• Barbara Ossenkopp: Seit 20 Jahren kämpft sie in Indonesien für die Orang Utans – jetzt ist sie krank.
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Von der Nackttänzerin zur Tierschützerin: Die Mutter der Orang-Utans ruft um Hilfe

St. Pauli –

Es ist eine Lebensgeschichte, wie es sie vielleicht nur in den 60er Jahren geben konnte und wohl auch nur auf St. Pauli: Ein Mädchen vom Lande kommt nach Hamburg, wo gerade sexuelle Befreiung angesagt ist. Barbara Ossenkopp wird Striptease-Tänzerin im berühmten „Salambo“, dreht Filme, schreibt Drehbücher, trägt wegen ihrer hohen Wangenknochen den Spitznamen „Chinesen-Babs“ und wird zur lebenden Legende. Dann der Bruch: Sie steigt aus dem Showgeschäft aus und widmet sich zwei Jahrzehnte lang der Rettung von Orang-Utans.

Barbara Ossenkopp wurde als Nackttänzerin berühmt.

Barbara Ossenkopp wurde als Nackttänzerin berühmt.

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Bredenberg

Längst war sie in Vergessenheit geraten. Jetzt ruft sich „Chinesen-Babs“ ganz plötzlich wieder in Erinnerung. Denn die 78-Jährige, die seit Jahrzehnten in Indonesien lebt, leidet an Blutkrebs und bedarf dringend ärztlicher Behandlung. Aber dafür fehlen die finanziellen Mittel. Dr. Jörg Sasse, ein Arzt der Deutschen Botschaft in Jakarta, der sich um sie kümmert, hat deshalb Barbara Ossenkopps Freundeskreis in der alten Heimat um Hilfe gebeten.

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Udo Lindenberg: Er spendet 5000 Euro für die Behandlung von Barbara Ossenkopp

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imago images/Future Image

Udo Lindenberg spendet 5000 Euro für ihre Behandlung

Mit Erfolg. Denn sofort startete Günter Zint, Beatles-Fotograf der ersten Stunde und guter Freund, einen Spendenaufruf auf Facebook. Innerhalb weniger Stunden waren mehr als 1000 Euro zusammen. Gestern hat dann Panik-Rocker Udo Lindenberg die Summe um 5000 Euro aufgestockt.

Von der Hilfsbereitschaft ist Barbara Ossenkopp sehr gerührt. „100.000 Dank an alle, die gespendet haben. Mit Eurer Hilfe kann ich nächste Woche ins Spital und mich einer Blutwäsche unterziehen.“ Sie sei sprachlos und sehr verwirrt, schreibt sie. „Kaum zu fassen, dass sich so viele Menschen an den Unsinn, den ich trieb, erinnern.“

Der Unsinn, den sie trieb … So sieht sie es also heute …

Barbara Ossenkopp kam 1961 nach Hamburg

1943 kommt Barbara Ossenkopp zur Welt und wächst in Lüneburg in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Sie geht 1961 nach Hamburg, um eine Stelle als Dekorateurin anzutreten – und lernt eine Stadt kennen, die ihr so schillernd und aufregend vorkommt wie New York oder Hollywood. In der Großen Freiheit spielen die Beatles, in der „Palette“, einer Kellerkneipe am Gänsemarkt, diskutiert die Presse-, Film- und Fernsehschickeria die sexuelle Befreiung und den politischen Wandel.

Der Journalist Thilo Thielke schreibt: „Es ist eine Zeit, in der Sex und Politik ganz gut zusammengehen; Stefan Aust und Henryk M. Broder verfassen für die „St.-Pauli-Nachrichten“ anarchische Texte, und Henri Nannen und Klaus Rainer Röhl verkaufen ihre linken Zeitschriften mit nackten Mädchen auf dem Titel.“

Von dem Fotomodell, mit dem sie sich ein WG-Zimmer teilt, lässt sich Barbara Ossenkopp in die Szene St. Paulis einführen. Sie arbeitet erst als Bardame, verdient dann ihr Geld als Striptease-Tänzerin in René Durands berühmtem Sex-Theater „Salambo“. „Sie war Nackttänzerin und Feministin in einem“, erzählt Günter Zint. „Ihr Vorbild war Anita Berber, die skandalumwitterte Tänzerin der 20er Jahre. Chinesen-Babs war ein Vamp, eine Femme fatale.“

Barbara Ossenkopp bei Proben im Salambo mit René Durand.

