Fragwürdiger Deal: Wie Hamburg seine Klima-Bilanz mit Öfen in Afrika schönt
Der nächste Dämpfer für die Klimabilanz des Senats: Hamburg hat seine CO2-Bilanz mit dem Kauf von Zertifikaten für Holzöfen in Nigeria geschönt. Der Senatsbericht über die Klimabilanz hatte schon vor rund einem Monat wegen fehlender Daten und „methodischer Lücken” beim Hamburger Klimabeirat für Ärger gesorgt. Die neuesten Erkenntnisse nähren die Zweifel an der Bilanz.
Der nächste Dämpfer für die Klimabilanz des Hamburger Senats: Hamburg hat seine CO2-Bilanz mit dem Kauf von Zertifikaten für Holzöfen in Nigeria geschönt. Der Senatsbericht über die Klimabilanz hatte schon vor rund einem Monat wegen fehlender Daten und „methodischer Lücken” beim Hamburger Klimabeirat für Ärger gesorgt. Die neuesten Erkenntnisse nähren die Zweifel an der Bilanz.
Wie aus dem Klimazwischenbericht des Senats hervorgeht, kaufte die Stadt von 2018 bis 2020 bei der Klima-Agentur Atmosfair Emissionszertifikate im Wert von fast einer Million Euro. Atmosfair förderte mit dem Geld aus Hamburg nach eigenen Angaben rund 12.000 Öfen in Nigeria.
Hamburg will CO2 sparen mit Öfen in Nigeria
Auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion erläuterte der Senat, dass die CO2-Reduktion durch die brennstoffsparenden Öfen in Nigeria vergleichsweise hoch sei. In Nigeria kochen nach Angaben von Atmosfair etwa 75 Prozent der Familien mit Holz auf offenem Feuer. Der Bedarf an Feuerholz habe im Norden des afrikanischen Landes zur beinahe völligen Abholzung der Wälder und zur fortschreitenden Ausbreitung der Wüsten geführt.
Laut des Klimaberichts wurden zwischen 2018 und 2020 insgesamt 75.000 Tonnen weniger Kohlendioxid mithilfe der Zertifikate ausgestoßen. Praktisch auch für Hamburg: Das Ziel, bis 2020 den CO2-Ausstoß um zwei Millionen Tonnen im Vergleich zu 2012 zu senken, sei erreicht worden. Zusätzlich sei durch das Projekt die nachhaltige Entwicklung in dem westafrikanischen Land gefördert worden.
Hamburg erreicht Klimaziel nur knapp
Tatsächlich erreichte Hamburg das Ziel, aber nur knapp: 2.051.567 Tonnen CO2 konnten laut des Berichts durch Maßnahmen des Klimaplans eingespart werden. Als eine Maßnahme wird auch der Erwerb von Zertifikaten aufgeführt.
Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sandro Kappe, hält die Argumentation des rot-grünen Senats für äußerst fragwürdig. Es dränge sich der Verdacht auf, dass die Klimaschutzziele nur durch einen Emissionshandel erreicht werden konnten. Mehr als acht Prozent der Einsparungen seien nicht in der Hansestadt erzielt worden. „Mit dieser nicht nachvollziehbaren Begründung müssten wir in Hamburg keine teuren Maßnahmen mehr ergreifen. Schließlich sei es ja billiger, CO2 in Afrika einzusparen”, erklärte Kappe.
Klimabeirat übt scharfe Kritik – Hamburg verschärft Ziele
Wegen der Klimabilanz hatte es bereits vor rund einem Monat Ärger gegeben. Die 15 Wissenschaftler:innen des Hamburger Klimabeirats hatten den Bericht scharf kritisiert. Sie monierten fehlende Daten, er sei zu unkonkret und habe „methodische Lücken”. Etwa seien die genutzten Zahlen zum CO2-Ausstoß in Hamburg veraltet. Zudem könnte die Pandemie die Zahlen verzerrt haben.
Inzwischen hat sich Rot-Grün allerdings noch schärfere Klimaziele gesetzt. Vor drei Jahren hatte der Senat beschlossen, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent gemessen am Wert von 1990 zu verringern. Jetzt soll der Wert in den nächsten acht Jahren sogar um 70 Prozent reduziert werden.
Klimaschutz: Hamburg will in Zukunft anders handeln
Die Sache mit den Zertifikaten scheint dabei selbst der Stadt nicht ganz astrein zu erscheinen. Die Emissionen sollen nun nach dem Verursacherprinzip vor allem in Hamburg vermieden werden, wie der Senat erklärte.
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Darum sei die Umsetzung weiterer Maßnahmen dieser Art derzeit nicht geplant. Kappe äußerte sich dazu skeptisch: „Es wäre nicht verwunderlich, wenn im nächsten Klimabericht wieder Emissionszertifikate enthalten sind, um die erneut verschärften Zielvorgaben einhalten zu können.”