Kollaps droht: Was jetzt gegen den Lehrermangel in Hamburg helfen soll
Die Schülerzahlen in Hamburg steigen und steigen, doch immer mehr Lehrer gehen in den Ruhestand – keine gute Kombi. Um den drohenden Kollaps aufzufangen, müssten weniger Lehrer in Teilzeit arbeiten, meinen die Grünen. Wie das funktionieren soll.
Die Schülerzahlen in Hamburg steigen und steigen, doch immer mehr Lehrer gehen in den Ruhestand – keine gute Kombi. Um den drohenden Kollaps aufzufangen, müssten weniger Lehrer in Teilzeit arbeiten, meinen die Grünen. Wie das funktionieren soll.
Der Beruf soll attraktiver und der Zugang leichter werden – das ist der Kern des 15-Punkte-Papiers gegen Lehrermangel, das die grüne Landesvorsitzende Maryam Blumenthal mit einer Gruppe Parteimitglieder nun präsentiert hat. In Hamburg ist der Mangel noch nicht akut, zeichnet sich aber ab: Rund 265 Stellen sind dauerhaft unbesetzt, so die Schulbehörde zur MOPO. Damit fehlt im Schnitt an jeder Schule fast eine Lehrkraft. 2030 werden bundesweit sogar bis zu 40.000 Lehrkräfte fehlen, lauten die Prognosen.
In Hamburg gibt es besonders viele Teilzeit-Lehrer
Aber wie mehr Lehrer anlocken? Neben einem attraktiveren Arbeitsplatz mit Duschen, Ruheräumen oder besser gesicherten Fahrradständern („Das ist in vielen modernen Unternehmen selbstverständlich“, sagt Blumenthal), geht es bei den Vorschlägen vor allem darum, Lehrer in ihrem Alltag zu entlasten.

„Wir brauchen eine ehrliche, systematische Erhebung dazu, was die Probleme in dem Beruf sind“, sagt Blumenthal, die selbst Lehrerin ist, der MOPO. In ihrem Umfeld höre sie vor allem Kritik an einer hohen Belastung. „Lehrkräfte müssen extrem viel auffangen, wie die psychischen und schulischen Corona-Folgen bei Kindern, die steigende Heterogenität in den Klassen und Verwaltungsaufgaben.“ Auch dass Erzieher und somit Schulbegleitungen fehlten, wirke sich auf Lehrer aus. All das führe dazu, dass sie sich distanzierten – und viele in Teilzeit wechselten.
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Ist das wirklich ein so großes Problem? Tatsächlich arbeiten mit 52,4 Prozent nirgends in Deutschland mehr Lehrkräfte in Teilzeit als in Bremen und Hamburg (Schuljahr 2021/2022). Die meisten Teilzeit-Lehrer bundesweit sind Frauen, rund 20 Prozent Männer. Um das Potenzial auszuschöpfen, sollen Maßnahmen zur Entlastung entwickelt und Barrieren abgebaut werden, sich Hilfe zu suchen, meinen die Autoren des Papiers.
Hamburg: So soll der Zugang leichter werden
Doch auch der Zugang zum Beruf müsse einfacher werden. Mit mehr Referendariats- und Studienplätzen fürs Lehramt und Sonder- und Sozialpädagogik zum Beispiel. Mit Eignungstests statt dem Numerus clausus, einer Öffnung des Masters of Education für Studis ohne Lehramt-Bachelor, einer berufsbegleitenden Ausbildung über eine Abend- oder Fernschule.
Neu sind diese Vorschläge nicht: Die Zahl der Referendariatsplätze wurde schon um 40 Prozent erhöht, so die Schulbehörde, weitere folgen. Auch ein Quereinstieg ins Referendariat ist bei Mangelfächern möglich. An der Uni werden die Lehramtsstudienplätze ausgebaut und ein „Quereinstiegsmaster” soll kommen.
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Aber bringt ein reines Mehrangebot in der Ausbildung bei demografischem Wandel wirklich die Lösung? Die für die Uni zuständige, ebenfalls grün geführte, Wissenschaftsbehörde sieht ein anderes Problem: Die Studienplätze im Lehramt seien nicht ausgelastet – angehende Studis bewerben sich oft an mehreren Unis und springen dann ab. Die Fakultät sollte „überbuchen“ dürfen, um alle Plätze zu besetzen, das würde mehr bringen. Zudem seien mehr Plätze für Sozialpädagogen sinnvoll, um die Lehrkräfte an Schulen zu unterstützen.
Und was sagt der Koalitionspartner SPD, der die Schulbehörde führt? Die Koalition arbeite bereits an Maßnahmen, um einem Lehrermangel vorzubeugen, sagt der bildungspolitische Sprecher Nils Hansen (SPD) der MOPO. Auch Arbeitsabläufe an den Schulen gehörten kontinuierlich hinterfragt. „Wir freuen uns auf den Austausch mit unserem Koalitionspartner, dessen Ideensammlung wir bisher nur aus der Presse kennen.“