Ein Jahr Weltreise mit Behinderung – und der Freund ist bei jedem Toilettengang dabei
Als „gemischt“ beschreiben Lovis Wiefelspütz (25) und Alexander Källner (24) die Gefühle kurz vor dem Start ihrer großen Weltreise. Wegen seiner schweren Behinderung ist Källner vollständig auf die Unterstützung seines besten Freundes angewiesen, sogar beim Toilettengang. Wie das ungleiche Paar trotzdem sechs Kontinente bereisen will – und wovor die zwei sich fürchten.
- Deutsch (Deutschland)
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Als „gemischt“ beschreiben Lovis Wiefelspütz (25) und Alexander Källner (24) die Gefühle kurz vor dem Start ihrer großen Weltreise. Wegen seiner schweren Behinderung ist Källner vollständig auf die Unterstützung seines besten Freundes angewiesen, sogar beim Toilettengang. Wie das ungleiche Paar trotzdem sechs Kontinente bereisen will – und wovor die zwei sich fürchten.
Lovis Wiefelspütz und Alexander Källner sitzen nebeneinander auf einer Bank am Hamburger Flughafen. Die beiden sind keine gewöhnlichen besten Freunde. Aufgrund der angeborenen Krankheit AMC sind Källners Gelenke deformiert und versteift. Beim Essen, Duschen und zur Toilette gehen braucht er Wiefelspütz‘ Hilfe. Trotzdem haben die beiden eine Menge Spaß. „Willst du ein Bonbon?“, fragt Wiefelspütz und hält seinem Freund die Schachtel hin. „Nimm dir doch eins!“ Källner schaut ihn mit gespielter Wut an, bis Wiefelspütz ihm das Bonbon in den Mund schiebt.
Diese beiden sind „ziemlich beste Freunde“
Kennengelernt haben die beiden sich in der Schule. Schon damals behandelte Wiefelspütz seinen Freund nicht wie einen „Behinderten“. „Wenn man von hinten gegen seine Kniekehle tritt, klappt er wegen seiner Schienen zusammen wie ein Klappstuhl“, sagt der 25-Jährige und grinst. „Ich bin so dankbar dafür, dass er mit mir genauso albern umgeht wie mit jedem anderen Kumpel auch“, kommentiert Källner das.
Nach einem Roadtrip durch Portugal, einem Norwegen- und einem Polen-Urlaub steht nun der nächste große Schritt an: eine einjährige Weltreise. Am Samstag geht es nach Istanbul, anschließend in den Oman, nach Singapur, Australien. Die nächsten Stationen sind noch nicht geplant. Allerdings müssen die beiden sich immer gut vorbereiten. „Es müssen sichere Gegenden sein, denn ich kann mich nicht wehren. Man kann mich einfach hochheben und wegtragen“, sagt Alexander Källner lachend. „Und die Unterkünfte müssen auf meine Bedürfnisse zugeschnitten sein.“ Sein Freund könne ihn zwar die Treppen rauftragen, aber auch seine Kräfte seien begrenzt.
„Ihn zu pflegen, ist ein Vollzeitjob. Irgendwann kann auch ich nicht mehr. Dann müssen wir eine Pause einlegen“, sagt Wiefelspütz. Und sein Freund fügt hinzu: „Wenn Lovis krank wird, kann ich mich danebenlegen. Dann sind wir beide aufgeschmissen. Deshalb müsen wir uns immer mit anderen Menschen umgeben.“
Mit ihrer Weltreise wollen die beiden zeigen, dass Freundschaften zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen funktionieren können. Und dass Letztere häufig viel mehr schaffen können, als sie denken. Auf ihren Social-Media-Kanälen werden Källner und Wiefelspütz auf das Thema Inklusion aufmerksam machen und zeigen, was in anderen Ländern schlechter oder vielleicht auch besser läuft.
Finanzieren werden die beiden Uni-Absolventen ihre Reise übrigens durch Sponsoren, ein Crowdfunding, Erspartes und Unterstützung der Eltern. Work & Travel ist jedenfalls keine Option: „Ich kann relativ schlecht Bäume fällen oder ähnliches“, sagt Alexander Källner, während sein Freund ihm auf die Beine hilft. Und dann geht es los.