Kaum noch Platz für Autos: Hier entsteht Hamburgs „Straße der Zukunft“
Die Flächen in Hamburg sind knapp, um jeden Meter im Straßenverkehr wird gerungen: Radfahrer und Fußgänger beanspruchen nach Jahrzehnten enger Wege mehr Platz – und Experten fordern Grün in den Straßen. Was bedeutet das für den Autoverkehr? Ein Modell dafür wird bald die Königstraße in Altona-Altstadt sein. Davon könnte künftig die ganze Stadt profitieren.
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Die Flächen in Hamburg sind knapp, um jeden Meter im Straßenverkehr wird gerungen: Radfahrer und Fußgänger beanspruchen nach Jahrzehnten enger Wege mehr Platz – und Experten fordern Grün in den Straßen. Was bedeutet das für den Autoverkehr? Ein Modell dafür wird bald die Königstraße in Altona-Altstadt sein. Davon könnte künftig die ganze Stadt profitieren.
Da, wo früher Autos gestanden haben, rollen jetzt die Fahrräder: Vor einem Jahr wurden die Parkplätze an der Königstraße provisorisch entfernt und zu Radwegen ummarkiert. Damit ist aber noch lange nicht Schluss: Auf dieser wichtigen Verbindung zwischen Reeperbahn und dem Altonaer Rathaus soll laut dem zuständigen Landesbetrieb Straßen Brücken und Gewässer (LSBG) die „Straße der Zukunft“ entstehen.
So soll die „Straße der Zukunft“ in Hamburg aussehen
Diese Zukunft nennt sich „Blau-Grüne-Infrastruktur“, das heißt, mehr Platz für Bäume und Wasser. „Diese Infrastruktur vereint gleich mehrere Vorteile“, erklärt Professor Wolfgang Dickhaut, Leiter der Forschungsgruppe „BlueGreenStreets“ an der HafenCity Universität, die das Königstraßen-Konzept begleitet hat.
„Erstens helfen die Grünflächen, dass nicht mehr so viel Niederschlag von den Flächen abfließt. Daraus entsteht ein natürlicher Wasserkreislauf und auch Schutz bei Starkregen. Zweitens spenden Bäume Schatten und entwickeln Verdunstungskühle. Das heißt, sie sind eine natürliche Hitzevorsorge. Drittens steigern diese Maßnahmen natürlich die Aufenthaltsqualität.“
Konkret müssen von den 94 Bäumen an der Königstraße zwar 18 aufgrund der Baumaßnahmen gefällt werden, dafür pflanzt der LSBG aber 47 neue nach. Im Bereich zwischen Königstraße und Alter Königstraße soll zusätzlich ein „Pocket Park“ entstehen, also eine kleine Grünfläche.
Lange Zeit war galt in Hamburg die Devise, das Regenwasser schnellstmöglich in die Kanalisation zu leiten. In der Königstraße wird das Wasser künftig stattdessen von den öffentlichen Flächen direkt zu den Bäumen und Grünflächen geleitet. So sollen die grünen Schattenspender Hitzeperioden besser überstehen.
„Es sollte die Pflicht jeder Stadt sein, in allen Straßenräumen zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich blaue oder grüne Infrastruktur umsetzen lässt“, fordert Dickhaut. Diese Verpflichtung gebe es derzeit leider noch nicht. Stattdessen wird oft um jeden Meter Straßenraum mühsam gerungen. Der HCU-Professor erinnert allerdings daran, dass es für die Anpassung an den Klimawandel dringend mehr Platz für Wasser und Bäume in den Straßen brauche, die sich „in Konkurrenz mit den Autos durchsetzen müssen.“
Rad- und Fußverkehr bekommen viel mehr Platz
Neben den Bäumen sollen auch Radfahrer und Fußgänger von der „Straße der Zukunft“ profitieren. Der 2,50 Meter breite Radweg soll mithilfe einer Barriere vom Autoverkehr abgetrennt werden. Insgesamt fallen 76 Parkplätze weg, dafür werden sechs Ladezonen und 183 Fahrradstellplätze errichtet.
Aktuell erarbeitet der LSBG den genauen Umsetzungsplan, die Bauarbeiten beginnen voraussichtlich zwischen Juli und September 2023 und werden eineinhalb Jahre andauern. Die Kosten liegen im einstelligen Millionenbereich, dafür beantragt Hamburg Bundesmittel.
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HCU-Professor Dickhaut und seine vom Bund geförderte Forschungsgruppe sind nach der Königstraße jedenfalls noch lange nicht fertig. „Ziel sind mehr Maßnahmen zur Anpassung der Straßenräume an den Klimawandel“, sagt er. „Auch am Gorch-Fock-Wall in der Neustadt oder in der Lindenallee in Eimsbüttel und in anderen Städten sehen wir da großes Potenzial.“