Solidarität: Was haben die Proteste im Iran mit uns zu tun?
Mehr als 120 Tote: Das iranische Regime geht brutal gegen die Protestierenden vor. Um ihnen zu helfen, braucht es Druck von außen, meint der Bürgerschaftsabgeordnete Danial Ilkhanipour (SPD). Er ist Sohn iranischer Einwanderer und wirbt für mehr Solidarität – und bekommt dafür Hassnachrichten von rechts. Mit der MOPO hat er darüber gesprochen, was ihn besonders wütend macht, was uns der Protest im Iran angeht – und wie Hamburger:innen helfen können.
Mehr als 120 Tote: Das iranische Regime geht brutal gegen die Protestierenden vor. Um ihnen zu helfen, braucht es Druck von außen, meint der Bürgerschaftsabgeordnete Danial Ilkhanipour (SPD). Er ist Sohn iranischer Einwanderer und wirbt für mehr Solidarität – und bekommt dafür Hassnachrichten von rechts. Mit der MOPO hat er darüber gesprochen, was ihn besonders wütend macht, was uns der Protest im Iran angeht – und wie Hamburger:innen helfen können.
MOPO: Herr Ilkhanipour, Sie wünschen sich mehr Solidarität von Deutschen mit den Protestierenden im Iran. Was hat das mit uns zu tun?
Danial Ilkhanipour: Die Menschen kämpfen für die Werte, die wir uns hier auf die Fahnen schreiben. Wenn wir jetzt, wenn Menschen für Werte wie Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Freiheit sterben, nicht solidarisch sind, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Wenn eine Universität belagert wird und auf Studenten geschossen wird, würde ich mir auch einen Aufschrei der Unis hierzulande wünschen. Ich wünschte mir Fridays for Future an unserer Seite und deutsche Feministinnen, die die jungen Frauen im Iran unterstützen. Die Integrität von Europa steht auf dem Spiel.
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Aber es gibt auch eine ganz persönliche Ebene: Hamburg hat die zweitgrößte iranischstämmige Community Europas. Ihre Verwandten werden im Iran verhaftet und getötet. Wenn Hamburger hier mit ihren Freunden und Nachbarn auf die Straße gehen, finde ich das ein wichtiges Zeichen. Zumal es für Verbündete einfacher ist, sich zu positionieren. Denn wer hier protestiert, gefährdet seine Familie im Iran.

Trotzdem haben die meisten der Protestierenden hier in Hamburg iranische Wurzeln. Warum springt der Funke nicht über?
Das stimmt, aber die Solidarität nimmt zu. Anfangs wurde zu wenig berichtet. Nur wenige Bilder schaffen es raus aus dem Iran – das ist die Strategie des Regimes, das mit der Sperrung des Internets verhindern will, dass Medien berichten. Es gibt aber zunehmend Nachrichten, die auch Nicht-Iraner erreichen. Und der Mut der Frauen und junger Menschen, der Kinder, die da auf die Straße gehen, inspiriert viele hier zunehmend. Wir müssen nur hinschauen. Dass sich immer mehr Menschen unserem Kampf anschließen, tut unfassbar gut. Aber es reicht noch nicht. Wir brauchen noch mehr Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit rettet Leben.
Wie das?
Die iranische Regierung will im Dunkeln agieren und das Thema aussitzen. Wir fürchten, dass das Blutvergießen und Verhaftungen erst richtig beginnen, wenn niemand mehr hinschaut. Wir haben nur ein kurzes Zeitfenster, in dem maximaler Druck aufgebaut werden muss. Es ist wichtig, dass Menschen außerhalb der iranischen Community protestieren, um die deutsche und europäische Außenpolitik dazu zu bringen, klarer zu handeln. Wenn die Weltgemeinschaft jetzt nicht wegschaut, wird es Absetzbewegungen innerhalb der Regierung geben und die Bevölkerung wird motiviert. Die Welt kann hier verändert werden – und zwar zum guten!

Trotzdem bekommen Sie im Netz immer wieder rechte Hassbotschaften unter Ihren Reden zum Iran. Wie fühlt sich das an?
Es sind die üblichen rassistischen Kommentare, die Menschen mit Migrationsgeschichte bekommen, sobald sie hier selbstbewusst auftreten. Es tut weh, aber es macht mich vor allem wütend. Es kann doch nicht sein, dass Menschen in dem Moment, in dem sie für Rechte auf die Straße gehen, die unseren Werten entsprechen, rassistisch angefeindet werden. Ich finde das sehr befremdlich.
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Was mir aber wichtig ist: Die Kommentare kommen von einer Minderheit. Das ist nicht Hamburgs Stadtgesellschaft. Gerade in Hamburg bekommen wir auch sehr viel Unterstützung im Kampf gegen Rechts und Rassismus.
Wie können Hamburger:innen den Menschen im Iran konkret helfen?
Sie können an Demonstrationen teilnehmen und damit ein Zeichen setzen. Am 22. Oktober gibt es eine europaweite Demo, aber es gibt auch wöchentlich mehrere Kundgebungen. Und sie können das Thema in den Sozialen Medien am Laufen halten, die Videos teilen, helfen dass der politische und gesellschaftliche Diskurs zunimmt. Jede Art der Solidaritätsbekundung hilft und gibt Kraft.