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  • Geschlossene Bars und Kneipen: Ab Montag sind viele Branchen geschlossen (Symbolbild).
  • Foto: dpa

Wichtigster Gipfel des Jahres: Wird heute der „Wellenbrecher“-Lockdown beschlossen?

Am Mittwoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Videoschalte mit den Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Es könnte der wichtigste Gipfel des Jahres werden. Von einem „Lockdown Light“ ist vielfach die Rede. Vor allem die Gastro- und Kulturbranche wird es nach MOPO-Informationen erneut hart treffen. Die MOPO erklärt, worum es bei dem Gipfel geht und welche Perspektiven Hamburg hat.

Was wollen Merkel und die Ministerpräsidenten besprechen?

11.409 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages meldeten die deutschen Gesundheitsämter nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom frühen Dienstagmorgen. Am Dienstag warnte die Kanzlerin davor, dass Deutschland in Situationen kommen könnte, „die ausgesprochen schwierig sind“.

Es gehe darum, was Bund und Länder gemeinsam tun könnten, um möglichst schnell den Trend zu brechen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Dabei zähle jeder Tag. Das Kanzleramt will nach „Bild“-Informationen bei der Bund-Länder-Runde für weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens werben.

Im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr sollten Schulen und Kitas jedoch weiter geöffnet bleiben, außer in Regionen mit alarmierend hohen Infektionszahlen wie beispielsweise Berlin-Neukölln (256,9). Die Zeitung habe von Teilnehmern der CDU-Fraktionssitzung am Dienstag erfahren, dass Merkel auch auf strengere Kontaktbeschränkungen setzen wolle.

Welche Maßnahmen hat Hamburg bereits ergriffen?

Derzeit dürfen Schulen, Restaurants, Geschäfte und Kultureinrichtungen unter strengen Hygieneauflagen öffnen. Treffen mit maximal zehn Personen aus zwei Haushalten sind erlaubt. Trotzdem leidet die Wirtschaft stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD)

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD)

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Am Dienstag verkündete Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), dass der Corona-Schutzschirm zur Unterstützung der Wirtschaft auch im Jahr 2021 und 2022 noch aufgespannt bleiben werde. Drei Milliarden Euro nimmt die Stadt an Corona-Notkrediten dafür auf. „Unsere Kreditprogramme enden nicht am 31.12., hier sind wir schon mit der IFB (Hamburgische Investitions- und Förderbank) im Gespräch“, so Dressel.

Welche Perspektive hat Hamburgs Gastro-Szene?

Für die angeschlagene Hamburger Gastro-Szene könnte ein erneuter Lockdown verheerende Auswirkungen haben. Dressel appellierte deshalb an die Bundesregierung: „Von den 25 Milliarden Euro Liquiditätshilfe vom Bund sind gerade 43 Millionen für Hamburg bewilligt, das ist so klein“, sagte Dressel. „In diesen 25 Milliarden Euro steckt genug Geld drin, wenn man harte Maßnahmen trifft, auch zielgerichtet Hilfsmaßnahmen anzubringen, die wirklich helfen. Sonst kommen wir in eine sehr gefährliche wirtschaftliche Situation.“

Polizisten kontrollieren in Hamburg auf der Schanze die Einhaltung der Corona-Regeln.

Polizisten kontrollieren in Hamburg auf der Schanze die Einhaltung der Corona-Regeln.

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Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) ergänzte, dass sich die meisten Gastronomiebetriebe an die Auflagen halten würden. „Das wäre für mich ein Drama, wenn diese Unternehmen jetzt zusätzlich bestraft würden, weil sie die ganze Zeit ein ausgefeiltes Hygienekonzept entwickelt haben“, so Westhagemann.

Bundesweit zittert die Gastrobranche vor dem Gipfel: „Einem Drittel der 245.000 Betriebe droht bei einer erneuten Schließung das Aus“, sagte Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband). Es gehe um das Überleben der Branche.

Ist die Hamburger Kultur noch zu retten?

„Wir haben alles in allem an die 90 Millionen Euro bis jetzt zusätzlich für die Kultur aufgebracht“, so Kultursenator Carsten Brosda (SPD). Die Frage der Unterstützungsbedarfe gestalte sich je nach Bereich ganz unterschiedlich. Der Kultursenator stellte auf der Landespressekonferenz zusätzliche Fördertöpfe vor, zum Beispiel einen Gagenfond für Musikerinnen und Musiker und eine Literaturförderung für kleine Verlage und Buchhandlungen.

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD)

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD)

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„Betriebswirtschaftlich sind wir uns sehr sicher, dass wir durch solch eine Zeit hindurchkommen. Schwieriger sind die kulturellen und gesellschaftlichen Implikationen spezifisch für die Kultur“, so Brosda. In der Kultur gehe es „nicht nur um das Schöne, Wahre und Gute, sondern es geht um Beschäftigungsmöglichkeiten und Wertschöpfung“.

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Im Hinblick auf die Bund-Länder-Konferenz sagte er, es gebe keinen Beweis, dass der Besuch einer Kultureinrichtung für die Gesundheit gefährdend ist: „Man müsste fast sagen, wenn man sich die Ansteckungszahlen ansieht, gehen Sie in die Oper oder gehen Sie in die Elbphilharmonie, da sind Sie sicherer als zuhause.“

Mit welcher Linie geht der Hamburger Senat in den Gipfel?

Eine klare Aussage dazu gab es am Dienstag nicht. „Der Senat ist immer bedacht, dass wir eine bundesweit einheitliche Linie haben. Hamburg ist schon mutig vorangegangen mit sehr strengen Regeln. Daher würde ich bitten, die Beratungen abzuwarten“, sagte Senatssprecherin Julia Offen. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) werde sich im Anschluss an den Gipfel zu Wort melden.

Welche Haltung vertreten die anderen Bundesländer?

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ließ zunächst offen, welche konkreten Gegenmaßnahmen er fordert, betonte aber: „Lieber gleich und richtig, als spät und halbherzig, und lieber mit einer wirksamen Therapie, als mit reinen Placebos.“ Einen Kurzzeit-Lockdown von einer Woche, wie derzeit von einigen diskutiert, macht nach Ansicht Söders keinen Sinn.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat eine Zustimmung zu einem möglichen Lockdown-Beschluss ausgeschlossen. Thüringens Regierungschef begründete seine Entscheidung mit grundsätzlichen Überlegungen zur Rolle der Ministerpräsidentenkonferenz.

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Andere Politiker sprechen sich deutlich für eine Schließung von Kultur- und Gastronomieeinrichtungen aus. „Wenn wir den Sonderweg Deutschlands retten wollen, auch besser durch die zweite Welle zu kommen, dann muss ein Wellenbrecher-Shutdown jetzt kommen“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er sprach sich für eine befristete Schließung von Restaurants, Bars, Kneipen, Kulturstätten, Fitnessstudios und Vereinen aus. Offen blieben aber Schulen, Kitas und essenzielle Geschäfte.

Noch rigoroser fiel ein Vorstoß des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU, Thomas Strobl, aus. Er regte an, „dass wir auch einmal für eine Woche alles dicht machen, dass von Freitag bis Sonntag die Woche drauf rein gar nichts mehr geht.“

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