„Wenn es steht, wird es der Knaller“: Warum es immer noch kein Paloma-Viertel gibt
Es gilt als das visionärste Bauprojekt der Stadt – doch dort, wo bereits 2019 die Kräne kreisen sollten, klafft noch immer eine Wunde auf dem Kiez. Es gibt viele Gründe, warum das Paloma-Viertel am Spielbudenplatz weiterhin nur auf dem Papier existiert. Corona und die Baupreise sind es nicht alleine. Es geht auch um Dinge wie die Zulieferung für einen Supermarkt und ein Theater, das sich vor Lärmbeschwerden der neuen Nachbarn fürchtet.
Es gilt als das visionärste Bauprojekt der Stadt – doch dort, wo bereits 2019 die Kräne kreisen sollten, klafft noch immer eine Wunde auf dem Kiez. Es gibt viele Gründe, warum das Paloma-Viertel am Spielbudenplatz weiterhin nur auf dem Papier existiert. Corona und die Baupreise sind es nicht alleine. Es geht auch um Dinge wie die Zulieferung für einen Supermarkt und ein Theater, das sich vor Lärmbeschwerden der neuen Nachbarn fürchtet.
„Ab 2019 wird hier keine Wunde mehr im Herzen von St. Pauli klaffen“, versprach der Sprecher des Investors Bayerische Hausbau im Mai 2018, als die spektakulären Pläne in einem städtebaulichen Vertrag mit dem Bezirk festgeschrieben wurden. Damals ahnte keiner, dass im März 2023 noch nicht einmal die Bauanträge eingereicht sein würden.
In die Entwürfe eingeflossen waren auch die 2300 Ideen, die die Kiez-Bewohner in dem Projekt „Planbude“ gesammelt hatten. Das Ergebnis war der „St. Pauli Code“, der teure Eigentumswohnungen ausschloss, dafür öffentliche Dachflächen, 200 günstige Mietwohnungen, Werkstätten, Kletterwände und bezahlbaren Platz für den Club „Molotow“ vorsah. Im Gegenzug darf die Bayerische Hausbau ein Bauvolumen über 27.500 Quadratmeter realisieren. Das ist deutlich mehr als die 8700 Quadratmeter, die die Esso-Hochhäuser umfassten, die seit 2008 der Bayerischen Hausbau gehörten und 2014 abgerissen wurden.
Tiefgarage sollte dreistöckig werden
Warum dauert alles so lange? „Mehrere Jahre gingen ins Land, weil die Bayerische Hausbau ursprünglich eine dreistöckige Tiefgarage geplant hatte“, sagt der Künstler Christoph Schäfer, der die Erfahrungen aus dem Projekt Park Fiction in die Planbude einbrachte. Der Supermarkt sollte unterirdisch beliefert werden, man hätte also große Flächen ohne Stützen gebraucht, damit die Lkw rangieren können – was angesichts der Gebäudemasse, die darauf lasten soll, extrem kompliziert ist. Die Idee wurde nach langwieriger Rechnerei schließlich aufgegeben und die Bayerische Hausbau reichte 2018 einen Bebauungsplan mit zweistöckiger Tiefgarage ein. Der Supermarkt soll nun ebenerdig beliefert werden.

Aber auch dieser B-Plan ging nicht einfach durch. Die Stage Hamburg, die das Operettenhaus am Spielbudenplatz betreibt, sah nachbarliche Belange berührt und erhob Widerspruch: Das Theater bekommt auch nachts Bühnenanlieferungen und muss dieses Recht auf nächtlichen Lärm behalten. Das passt aber nicht zur Wohnbebauung direkt nebenan. Schäfer: „Das war ein rein privatwirtschaftlicher Interessenkonflikt, den Stage und Bayerische Hausbau klären mussten.“ Bis 2022 wurde also erneut am B-Plan gearbeitet, bis es eine Einigung gab.
Stadt musste Baufeld kaufen
Weitere Verzögerungen brachte – neben der lähmenden Pandemie – die erfolglose Suche nach Genossenschaften, die im Viertel bauen wollten. Nach acht Ausschreibungsrunden erbarmte sich im Februar 2020 die Stadt und kaufte das Baufeld 5 – für die einen der Durchbruch, für die anderen Steuergeldverschwendung. Im Oktober 2022 hat der Bezirk Mitte den Bebauungsplan unterzeichnet, damit kann es aus Sicht der Stadt losgehen.
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Nur: Bis heute hat die Bayerische Hausbau keine Bauanträge eingereicht. Die Vorgaben, etwa durch das Hamburger Klimaschutzgesetz, haben sich über die Jahre so stark verändert, dass die bereits fertigen Anträge nun wieder überarbeitet werden müssen, so die Erklärung des Investors. Der Bezirk zeigt sich gegenüber dem NDR dennoch zuversichtlich: „Beide Seiten wollen, dass das Projekt vorangeht.“ Auch Christoph Schäfer ist optimistisch: „Ich glaube wirklich, dass das Paloma-Viertel Realität wird. Und wenn es einmal steht, wird es der Knaller sein.“