„Wegen meiner Behinderung wurde ich aus dem Supermarkt geworfen“
Ohne ihre Assistenzhündin Soleil geht Sophie Schilberz nirgendwo hin – nicht einmal aufs Klo. Für Peter Brownbill ist der Alltag im wahrsten Sinne des Wortes eine große Hürde – er ist gerade einmal 1,40 Meter groß. Mux Moritz dagegen kommt mit Lärm und Trubel nicht klar – einmal ist sie wegen Reizüberflutung einfach in der S-Bahn umgekippt. Und Andzejus Voroneckis hat nichts als seine Hände, um mit anderen Menschen zu reden. Was für uns unvorstellbar ist, ist für die vier ganz normal, denn sie leben mit Behinderungen. In der MOPO schildern sie, was das für sie im Alltag bedeutet.
Sophie Schilberz etwa lebt seit vier Jahren mit der Diagnose PTBS – eine posttraumatische Belastungsstörung, die Panikattacken auslöst. Die 21-Jährige fängt dann an zu zittern und zu schwitzen, bekommt Herzrasen und Atemnot und glaubt zu sterben. Eine gefährliche Situation, die immer und überall eintreten kann.
Assistenzhündin Soleil kann die Attacken mit ihrer feinen Nase erkennen, bevor sie richtig schlimm werden. Sie springt Schilberz dann an und öffnet den Reisverschluss an ihrer Tasche, in der sich Medikamente befinden. Dank diesem „Warnsystem“ treten die Panikattacken nur noch ungefähr einmal die Woche auf – zuvor war es mehrmals am Tag.
Ohne ihre Assistenzhündin Soleil geht Sophie Schilberz nirgendwo hin – nicht einmal aufs Klo. Für Peter Brownbill ist der Alltag im wahrsten Sinne des Wortes eine große Hürde – er ist gerade einmal 1,40 Meter groß. Mux Moritz dagegen kommt mit Lärm und Trubel nicht klar – einmal ist sie wegen Reizüberflutung einfach in der S-Bahn umgekippt. Und Andzejus Voroneckis hat nichts als seine Hände, um mit anderen Menschen zu reden. Was für uns unvorstellbar ist, ist für die vier ganz normal, denn sie leben mit Behinderungen. In der MOPO schildern sie, was das für sie im Alltag bedeutet.
Sophie Schilberz etwa lebt seit vier Jahren mit der Diagnose PTBS – eine posttraumatische Belastungsstörung, die Panikattacken auslöst. Die 21-Jährige fängt dann an zu zittern und zu schwitzen, bekommt Herzrasen und Atemnot und glaubt zu sterben. Eine gefährliche Situation, die immer und überall eintreten kann.
Assistenzhündin Soleil kann die Attacken mit ihrer feinen Nase erkennen, bevor sie richtig schlimm werden. Sie springt Schilberz dann an und öffnet den Reisverschluss an ihrer Tasche, in der sich Medikamente befinden. Dank diesem „Warnsystem“ treten die Panikattacken nur noch ungefähr einmal die Woche auf – zuvor war es mehrmals am Tag.
Hamburgerin mit PTBS aus Supermarkt geworfen – weil ihr Hund dabei war
„Vielen Menschen ist nicht klar, dass auch Tiere Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung sein können“, sagt sie. „Ihnen fehlt das Verständnis dafür – vor allem, weil ich gar nicht aussehe, als ob mir etwas fehlt. Ich möchte das ändern, damit ich nicht mehr aus dem Supermarkt geworfen werde oder ähnliches, weil ich meine Hündin dabei habe. Ich brauche sie in jeder Situation, gehe nicht einmal ohne sie zur Toilette.“
Damals im Supermarkt hatte die Verkäuferin ihr gesagt, dass der Hund nicht mit in den Laden genommen werden dürfte. Schilberz erklärte der Angestellten, warum Soleil für sie so wichtig sei – und nahm sie mit ins Geschäft. Die Verkäuferin rief die Polizei, die Beamten schickten Schilberz und die Hündin vor die Tür. Durch dieses Erlebnis sei ihr deutlich geworden, dass es wenig Bewusstsein für ihre Krankheit und Tiere als Hilfsmittel gibt, schilderte die junge Frau der MOPO.
Dialoghaus Hamburg: Neue Ausstellung „Mittendrin“
In der Ausstellung „Mittendrin“ im „Dialog Lab“ des Dialoghaus Hamburg am Alten Wandrahm berichten sie und weitere Menschen mit Behinderung derzeit in Videoclips, was ihr Handicap für sie bedeutet. Besucher der Ausstellung können Spiele spielen, selbst kreativ werden und sich Innovationen überlegen, die Behinderten den Alltag erleichtern können. Durch das Projekt soll auch Aufmerksamkeit für die Behinderungen geschaffen werden, die man nicht sehen kann.