Barbara Ossenkopp bei Proben im Salambo mit René Durand.

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Panfoto/Zint

Barbara Ossenkopp interviewte Paul Newman und Sean Connery

Mit ihrem selbstbewussten Auftreten und dem losen Mundwerk wird Barbara Ossenkopp zum Medienstar. Sie sitzt in TV-Talkshows. Zeitungen widmen ihr ganze Serien. Sie interviewt für öffentlich-rechtliche Sender Stars wie Paul Newman, Sean Connery oder Jane Fonda. Wolf Wondratschek dreht eine Dokumentation über sie. Und dann wird sie auch noch vom Film entdeckt: In der Kino-Satire „Dorotheas Rache“, in der sie eine Domina spielt, steht sie gemeinsam mit Anna Henkel vor der Kamera, der späteren Frau von Herbert Grönemeyer. Weitere Filmrollen folgen.

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Sechs Jahre ein Paar: der österreichische Filmregisseur Peter Hajek und Barbara Ossenkopp

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privat/hfr

Unvergesslich ihr Auftritt mit Udo Lindenberg: Als der Panik-Rocker bei Ilja Richters „Disco 74“ den Song „Andrea Doria“ präsentiert, hopst Barbara Ossenkopp vor ihm auf der Bühne herum – bei YouTube kann sich das bis heute jeder ansehen.

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In ihrer Zeit beim Film lernt „Chinesen-Babs“ den österreichischen Filmregisseur Peter Hajek kennen und lieben. Als die Beziehung nach sechs Jahren auseinandergeht, packt sie ihre Sachen und wandert aus nach Indonesien, wo sie zunächst auf Bali lebt und sich als Kunstmalerin über Wasser hält. 2002 lernt sie Ulrike von Mengden kennen, eine außergewöhnliche Frau, die auf dem Gelände des Zoos von Jakarta in einer Orang-Utan-Auffangstation lebt und sich ganz der Rettung der Menschenaffen widmet.

Barbara Ossenkopp mit Paul Newman

Fürs Fernsehen interviewt Barbara Ossenkopp Berühmtheiten wie den US-Schauspieler Paul Newman.

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hfr

St. Paulianerin kümmert sich um Orang-Utans

Diese Begegnung stellt Barbara Ossenkopps Leben endgültig auf den Kopf. Endlich weiß sie, wo ihr Platz ist: 19 Jahre lang ist sie die wichtigste Mitarbeiterin und engste Vertraute von „Ibu Ulla“, so wurde die adelige Tierschützerin genannt.

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Die letzten 20 Jahre waren die Orang-Utans ihr Leben: Barbara Ossenkopp in Jakarta.

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privat/hfr

Oft kommen Besucher, um die Rettungsstation für die Menschenaffen zu besichtigen. „Dann berichtet Barbara vom Schicksal der rothaarigen ,Waldmenschen‘ und der Zerstörung des einzigartigen indonesischen Regenwalds, von der Korruption der Beamten und der Gier der Palmöl-Industriellen“, schreibt der Journalist Thilo Thielke, „und manchmal schlägt der Vortrag dann um in einen flammenden Appell zur Rettung der vom Aussterben bedrohten Spezies.“ Davon, dass die leidenschaftliche Tierschützerin schon einige Leben hinter sich hat, wissen die Gäste natürlich nichts.

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Im Januar 2020 stirbt Ulrike von Mengden, drei Monate vor ihrem 100. Geburtstag. „Vielleicht bin ich die Nächste“, schreibt „Chinesen-Babs“ am Sonnabend in einer Mail an die MOPO. Leukämie und Parkinson haben die 78-Jährige sehr geschwächt. Wie Dr. Jörg Sasse, Arzt der Deutschen Botschaft in Jakarta, mitteilt, muss Barbara Ossenkopp dringend ins Krankenhaus. Die Behandlung sei überlebenswichtig. Deshalb der Hilferuf an die Heimat.

Sie möchten spenden? Einfach eine Mail an Günter Zint, Gründer des Sankt-Pauli-Museums: zint@panfoto.de

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