UKE-Professor erklärt: Warum manche Menschen kein Corona bekommen
Die beiden Kinder haben es, der Vater auch – nur die Mutter bleibt von der Infektion unbehelligt. Jeder erlebt derzeit solche Konstellationen im Bekanntenkreis. Warum scheinen manche Menschen gegen Corona immun? Und andere landen trotz dreifacher Impfung mit Husten, Fieber, Gliederschmerzen auf dem Sofa? Die MOPO sprach mit dem UKE-Infektiologen Dr. Julian Schulze zur Wiesch über Virenlast, gutes Timing und Glück bei der Gen-Lotterie.
Kollegien ächzen unter dem hohen Corona-Krankenstand, Freunde sagen Verabredungen ab, weil: „Uns hat’s jetzt auch erwischt“ – gefühlt trifft das Virus derzeit so viele Menschen wie noch nie, trotz Booster-Impfung. Und dann gibt es diejenigen, denen kann Corona anscheinend gar nichts anhaben, nicht mal, wenn ein Infizierter mit ihnen unter einem Dach lebt. Wie kann das sein?
UKE-Infektiologe über das Rätsel der Corona-Immunität
- Deutsch (Deutschland)
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Die beiden Kinder haben es, der Vater auch – nur die Mutter bleibt von der Infektion unbehelligt. Jeder erlebt derzeit solche Konstellationen im Bekanntenkreis. Warum scheinen manche Menschen gegen Corona immun? Und andere landen trotz dreifacher Impfung mit Husten, Fieber, Gliederschmerzen auf dem Sofa? Die MOPO sprach mit dem UKE-Infektiologen Dr. Julian Schulze zur Wiesch über Virenlast, gutes Timing und Glück bei der Gen-Lotterie.
Kollegien ächzen unter dem hohen Corona-Krankenstand, Freunde sagen Verabredungen ab, weil: „Uns hat’s jetzt auch erwischt“ – gefühlt trifft das Virus derzeit so viele Menschen wie noch nie, trotz Booster-Impfung. Und dann gibt es diejenigen, denen kann Corona anscheinend gar nichts anhaben, nicht mal, wenn ein Infizierter mit ihnen unter einem Dach lebt. Wie kann das sein?
UKE-Infektiologe über das Rätsel der Corona-Immunität
Prof. Dr. Julian Schulze zur Wiesch, Leitender Oberarzt Sektion Infektiologie im UKE und bisher auch von Corona verschont, macht mehrere Faktoren für die scheinbare „Immunität“ mancher Menschen gegen Impfdurchbrüche verantwortlich.
- Genetik Eine davon: Glück in der Gen-Lotterie. „Unter anderem können genetische Einflüsse eine Rolle dabei spielen, wie gut die individuelle Immunabwehr auf die Omikronvariante reagiert“, so Schulze zu Wiesch: „Es geht um den Aufbau der Abwehrmoleküle, da gibt es Varianten, die schützen besonders gut. Einige kennen wir schon, aber es bedarf noch weiterer Studien.“ Es gibt auch erste Hinweise aus Studien der ersten Infektionswellen, dass sich Menschen mit der Blutgruppe 0 weniger häufig anstecken.
- Kaum Kontakt zu Kindern: Eltern kleiner Kinder mit einer COVID-19 Infektion sind hohen Viruskonzentrationen ausgesetzt – und anders als etwa in der S-Bahn treten sie der Infektionsgefahr ohne Maske gegenüber. Dass sich in vielen Familien trotzdem nur ein Elternteil ansteckt, kann auch am Zeitpunkt des Kontaktes mit dem infizierten Kind liegen: „Ein Kind kann wenige Stunden lang eine sehr hohe Viruslast haben und wenn in dieser Zeit ein enger Kontakt bestand, ist die Infektionsgefahr hoch. Wenn dann Abends der andere Elternteil nach Hause kommt, drei Mal geimpft, reicht der bestehende Impfschutz, um einen Impfdurchbruch zu vermeiden.“ Statistisch steckt ein Infizierter nur einen von drei Angehörigen an.
- Bereits überstandene Corona-Infektion: „Viele, die meinen, sie könnten Corona nicht bekommen, haben vielleicht unbemerkt bereits eine Infektion durchgemacht“, so Schulze zu Wiesch. Feststellen könnte man das allerdings nur durch einen speziellen Antikörpertest gegen das Nukleoprotein des Virus.
- Kreuzimmunität: Frühere Infektionen mit herkömmlichen Coronaviren können zu einer individuellen Kreuzimmunität geführt haben, „aber auch das gehört zu den Dingen, die wir noch nicht abschließend wissen.“
- Frische Impfung: In den ersten vier, fünf Monaten ist die Immunabwehr durch die Impfung besonders stark, dann nimmt der Schutz allmählich ab und es kann eher zu Durchbrüchen kommen.
Die gute Nachricht für all jene, die trotz Impfung flach lagen: „Nach drei Impfungen plus einer Infektion ist die Immunabwehr besonders breit aufgestellt“, sagt Schulze zur Wiesch. Sich deshalb mit Absicht zu infizieren, sei aber keine gute Idee: „Wir wissen immer noch längst nicht alles über das Virus.“
Impfdurchbrüche werden fast alle Menschen erleben
Können diejenigen, an denen der „Corona-Kelch“ bisher vorbeiging, sich nun entspannt zurücklehnen? Davon rät der Infektiologe dringend ab: „Früher oder später werden fast alle einen Durchbruch erleiden, damit müssen wir klar kommen.“ Kann man sich die Impfungen dann nicht gleich schenken? Keinesfalls, betont Schulze zur Wiesch: „Schwere Verläufe und auch Long Covid werden durch die dritte Impfung deutlich seltener. Wir müssen die Quote der Drittimpfungen noch deutlich erhöhen, bei zwei Impfungen reicht der Schutzwall aus Antikörpern nicht aus.“
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Er selbst ist wegen seiner Arbeit im Gesundheitswesen freiwillig das vierte Mal geimpft, trägt beim Einkaufen auch noch Maske: „Ich bin vorsichtig, ich möchte aktuell keinen Durchbruch erleiden.“