Auch Peter Brownbill berichtet in der Ausstellung von seinen Erfahrungen. Er fällt auf, wenn er durch Hamburg spaziert: Der 53-Jährige ist kleinwüchsig. „In meiner Kindheit und Jugend gab es viele böse Blicke und Kommentare. Ich konnte vieles nicht machen, war immer ausgeschlossen“, sagt er. Lange habe er seinen Körper gehasst, wollte „normal“ sein. Bis er das Schauspielern für sich entdeckte und lernte, seine Behinderung für sich zu nutzen.
Er ist inzwischen einer der meistgebuchten kleinwüchsigen Schauspieler in Deutschland, hat bereits in mehr als 100 Kino-, Kurz- und Werbefilmen, Musikvideos und vielen Theater- und Bühnenproduktionen mitgewirkt. Gemeinsam mit seiner Frau hat er vor 13 Jahren auch eine eigene Agentur gegründet. „Ich weiß, dass viele Kleinwüchsige verbittert und die blöden Blicke und Sprüche leid sind. Deshalb möchte ich für mehr Aufklärung in der Gesellschaft sorgen und anderen Kleinwüchsigen zeigen, dass sie ihre Behinderung auch nutzen können – so wie ich.“
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Auch Mux Moritz sieht man ihr Handicap nicht an. Doch das Leben der 21-Jährigen wird vom Autismus bestimmt. Lärm ist für sie die Hölle, sie kann Geräusche nicht filtern. Während des Gesprächs mit der MOPO im Dialoghaus macht sie auf das Surren einer Steckdose an einer mehrere Meter entfernten Wand aufmerksam – ein Geräusch, dass kein anderer Anwesender wahrnehmen kann. „Meine Steckdosen zuhause kann ich ausmachen. Das ist für mich ein sicherer Ort“, sagt Moritz. Ganz anders ist es in überfüllten Bahnen: „Vor einiger Zeit bin ich in Ohnmacht gefallen, weil es mir zu viel wurde. Ein älterer Herr hat mir geholfen und mich rausgebracht. Er war der Einzige, der überhaupt etwas gemacht hat.“
Moritz wünscht sich mehr Rücksicht – nicht nur in solchen Extremsituationen. „Wir können alle etwas ruhiger, weniger hektisch werden. Den Ehekrieg des Jahres muss man nicht im Supermarkt austragen. Und mit einem brüllenden Kind kann man auch mal kurz das Geschäft verlassen.“ Die 21-Jährige berichtet von Supermärkten in Großbritannien, die eine „quiet hour“ eingeführt haben: Kurz vor Ladenschluss werden die Lichter gedimmt und die Musik abgeschaltet, um Menschen wie Moritz den Einkauf zu erleichtern. So etwas würde sie sich auch für Hamburg wünschen.
Andzejus bekam wegen seiner Gehörlosigkeit keinen Job
Für Andzejus Voroneckis ist Lautstärke kein Problem – im Gegenteil. Der 35-Jährige ist seit seiner Geburt gehörlos. Ein normaler, gutaussehender Mann, der wegen seiner Behinderung in einer ganz anderen Welt lebt, wie er selbst sagt. Eine Dolmetscherin übersetzt seine Worte aus der Gebärden- in die gesprochene Sprache. Nach seiner Raumausstatter-Ausbildung wurden all seine Bewerbungen wegen seiner Behinderung abgelehnt, berichtet Voroneckis. „Ich war gut in meinem Job und Dolmetscher werden mittlerweile vom Integrationsamt bezahlt. Aber die Arbeitgeber haben zu großen Respekt davor, Menschen mit Behinderung einzustellen.“
Voroneckis arbeitet jetzt als Guide in der Ausstellung „Dialog im Stillen“, gibt Unternehmen Inklusionskurse und ist als Gebärdensprachendozent aktiv. Regelmäßig steht er mit Gebärdensprachenpoesie auf der Bühne. „Ich möchte eine Brücke zwischen der hörenden und der gehörlosen Welt bauen. In der Ausstellung zeige ich meine Perspektive auf die Welt. Vielleicht können Besucher ihren Blick weiten und mehr Verständnis entwickeln“, sagt der 35-Jährige.
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„Mittendrin“ soll ständig weiterentwickelt werden und lebt vom Feedback der Besucher. Der Eintritt zu der Ausstellung im Dialoghaus Hamburg kostet 4,50 Euro. Besucher können dort nicht nur mehr über Peter Brownbill, Sophie Schilberz, Mux Moritz und Andzejus Voroneckis erfahren, sondern auch über Tasza Jansky, Klaus Bopp und David Lebuser, die über ihre – teilweise unsichtbaren – Behinderungen berichten.