Warum steckt Hamburgs Polizei abgeschleppte Autos eigentlich in den „Knast“?
Überlegungen für die Kfz-Verwahrstelle, die im Volksmund gern „Autoknast“ geschimpft wird, gab es schon länger, eröffnet wurde sie 2004 – und ist so „erfolgreich“, dass 2023 eine Außenstelle am Flughafen eröffnet wurde. Eingerichtet wurde sie aber nicht etwa, weil erboste Besitzer sich ihre Wagen einfach zurückholten – sondern aus einem anderen, nicht weniger kriminellen Grund.
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Ob nun Blaupunkt „Coburg“, Autosound „Basel“ oder Fisher „AX 740“ – Autoradios mit Musik-Kassettenteil waren vor gut 40 Jahren ein Riesenthema. Die Geräte wurden in den 1980er-Jahren nämlich immer ausgefeilter und teurer. Und somit Objekte für Autoknacker. Tausende Wagen wurden jedes Jahr aufgebrochen, viele davon waren zuvor von der Polizei abgeschleppt und an einsamen Orten abgestellt worden. Schließlich sah sich die Stadt gezwungen, wegen der vielen geknackten Autos einen gesicherten „Autoknast“ zu eröffnen.
Anlass für diese Geschichte war ein Prospekt der Firma „Megawatt“ aus dem Jahr 1987, den wir im MOPO-Archiv entdeckt hatten. In drei Filialen bot dieser HiFi-Händler neben Videorekordern zum „Sensationspreis von 789 Mark“, dem Grundig Walkman „Beat Boy“ und einem Bruns TV-Gerät („Satellit geeignet. DDR in Farbe“) diverse hochwertige Autoradios an. Die kosteten damals umgerechnet oft mehr als 200 Euro – das war viel Geld in einer Zeit, in der viele Menschen gerade mal 1000 bis 1500 Euro im Monat verdienten.
Drogensüchtige knackten Autos
Gleichzeitig grassierte damals die Drogenkriminalität. Viele Heroinsüchtige zogen durch die Stadt, knackten Autos und stahlen die teuren Autoradios. Bei Hehlern bekamen sie schnell 40 bis 50 Euro für ihre Diebesbeute. Autofahrer begannen damals ihre Fahrzeuge mit lauten Alarmanlagen auszustatten oder sie kauften Autoradios, die man an einem „Henkel“ herausziehen konnte. Mit den Geräten in der Hand gingen sie dann zum Shoppen oder in die Kneipe.
Die Polizei konnte nur wenige Täter fassen und sie wurde umfreiwillig zum Komplizen. Auch damals herrschte schon Parkplatznot und es wurde viel abgeschleppt. Nur sind die falsch geparkten Autos vor 40 Jahren gern einfach an abgelegenen Orten abgestellt worden. Zum Beispiel an der der nachts völlig leeren Straße Sternschanze zwischen U-Bahnhof und Fernsehturm. Der düstere Schanzenpark war gleich nebenan und die Diebe konnten die Autos ungestört ausplündern. Einige wurden sogar von den Dieben angesteckt.
Autoknast eröffnete 2004 – und bekam 2023 Zuwachs
Innere Sicherheit war damals ein großes Thema und der SPD-Senat sah sich durch mehrere Schlagzeilen – auch in der MOPO – zum Handeln gezwungen. Aber wie das in der Hansestadt so ist, dauerte es noch Jahre, ehe sich an der umstrittenen Abschlepp-Praxis der Polizei etwas änderte.
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Erst 2004 wurde der „Autoknast“ an der Ausschläger Allee in Rothenburgsort eröffnet. Doch als die Autofahrer die Rechnung nach dem Abschleppen bekamen, war der Aufschrei groß. Lagen die Abschleppkosten in den 1990er Jahren noch bei rund 150 Euro, sollten nun für das sichere Verwahren der Autos mehr als 300 Euro hingeblättert werden. Falschparker sind aber weiterhin so häufig unterwegs, dass 2023 sogar eine Außenstelle für weitere 100 Autos eröffnet wurde – direkt neben dem Flughafen und nur ein paar hundert Meter entfernt von „Santa Fu“, dem richtigen Knast.