dann nicht mehr vorliegen. Die Kündigung wäre damit endgültig unwirksam.
Zimpel hofft: „Wir Gastronomen brauchen dringend Rückendeckung. Wir gehören zu den am stärksten von der Pandemie betroffenen Branchen. Es kann doch nicht sein, dass wir unsere Existenz verlieren, während die Vermieter sich die Taschen voll machen.“