Warum in diesem Hamburger Treppenhaus jetzt 43 Schlafsäcke hängen
Es ist eines der größten Probleme der Stadt: Fast 19.000 Menschen in Hamburg haben keine Wohnung – ein trauriger Bundesrekord. Dabei sind obdachlos auf der Straße lebende und verdeckt wohnungslos lebende Menschen nicht einmal mitgezählt. Eine Ausstellung in St. Georg zeigt nun klare Lösungswege auf – und erinnert den Senat an seine selbst gesetzten Ziele.
Es ist eines der größten Probleme der Stadt: Fast 19.000 Menschen in Hamburg, viele von ihnen Flüchtlinge, haben keine eigene Wohnung und leben in öffentlicher Unterbringung – ein trauriger Bundesrekord. Dabei sind obdachlos auf der Straße lebende und verdeckt wohnungslos lebende Menschen nicht einmal mitgezählt. Eine Ausstellung in St. Georg zeigt nun klare Lösungswege auf gegen Obdachlosigkeit und erinnert den Senat an seine selbst gesetzten Ziele.
43 Schlafsäcke hängen über mehreren Leinen über dem Treppenaufgang zur Ausstellung „Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt“ im Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G). Ein trauriges Symbol für die 43 obdachlosen Menschen, die im Jahr 2021 in Hamburg gestorben sind.
„Mit der Initiative #NullBis2030 wollen wir die Stadt Hamburg an ihr Versprechen erinnern, Obdachlosigkeit bis spätestens 2030 komplett abzuschaffen“, steht auf einer Tafel daneben. Das Projekt „City Life Billboard“ von Partnern aus der Medien- und Kreativbranche sammelt Geld, um Obdachlosen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Dabei werden Anhänger mit mobilen Werbetafeln zu einem sicheren Rückzugsort gegen Wind und Wetter.
Hamburg: Ausstellung zeigt Lösungen gegen Obdachlosigkeit
Das Hamburger Projekt ist eines von zahlreichen Beispielen, wie architektonische Lösungen das Leben Betroffener besser machen können. „Als mögliche Folge der Corona-Pandemie und daraus resultierender Insolvenz und Arbeitslosigkeit wurde deutlich: Obdachlosigkeit kann jeden treffen“, sagte Projektleiterin Stephanie Regenbrecht. Architektonische Fallbeispiele, die anhand von Modellen vorgestellt werden, sowie ein Blick auf Metropolen wie Los Angeles, Moskau, Mumbai, New York, Sao Paulo, Shanghai und Tokio liefern bis zum 12. März verschiedene Ansätze zum Verständnis von Obdachlosigkeit.

Alle vorgestellten Projekte verfolgen dabei den Ansatz „Housing First“. Dieser Ansatz zielt darauf, dass zunächst die Unterbringung bereitgestellt wird, bevor im Folgenden weitere Hilfen greifen. „Wichtig war für uns auch, dass es neben der Unterbringung auch soziale Aktivitäten gibt, die die gesellschaftliche Integration erleichtern“, sagte Regenbrecht. Ein Beispiel für einen solchen Ansatz ist das Gebäude „Star Apartments“ in Los Angeles von Michael Maltzan Architecture. In dem Komplex gibt es 102 Wohnungen für ehemals obdachlose Menschen, aber auch Gesundheits- und Sozialdienste sowie Freizeitaktivitäten.
Ein anderes Projekt ist das „VinziRast-mittendrin“ in Wien vom Architekturbüro gaupenraub. Zehn Wohnungen auf drei Stockwerken bieten Platz für insgesamt 30 Bewohner, außerdem gibt es Beratungsräume, ein Büro, einen Veranstaltungsraum, einen Dachgarten, drei Werkstätten und ein öffentliches Restaurant, das bei den Wienern sehr beliebt ist. Das Außergewöhnliche an diesem Projekt ist die Zusammensetzung der Bewohner: zur Hälfte ehemals Obdachlose, zur anderen Hälfte Studierende.
Projekte verfolgen Ansatz von „Housing First“
Im Ostpark in Frankfurt am Main entstand 2017 das Projekt „Lebensraum 016“. Nachdem die Lebensbedingungen in der früheren, aus Zelten bestehenden Notunterkunft stark kritisiert worden waren, plante der Frankfurter Verein für soziale Heimstätten zusammen mit dem Architekten Michel Müller und den Künstlern Heiner Blum und Jan Lotter ein dauerhaftes Wohnheim. Es wurde zusammen mit dem Grünflächenamt der Stadt entworfen und besticht durch seine einladende Architektur in einer parkähnlichen Anlage.
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Ein weiteres Beispiel ist das „Hinz&Kunzt“-Haus im Hamburger Stadtteil St. Georg (Architektur: Hausschild + Siegel). In dem Gebäude der Mara & Holger Cassens Stiftung sind die Redaktionsräume des Straßenmagazins „Hinz&Kunzt“ untergebracht, aber auch ein Café, Angebote für Sozialberatung und Wohnraum für 24 ehemals obdachlose Menschen. „Städte wie Düsseldorf und Berlin haben bereits gezeigt, dass „Housing First“ funktioniert“, sagte Regenbrecht. Jetzt hofften viele Initiativen, dass dieser Ansatz auch in Hamburg umgesetzt wird. (vd/dpa)