• In Hamburger Kitas herrscht trotz der Pandemie Betrieb.
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Vor Corona-Gipfel: Hitzige Debatte um Schulen und Kitas

Die Wiederöffnung von Schulen und Kitas gehört kurz vor dem  Corona-Gipfel am Dienstag noch zu den Streitfragen. Unter internationalen Wissenschaftlern gibt es bisher keine einheitliche Meinung dazu, ob Kinder genauso infektiös sind wie Erwachsene. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hält eine pauschale Schließung von Schulen und Kitas, wie sie der Bund fordert, für erklärungsbedürftig.

Der Bund soll erklären, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage er weitere pauschale Schließungen befürworte. Dies sagte Tschentscher der „Welt am Sonntag“. Außerdem solle der Bund darlegen, wie „damit die wesentlichen Funktionen der Grundversorgung und medizinischen Behandlungskapazitäten aufrechterhalten werden sollen“.

Präsenzunterricht: So könnte es in Hamburg weitergehen

Wesentliche Lockerungen hält Hamburgs Bürgermeister jedoch nicht für möglich. Der Rückgang bei den Neuinfektionen reiche noch nicht aus, und die Auswirkungen der Feiertage auf das Infektionsgeschehen seien bisher nicht absehbar. Der Präsenzunterricht soll in Hamburg frühestens am 18. Januar starten, vielleicht sogar erst im Februar. Wie es für die Kitas weitergehen könnte, steht noch nicht fest.

Kitas und Schulen: Politiker fordern längeren Lockdown

Am Dienstag wollen Bund und Länder entscheiden, welche Corona-Maßnahmen nach dem 10. Januar gelten. Schon einen Tag vorher kamen die Kultusminister der Länder zu einer Schaltkonferenz zusammen. Sie einigten sich darauf, dass die Schulen länger als bislang geplant geschlossen bleiben sollen. Sollte es die Situation in einzelnen Ländern erlauben, sei die Wiederaufnahme des Schulbetriebs in Stufen möglich.

Kitas: Giffey fordert einheitliches Stufenmodell

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) beriet sich mit dem Corona-Kita-Rat, einem  Gremium mit Vertretern von Bund, Ländern, Kommunen, Gewerkschaften, Eltern und Kindertagespflege.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will eine bundeseinheitliche Lösung für die Kitas.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will eine bundeseinheitliche Lösung für die Kitas.

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Giffey forderte ein verlässliches und möglichst bundesweit einheitliches Stufenmodell bei der Rückkehr in den Kita-Normalbetrieb. Die derzeitigen Corona-Infektionszahlen ließen keine großen Lockerungen zu. Man müsse jedoch berücksichtigen, dass das Infektionsgeschehen bei kleinen Kindern geringer sei als bei Erwachsenen. Kitas müssten daher die Ersten sein, die bei Lockerungen der Corona-Regeln wieder öffnen dürften.

Kinder und Corona: Zu wenige Studien 

Was sagt die Wissenschaft? Nach Angaben der Robert-Koch-Instituts (RKI) wurde die Infektiosität von Kindern bisher seltener untersucht und könne nicht abschließend bewertet werden. Die Ansteckungsrate und Viruslast sei in Studien bei Kindern ähnlich hoch wie bei Erwachsenen gewesen. Kinder im Kita-Alter sollen allerdings „weniger empfänglich“ für eine Infektion mit Sars-CoV-2 sein als Kinder im Schulalter.

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Aus dem aktuellen Quartalsbericht der Corona-Kita-Studie, die das RKI gemeinsam mit dem Deutschen Jugendinstitut herausgibt, geht hervor, dass bei Kindern im Alter bis fünf und Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren seit Mitte November ein Rückgang der Covid-19-Fälle zu verzeichnen sei. Derzeit gelten sie nicht als Treiber der Pandemie.

Corona-Studie aus Österreich: Hohe Dunkelziffer bei Kindern

Einige internationale Studien weisen jedoch in eine andere Richtung. Ergebnisse einer bisher unveröffentlichten Studie aus Österreich deuten darauf hin, dass Kinder sich ähnlich häufig anstecken wie Lehrkräfte.

Im „Spiegel“ sagte Studienleiter Michael Wagner, Mikrobiologe an der Uni Wien, dass Kinder das Infektionsgeschehen um sie herum widerspiegelten. Da sie aber oft keine Symptome zeigen, würden sie wahrscheinlich zu wenig getestet und es gebe daher eine hohe Dunkelziffer. Wenn man die Schulen nicht schließe, gehe man ein „erhebliches Risiko“ ein, so Wagner.

Händewaschen und Abstand halten: Das müssen schon die Kleinsten lernen (Symbolbild).

Händewaschen und Abstand halten: Das müssen schon die Kleinsten lernen (Symbolbild).

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Lauterbach: Schulöffnungen „schlicht unverantwortbar“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält Schulöffnungen jetzt für „schlicht unverantwortbar“. Er verwies bei Twitter auf eine Analyse der Nationalen Statistikbehörde in Großbritannien zu Kindern und Corona. Sie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass 12- bis 16-Jährige sieben Mal häufiger der erste Fall in einer Familie sind  als Menschen über 17 Jahren. Zudem sollen sie auch doppelt so häufig andere Familienmitglieder infizieren wie Menschen über 17.

Diese Berufe sind besonders oft krank wegen Corona

Berufsgruppen, die mit Kindern arbeiten, haben das höchste Risiko einer Corona-Infektion. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Krankenkasse AOK. Grundlage für die Studie waren die Daten von 13,2 Millionen AOK-Versicherten bis Ende November.

Corona-Mutation: Erkranken Kinder besonders oft?

Sorge bereiten zudem erste Erkenntnisse über die neuartige Mutation des Coronavirus in Großbritannien. „Es gibt einen Anhaltspunkt, dass es höhere Neigung hat, Kinder zu infizieren“, sagte Neil Ferguson, Epidemiologe am Imperial College London. Es müssten jedoch zuerst noch weitere Daten gesammelt werden, um diese Theorie näher zu untersuchen.

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Inzwischen gibt es auch Kritik an dieser Theorie. „Die neue Variante scheint alle Altersgruppen zu betreffen“, sagte Russell Viner, Präsident des Royal College of Paediatrics and Child Health. In Deutschland gibt es bisher noch keine Belege für eine großflächige Ausbreitung der Variante.

Wie es nach dem 10. Januar in Deutschland weitergeht, wird sich in der Ministerpräsidentenkonferenz am heutigen Dienstag herausstellen.

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