Wegen Corona: Hamburger Szene-Café gibt auf – Wirt verabschiedet sich emotional
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St. Pauli –
Mit einem herzzerreißenden Text auf Facebook verabschiedet sich Linus Köster von den Gästen seines Cafés „Törnqvist“. Vor drei Jahren hat er die minimalistische Kaffeestube, benannt nach seiner finnischen Großmutter, am Neuen Pferdemarkt eröffnet, jetzt muss er sich Corona geschlagen geben.
„Die letzten Monate der Pandemie und des Lockdowns haben mir und meinem Team viel genommen“, schreibt Linus auf Englisch, „der Laden wird am 18. Oktober 2020 für immer schließen.“ Sein Herz sei gebrochen, es sei ihm kaum möglich, seine Gefühle in einem kurzen Text auszudrücken.
Hamburger Café „Törnqvist“ in der Schanze schließt wegen Corona
Das „Törnqvist“ war ein Wagnis: Während die großen Anbieter auf immer abgedrehtere Frappuccino-Kreationen setzten, gab es bei Linus am Eingang zur Schanze nur Filterkaffee mit und ohne Milch sowie „Flat White“ uns „Shots“. Fertig.
Und: Das Konzept schlug ein. Das „Törnqvist“ mit seinen weißen Wänden und dem schlichten Design zählte schnell zu den besten Kaffeestuben der Stadt – weil Linus seine Begeisterung und sein Wissen über das nur vordergründig alltägliche Heißgetränk an seine Gäste weitergab. Wer sein Café verließ, der wusste, dass Kaffee keine Bohne, sondern eine Kirsche ist. Eine Frucht.
Wegen Corona: Bekanntes Szene-Café in Hamburg gibt auf
„Kaffee ist eigentlich gar nicht schwarz, sondern rot. Schwarz ist eigentlich nur der Industriekaffee“, erklärte der junge Kaffeepionier 2018 im Interview mit der MOPO.
Er verblüffte mit der Ansage, dass er keinen Fairtrade-Kaffee verwende, weil Kleinstbauern sich das Siegel der Kooperativen nicht leisten könne. Linus Köster bezog seinen Kaffee direkt von den Farmern, deren Arbeit er respektvoll mit „Magie“ verglich.
Café „Törnqvist“: So verabschiedet sich Linus Köster
In seinem Abschiedspost beschwört der junge Kaffeepapst noch einmal die Momente mit seinen Gästen herauf, als sie gemeinsam tanzten, lachten, diskutierten, stritten, feierten. Einen transparenten Raum habe er schaffen wollen, „roh, clean und ohne bullshit“. Eine Ode an den Kaffee ist sein Text, an dieses „einfache Getränk, das Menschen an einem großen Tisch zusammenbringt, um Hi zu sagen.“
Wie es mit ihm weitergehen wird, das lässt Köster offen. Er wolle nach der Schließung „ein bisschen in die Natur gehen“ – und die Augen offen halten nach einer neuen Heimat für „Törnqvist“. Hoffnungen auf eine neue Kaffeestube in Hamburg weckt er aber bewusst nicht. Sein neues Café könnte auch in einer anderen Stadt eröffnet werden. Oder gar einem anderen Land.
Café „Törnqvist“ schließt: Das sagen die Gäste
Die Kommentare der Gäste: Traurig und herzlich. „Ich bin wirklich kein Kaffeetrinker, aber seit ich Euren auf dem ,Summer’s Tale‘-Festival zum ersten Mal getrunken habe, weiß ich wie guter Kaffee schmecken muss – und kann!“, lautet ein Post. Ein anderer: „Lebe weiter deine Träume.“