Warum die Luft in Hamburg wieder schlechter wird
Es ist eins von Hamburgs erklärten Zielen: die Menschen zum Umsteigen auf klimafreundlichere Verkehrsmittel zu bewegen. Von Google erhobene Daten zeigen jetzt allerdings, dass der Autoverkehr die Luft in der Hansestadt nach einer kurzen Corona-Pause wieder deutlich stärker belastet. Der Senat will diese Ergebnisse trotzdem nicht auswerten und greift auf zwei Jahre alte Werte zurück – warum?
Es ist eines von Hamburgs erklärten Zielen: die Menschen zum Umsteigen auf klimafreundlichere Verkehrsmittel zu bewegen. Von Google erhobene Daten zeigen jetzt allerdings, dass der Autoverkehr die Luft in der Hansestadt nach einer kurzen Corona-Pause wieder deutlich stärker belastet. Der Senat will diese Ergebnisse trotzdem nicht auswerten und greift auf zwei Jahre alte Werte zurück – warum?
Demnach betrug der Auto-Anteil am CO2-Ausstoß des gesamten Hamburger Verkehrssektors im vergangenen Jahr 88,6 Prozent. Das ist eine Steigerung zum ersten Corona-Jahr 2020, in dem der Anteil „nur“ bei 83 Prozent lag. Zunächst hatte das „Abendblatt“ berichtet.
Emissionen durch Autoverkehr 2021 in Hamburg gestiegen
„Deshalb brauchen wir schnellstens Maßnahmen, die Autofahrten in die Stadt oder in der Stadt unattraktiv machen“, sagt Mark Roach, Sprecher von der Hamburger Klimaschutzorganisation „GermanZero“, die die Daten ausgewertet und verbreitet hat. „Dazu gehören eine City-Maut, zusätzliche Fahrradwege und die Verknappung der Parkplätze. Stattdessen muss der Öffentliche Nahverkehr gestärkt werden.“
Erhoben hat das US-Unternehmen Google die Werte im Rahmen des Projekts „Google Environmental Insights Explorer“ (EIE), das Kommunen bei ihrer Verkehrsplanung unterstützen soll. „Das EIE ist in der Lage, sowohl Fahrten innerhalb der Stadtgrenzen als auch solche, die die Grenzen des Stadtgebiets überschreiten, zu charakterisieren“, erklärt Google-Sprecher Ralf Bremer auf MOPO-Nachfrage.
So werden die Google-Verkehrsdaten erhoben
Die Verkehrsdaten basierten auf Google- und Benutzerstandorten, die wiederum aus Google Maps- und Handy-Informationen stammten. Dabei würden mehrere Datenschutzfilter und Anonymisierungstechniken angewendet. „Google ist hierdurch in der Lage, jegliche Fahrten nach Art und zurückgelegter Entfernung innerhalb einer Stadt zu modellieren“, so Bremer. Vereinfacht gesagt: Jeder der über sein Smartphone Google Maps oder andere Google-Anwendungen nutzt und die Standortweitergabe nicht abgeschaltet hat, dessen Daten werden dafür genutzt.
Das könnte Sie auch interessieren: Hier müssen Autos „betteln“: Hamburgs erste Vorfahrts-Ampel für Radler
Um Kommunen zu unterstützen, bietet Google ihnen diese Daten kostenlos an. In Hamburg hat man sich allerdings dagegen entschieden. „Nach unserer Einschätzung lässt sich über die Google-Daten die Wirksamkeit von verkehrlichen Einzelmaßnahmen nicht nachweisen“, sagt Umweltbehördensprecher David Kappenberg der MOPO. Das heißt, dass zum Beispiel einzeln eingerichtete, autoarme Quartiere darin nicht genug berücksichtigt werden.
Hamburg will die erhobenen Google-Daten nicht nutzen
Und auch bei der Verkehrsbehörde ist die Reaktion verhalten. „Unsere Statistiken zeigen in Teilen ein anderes Bild als die Daten von Google“, sagt Sprecher Dennis Krämer. Der Kfz-Verkehr, den die Stadt an ihren Zählstellen misst, sei bisher in keiner Woche so hoch gewesen, wie in der Zeit vor Corona. Im Gegensatz zu 2019 sei dieser sogar um elf Prozent zurückgegangen. Die Daten von Google könnten zwar eine Ergänzung sein, „sie haben aus unserer Sicht aber auch einige Unschärfen“, so Krämer. Zum Beispiel würden Touristen mit Hamburgern gleichgesetzt, Menschen ohne Handy fielen ganz aus der Statistik raus und Rad- und Fußgänger könnten anhand der Geschwindigkeiten auch verwechselt werden.
Das könnte Sie auch interessieren: Hamburg verschärft Klimaziele – darum sind trotzdem alle sauer
Anstelle der Google-Werte präsentiert die Stadt ihre CO2-Bilanz übrigens stets mit zwei Jahre alten Daten des Statistikamtes. Im September wurden zuletzt die Werte für den CO2-Ausstoß im Jahr 2020 vorgestellt, die – wenig überraschend aufgrund der Corona-Pandemie – deutlich gesunken waren. Bundesweit sind die Emissionen im Jahr 2021 wieder gestiegen, auch im Sektor Verkehr. Die Umweltbehörde erwartet in Hamburg eine ähnliche Entwicklung, genaue Zahlen lägen aber eben noch nicht vor.