Warum diese Straße an Hamburgs Stadtgrenze immer wieder zusammenbricht
Als sei ein Meteorit eingeschlagen: Die Bilder des circa vier Meter tiefen Kraters erinnern an die von 2019. Damals war die Straße ein paar Meter weiter auch schon einmal zusammengesackt. Was macht diesen Ort an der Hamburger Stadtgrenze so gefährdet für Einstürze – und vor allem: Kann das noch einmal passieren?
Der Grund für die wiederkehrenden Bodeneinbrüche liegt etwa 20 Meter tief unter der Erde – und geht rund hundert Jahre zurück. Schon länger gibt es Warnungen, dass die Gegend extrem instabil ist. Die MOPO erklärt, was es mit der Bruch-Straße auf sich hat.
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Als sei ein Meteorit eingeschlagen: Die Bilder des circa vier Meter tiefen Kraters mitten auf der Straße Emmetal in Rosengarten bei Hamburg erinnern an die von 2019. Damals war die Verlängerung dieses Wegs, der Ehestorfer Heuweg im Hamburger Stadtteil Hausbruch, plötzlich zusammengesackt. Was macht diesen Ort so gefährdet für Einstürze und vor allem: Kann das noch einmal passieren?
Der Grund für die wiederkehrenden Bodeneinbrüche liegt etwa 20 Meter tief unter der Erde. Dort befindet sich das ehemalige Bergwerk „Robertshall“, das sich mit circa 350 Metern von Norden nach Süden und 400 Metern von Osten nach Westen über Niedersachsen und Hamburg erstreckt.
Zwischen 1919 und 1922 hieß es in der Hansestadt „Glück auf!“, in dieser Zeit wurden fast 50.000 Tonnen Braunkohle gefördert. Hinweis auf die einst bis zu 180 Mann, die in drei Schichten mit der Spitzhacke Braunkohle förderten, gibt die Straße „Beim Bergwerk“, die nur ein paar hundert Meter entfernt ist.
Bergwerk „Robertshall“ war nur drei Jahre in Betrieb
Als sich Anfang der 20er Jahre die Hamburger Kohleversorgung aus dem vorher zu Frankreich gehörenden Ruhrgebiet wieder festigte und der Kohlepreis sank, wurde die Förderung der Hamburger Kohle zunehmend unattraktiv. Bereits drei Jahre später wurde der Bergwerkbetrieb in Hausbruch deshalb wieder eingestellt und die Schächte notdürftig mit Sand befüllt.
Fast 100 Jahre später, im September 2019, stürzte dann zum ersten Mal ein Stück der Straße ein. Bei Sanierungsarbeiten des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) am Ehestorfer Heuweg sackte der Boden ein. Das Loch war um die 50-80 Zentimeter groß und circa fünf Meter tief. Die als „einfache Bauarbeiten“ geplanten Sanierungen machten aus der Straße so eine anderthalb Jahre andauernde Dauerbaustelle.
Ingenieursbüro mit Sanierung der Schächte beauftragt
Auch auf der niedersächsischen Seite, der Straße Emmetal, laufen derzeit die Bauarbeiten. Nach dem Einsturz 2019 wurde dort ein Ingenieurbüro mit Bodenuntersuchungen und Sanierungen der Gänge und Schächte beauftragt. Der Bruch von vergangener Woche ereignete sich allerdings über einem Schacht, den die Firma eigentlich als saniert glaubte.
„Die Erkundungs- und Sanierungsarbeiten haben einige unvorhersehbare Wendungen genommen“, berichtet Eike Bruns, Sprecher des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). „Teilweise wies das vorhandene Amtsgrubenbild erhebliche Lageabweichungen auf. Zudem zeigte sich, dass dieses auch nicht vollständig ist.“ Der Bearbeitungsbereich habe sich dadurch nahezu verdoppelt, dadurch verlängere sich auch die Bauzeit von ursprünglich sechs Monate auf voraussichtlich zwei Jahre bis Spätsommer 2022.
Der Bergbauhistoriker Rolf Weiß warnte in der Vergangenheit bereits mehrfach vor der drohenden Einsturzgefahr. Nach dem riesigen Krater 2019 in Hamburg erstellte er eine Gefahrenstellkarte, da er weitere Einsackungen befürchtete – der Bereich in der Emmetaler Straße war dort ebenfalls markiert. Weiß fordert daher eine umfangreiche Bodensonografie, die ein dreidimensionales Bild des Bergwerks erstellen könnte.
Beim LBEG geht man wiederum von einem Einzelereignis aus. „Wir haben bisher rund zwei Drittel des gesamten Arbeitsbereiches abgearbeitet, ohne dass ein vergleichbares Ereignis wie auf der Straße Emmetal eingetreten ist“, berichtet Sprecher Bruns der MOPO. Das riesige Loch im Emmetal wurde bereits wieder zugeschüttet.